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Saalekreis Saalekreis: Blindgänger in Bündorf entdeckt

Von Dirk Skrzypczak und Tilo Krippendorf 26.10.2011, 20:41

Merseburg/MZ. - Irmgard Seibicke steht an ihrem Gartenzaun. Sie blickt die Bündorfer Dorfstraße (Saalekreis) hinunter zur Baugrube, dort, wo der Blindgänger vier Meter tief unter der Erde liegen soll. Und dann schaut sie zum Kirchtum, als ob sie göttlichen Beistand erbittet. "Ich hoffe, dass sie die Bombe entschärfen können. Dann müssen wir keine Angst mehr haben", sagt die 86-Jährige.

Die Seniorin wohnt allein, ihr Mann ist gestorben, ein Sohn auch. "Die Feuerwehr wird mich schon nicht vergessen, wenn evakuiert wird. Die wissen doch, wo ich wohne", erzählt sie. Aber sie will im Dorf noch einmal nachfragen. Sicher ist sicher.

Es sind Wochen voller Ungewissheit und Spekulationen, die die Bündorfer seit Anfang Oktober erleben und die heute ihren Abschluss finden sollen. Mitten in der kleinen Ortschaft nahe Merseburg war der vermeintliche Sprengsatz bei Kanalarbeiten entdeckt worden. Doch der etwa ein Meter lange Metall-Rumpf versank im nassen Sand. Bauleute konnten ihn dennoch detailliert beschreiben. "Es handelt sich mit großer Wahrscheinlichkeit um eine Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg", sagt Torsten Kresse, Einsatzleiter beim Kampfmittelbeseitigungsdienst in Magdeburg. Vermutet wird ein amerikanisches Modell. Doch Fragen bleiben, etwa die nach dem Zünder. Davon hängt ab, ob und wie der Blindgänger entschärft werden kann. "Das wissen wir erst, wenn wir das Objekt freigelegt haben", so Kresse.

Donnerstagvormittag wollen die Experten nach der vermuteten Bombe graben. Schon in den frühen Morgenstunden wird der Ort durch Einsatzkräfte der Bereitschaftspolizei abgeriegelt. Gegen 11 Uhr soll Klarheit herrschen, ob es sich tatsächlich um eine explosive Altlast handelt. Dann sollen zunächst die 166 Einwohner das Dorf verlassen. Sie kommen im Nachbarort Knapendorf im Feuerwehrgerätehaus unter. Sollte dort die Kapazität nicht reichen, werden auch Quartiere in Schkopau geschaffen.

"Feuerwehr und Rettungsdienste helfen bei der Evakuierung", sagt Kerstin Küpperbusch, Sprecherin des Landkreises. Vorsorglich habe man die Bündorfer darauf hingewiesen, dass sie eventuell auch über Nacht nicht in ihre Häuser zurückkehren können, erklärt sie.

Die eigentliche Entschärfung soll am Nachmittag beginnen. Doch nicht nur das Dorf ist betroffen. Die Autobahn 38 müsste zwischen den Anschlussstellen Merseburg-Nord und Bad Lauchstädt komplett gesperrt werden. Für diesen Fall werde eine Umleitung eingerichtet, heißt es in der Kreisverwaltung. Möglicherweise ist auch die Landstraße 172 dicht. Je nach Größe der Bombe - 2,5 oder fünf Zentner - soll der Sperrradius 500 oder 1 000 Meter betragen. Der Busverkehr wird eingestellt.

Die Bündorfer packen indes ihre Sachen oder versuchen ihr Eigentum zu schützen. André Ehrenberg, Inhaber einer Druckerei, bereitet sich auf zwei freie Tage vor. Und ist frustriert. "Die Arbeitszeit wird uns fehlen. Das gibt Überstunden in der nächsten Woche." Und er fragt sich, wer denn die Häuser überwache, wenn das Dorf verlassen ist. Ehefrau Heike belastet die unklare Situation. "Wir sitzen wie auf glühenden Kohlen. Niemand weiß doch, was uns erwartet." Unterdessen sorgen sich die Einwohner um ihre Tiere, die sie zurücklassen müssen. Deshalb kündigt Edith Maaß an, dass sie am Abend heimkehren werde. "Ich bleibe nicht über Nacht weg", sagt sie - und geht mit dem Hund spazieren.