Besuch Besuch: Schulstunde Spürhunde Syrienprotest

Gleina - Seine drei Frauen seien seine schärfsten Kritikerinnen, sagt der Gleinaer Winzer Frank Böhme. Ehefrau Heike und Toska, die 27-jährige Tochter, nähmen kein Blatt vor den Mund, wenn ihnen am Wein etwas nicht gefalle. Marika jedoch, die 26-Jährige, analysiere knallhart, sage aber auch, woran es liegen könne, wenn dieses oder jenes beim Reifen des Weines noch nicht stimmig ist.
Töchter mit Weinbau groß geworden
Marika ist die studierte Fachfrau im Hause Böhme. Winzerin hat sie nach dem Abitur gelernt, in Geisenheim bereitet sie sich nun auf ihre Bachelor-Arbeit als Önologin vor. Die einstige Gebietsweinkönigin von Saale und Unstrut ist zur Zeit zu einem Auslandspraktikum in Oregon/USA, wo der amerikanische Weinbau neben Kalifornien eine bedeutende Rolle spielt. Toska hat Medienwissenschaft, Wirtschaftswissenschaft und Musikwissenschaft studiert und ist derzeit in einem Volontariat im Bereich Öffentlichkeitsarbeit tätig. Mit dem Weinbau sind aber beide groß geworden in einem kleinen Familiengut, das sich auf drei Generationen stützt und - zukunftsorientiert - erst unlängst in Weingut Böhme & Töchter umbenannt worden ist.
Begonnen hatte alles 1986, als Werner und Frank Böhme, Vater und Sohn, 4 000 Quadratmeter Land in der Lauchaer Flur aufgerebt haben. Während sich Werner Böhme (77) weiter um die Rebanlagen - inzwischen vier Hektar mit 14 Rebsorten - kümmert, hat sich Frank Böhme (51) als Quereinsteiger auf die Kellerwirtschaft konzentriert und dazu als Autodidakt viel gelernt und viel investiert. Mit Erfolg, wie man weiß: Weine vom Gleinaer Weingut haben einen guten Ruf und holten viele Preise. Nach 2005 und 2012 erhielten sie jetzt zum dritten Mal die höchste Punktbewertung bei der Saale-Unstrut-Landesweinprämierung.
Nach Eisweinlese „im Regen“
Unisono sagen die Böhmes: „Uns alle vereint eine Leidenschaft - der Weinbau.“ Als die Töchter noch aufs Gymnasium gingen, waren sie aktiv in der Arbeitsgemeinschaft Weinbau tätig. Und da darf man jetzt schon mal eine Anekdote erzählen. Im Winter 2002 war’s, Toska war zwölf, Marika elf Jahre alt. Und wie das halt so ist: Über Nacht mussten sich die Böhmes für die Eisweinlese entscheiden. Doch zusätzliche Helfer konnte man in aller Frühe nicht mobilisieren. Da mussten auch die Töchter mit ran, und Vater Böhme schrieb für die Schule eine Entschuldigung - „wegen Unpässlichkeit“. Doch am nächsten Tag stand es in der Zeitung: „Böhme liest mit Töchtern Eiswein“. „Na ja, da stand ich dann halt ganz schön im Regen“, erinnert sich Frank Böhme noch heute gut an das Dilemma. Im Jahr 2002 hatte der Winzer seinen Töchtern einen besonderen Wein gewidmet: Den T & M-Wein - eine trockene samtige Cuvée aus den Rebsorten Cabernet Dorsa und Cabernet Dorio, im Barriquefass gereift.
Und jetzt, anlässlich des jüngsten Tages der offenen Weinkeller, lüfteten die Böhmes ein bislang gehütetes Geheimnis: Das Gleinaer Weingut firmiert ab sofort als „Böhme & Töchter“. Und blitzschnell waren entsprechend auch alle Namensschilder geändert worden. Ein Jahr lang hatte Toska mit einem jungen Designer-Team aus Leipzig und Bremen und in Abstimmung mit der Familie an diesem neuen Erscheinungsbild gearbeitet. Neue Etiketten für die Weinflaschen, klar in der Aussage und harmonisch im Schriftbild, sind nur eines der Ergebnisse. Als Medienfachfrau im Hause Böhme hat Toska nämlich obendrein einen neuen Prospekt als Visitenkarte für das Weingut gestaltet und zudem eine überarbeitete Website ins Netz gestellt.
Mit der Heimat eng verbunden
Nähe zur Region und zum Weinbau ist für die Böhme-Töchter immens wichtig. Hier möchten sie arbeiten, jede in ihrem Beruf. Toska hofft, dass das weiter in Weimar möglich ist. „Kultur und Wein passt doch gut zusammen“, findet sie. Mit ihrer Schwester gehört sie zu den Mitbegründern des inzwischen erfolgreichen Vereins „WeinRockt“, der Jungwinzer, junge Künstler und Studenten aus Halle und Leipzig vereint, alljährlich mit einem erlebnisreichen Wochenende im Freyburger Schwimmbadgelände auf sich aufmerksam macht und auch beim bevorstehenden Winzerfest in Freyburg wieder dabei sein wird. Vorstellen können sich die Schwestern auch, einmal das Weingut in Gleina zu übernehmen. Natürlich nur dann, wenn die Eltern nicht mehr wollen. Am Wein sind sie ja, wie bereits gesagt worden ist, ohnehin alle beteiligt.