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Saalekreis Saalekreis: Zwei Köpfe und ein Körper

Von birgit schneck 13.09.2012, 17:57

kuckenburg/MZ. - Enrico Paust kennt sich in Kuckenburg mittlerweile sehr gut aus. Schon seit vier Jahren kommt er regelmäßig in das Dorf. Aber nicht, um sich die Gegend anzuschauen oder einen Ausflug ins nahe gelegene Querfurt zu unternehmen. Stattdessen zieht es den Doktoranden von der Friedrich-Schiller-Universität aus Jena immer wieder zu Ausgrabungszwecken hierher.

Auch dieses Jahr ist er Grabungsleiter bei archäologischen Ausgrabungen nahe des Ortsteils der Gemeinde Obhausen. Letzten Sommer hatte es bereits spektakuläre Funde ein Stück weiter westlich von der jetzigen Grabungsstelle gegeben. Damals waren zwei bestattete Auerochsen entdeckt worden. Grabstätten wurden auch dieses Mal freigelegt - allerdings fanden sich darin keine Rinder, sondern die Überreste von Kindern.

"Wir haben insgesamt 22 runde Vorratskammern entdeckt", gibt Enrico Paust Auskunft. "Sie stammen aus der Spätbronzezeit um 1200 bis ungefähr 800 vor Christus. Auch Vorratsgefäße haben wir gefunden." Ein komplett erhaltenes Gefäß soll im Block geborgen werden, das heißt, dass das sich noch in der Erde befindliche Artefakt in einem Erdblock ans Tageslicht befördert werden soll.

Seit dem 27. August ist die Gruppe von der Universität in Jena schon zugange. Der genaue Ort für die Ausgrabungen wurde im Vorfeld durch geophysikalische Messungen festgestellt. Dort waren die Ergebnisse besonders vielversprechend. Die Projektteilnehmer wurden auch nicht enttäuscht. Sie sind mit ihren Funden zufrieden.

"An dieser Stelle hat es früher Siedlungen gegeben", erklärt Peter Ettel, Professor für Ur- und Frühgeschichte an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena. Er ist auch der Leiter des Grabungsprojektes in Kuckenburg. "Besiedelt war diese Stelle dreimal: In der Jungsteinzeit, der Bronzezeit und im Mittelalter."

Marianne Kupetz nimmt ebenfalls an dem Projekt teil. "Das ist hier schon spektakulär", sagt die Studentin der Ur- und Frühgeschichte. Zusammen mit ihrem Kommilitonen Paul Globig fand sie in einem von insgesamt zwei Gräbern ein Kinderskelett, das zusammen mit einer bronzenen Kleidernadel bestattet worden war. Die andere Grube beherbergte lediglich einen Kinderschädel, Scherben eines Keramikgefäßes und einen Bronzering. "Dabei handelt es sich um eine bewusste Kopfbestattung", so Peter Ettel. "Das ist in der Bronzezeit für diese Region sehr ungewöhnlich. Normalerweise fanden Urnenbestattungen statt. Wir können lediglich vermuten, warum der Kopf ohne den zugehörigen Körper bestattet worden ist."

Am Freitag werden schließlich die durch das Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie geförderten Ausgrabungen beendet. Die freigelegten Stellen werden wieder ordentlich verschlossen und die gemachten Funde für den Transport nach Jena vorbereitet. Dort werden die Artefakte untersucht, bevor sie schließlich an das Landesmuseum für Vorgeschichte in Halle gehen. Vielleicht kann man die Funde dann bald dort bestaunen. Ein Vorbericht über die Grabungen soll Ende des Jahres in der Zeitschrift "Archäologie in Sachsen-Anhalt" veröffentlicht werden.