Vorwurf der Benachteiligung Sind Privatschulen Eliteeinrichtungen? Professor der Uni Halle will mit Klischee aufräumen
Ein Rechtsprofessor der Uni Halle stört sich am Klischee, Privatschulen seien Eliteeinrichtungen. Und er übt Kritik am Land. Was Bildungsministerium und ein privates Gymnasium dazu sagen.

Halle (Saale)/MZ - Für Winfried Kluth, Professor für Öffentliches Recht an der Uni Halle, passt das einfach nicht zusammen. Einerseits schreibe sich die Landesregierung die Förderung des Ehrenamts auf die Fahne. Andererseits passiere im Umgang mit privaten Schulen, die ebenfalls mit viel Engagement betrieben würden, das Gegenteil.
Kluth sagt: „Statt sich zu freuen, unterstützend und wohlwollend zu sein, versucht man ihnen Knüppel zwischen die Beine zu werfen.“ Er kritisiert, dass das Land die Rahmenbedingungen für private Schulen verschlechtere.
Privatschulen: Professor kritisiert strenge Vorgaben in Sachsen-Anhalt
Der Professor nennt etwa die neue Vorschrift, dass Privatschulen Wirtschaftsprüfer beauftragten müssen. „So etwas macht man nur, um jemanden zu ärgern. Und wenn man kein Vertrauen hat.“
Bedenklich findet er auch, dass jede freie Schule in den ersten drei Jahren ihres Bestehens alles selber finanzieren muss – bei privaten Kitas sei das anders. Er fragt: „Was ist der Unterschied zwischen der privaten Kita und der Schule?“
Und im Wettbewerb um Lehrkräfte wirft er dem Land vor, sich nicht neutral zu verhalten, da es bei der Genehmigung von Lehrpersonal für freie Schulen streng sei oder Personen ablehne, die später mitunter an staatlichen Schulen unterrichten dürften.
Freie Schule sollen staatliche Schulen entlasten
Dabei seien Schulen in privater Trägerschaft dafür da, staatliche Schulen zu entlasten, wie Kluth betont. Der Professor, der auch Schulrecht unterrichtet, verweist auf die Landesverfassung. Demnach haben freie Schulen Anspruch auf die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen öffentlichen Zuschüsse.
Zwar gesteht Kluth ein, dass das Land freie Schulen zu einem Großteil finanziert, trotzdem spare es sich einen erheblichen Teil der Kosten, wie er betont. Diese würden stattdessen durch den Träger sowie das Schuldgeld finanziert. Kluth sagt: „Das Schulgeld gibt es nicht on top.“ Es sei vielmehr dazu da, dass freie Schulen gerade so die gleichen Finanzen wie private Schulen haben.
Dass Eltern Schulgeld zahlen, ist derweil ein wesentlicher Grund, warum private Schulen oft als Eliteeinrichtungen gelten. Eine Wahrnehmung, die Winfried Kluth stört. Schließlich, sagt er, würden viele Eltern, die sich den Beitrag nicht leisten können, geringere Beiträge zahlen. Auch in Privatschulen gebe es ein solidarisches System.
Nicht nur für die Elite: Steigende Nachfrage nach Privatschulen in Sachsen-Anhalt
Was für ihn auch gegen den Elite-Vorwurf spricht, ist die steigende Nachfrage der Eltern nach diesen Schulen. Denn freie Schulen würden auch den Bedarf an pädagogischer Vielfalt bedienen. Kluth nennt als Beispiel „inklusive Konzepte, die von den Privaten stärker umgesetzt werden“.
Bevor die schwarz-rot-gelbe Koalition in Sachsen-Anhalt zu Jahresbeginn den Doppelhaushalt 2025/2026 beschlossen hat, wurde um die künftige Finanzierung der freien Schulen gerungen, die von mehr als zehn Prozent der Schülerinnen und Schüler im Land besucht werden. Beschlossen wurde dann ein Anstieg der Förderung um 21,7 Millionen Euro. Der Verband Deutscher Privatschulen warnte, auf die meisten Ersatzschulen würden dennoch Finanzhilfekürzungen zukommen.
Zur Rolle der freien Schulen teilt das Bildungsministerium mit: „Schulen in freier Trägerschaft stellen einen festen und wichtigen Bestandteil der Schullandschaft in Sachsen Anhalt dar.“ Sie würden bei der Erfüllung des Bildungsauftrages eigenverantwortlich mitwirken und zur Vielfalt der Bildungslandschaft beitragen.
Sachsen-Anhalt hat freie Schulen an Entscheidung beteiligt
Zum Vorwurf der finanziellen Benachteiligung erklärt das Bildungsministerium: „Die Finanzierung der Schulen in freier Trägerschaft ist nach intensiven Beratungen im Parlament mit Beschluss des Haushaltsbegleitgesetzes 2025/2026 auf eine rechtssichere gesetzliche Grundlage gestellt worden.“ Die Vertretenden der freien Schulen seien dabei umfassend beteiligt worden.
Steffen Lipowski, Pädagogischer Vorstand der Edith-Stein-Schulstiftung des Bistums Magdeburg, welche in Halle unter anderem Träger des Elisabeth-Gymnasiums ist, spricht derweil von einer Kürzung der Landesmittel, die die Stiftung allein nicht auffangen könne. „Unserer Meinung nach spart das Land an der falschen Stelle“, sagt er.
Im kommenden Schuljahr wird das monatliche Schulgeld am Elisabeth-Gymnasium deshalb von 135 auf 160 Euro angehoben.
Gymnasium bekannt für gute Arbeit
Derweil sei die Aufnahme der Schüler am Gymnasium vom Schulgeld völlig entkoppelt. „Es gibt Möglichkeiten, um eine Entlastung zu gewähren“, sagt Lipowski und fügt hinzu: „Wir haben noch nie einer Familie nicht helfen können.“ Mindestens der Grundbetrag von 20 Euro müsse indes gezahlt werden.
Schulleiter Hans-Michael Mingenbach spricht von einem „Dienst im Interesse des Landes“. Das Elisabeth-Gymnasium sei „eine der größten Ausbildungsschulen im Land“, mit aktuell einem Dutzend Referendaren.
Er sieht sein Gymnasium auch als Vorreiter in Sachen Digitalität – davon würden wiederum andere Schulen im Land profitieren. Zudem gebe es eine Inklusionsbeauftragte sowie Lehrkräfte mit sonderpädagogischer Ausbildung. „Unsere Schule versucht, konsequent inklusiv zu arbeiten.“
Laut Mingenbach fragen Eltern nicht zuerst nach dem Schulgeld. „Die erste Frage ist, was wir ihren Kindern bieten?“ Und das Elisabeth-Gymnasium sei bekannt dafür, „dass wir gute Arbeit machen“. Dafür spricht: Das Gymnasium füllt die Hälfte eines Jahrgangs mit Geschwisterkindern.