Saalekreis Saalekreis: Bauern in der 5. Generation
ESPERSTEDT/MZ. - Im Oktober 1990 lag auf dem Hof der Familie Holter in Esperstedt noch ein großer Misthaufen. Sozusagen als letzte Hinterlassenschaft der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft (LPG), die seit 1958 den Hof mehr recht als schlecht bewirtschaftet hatte. "Es war in dem Jahr, als ich geboren wurde. Da gab mein Vater schweren Herzens den Betrieb an die Genossenschaft", erzählt Heinrich Holter am Rande des Hoffestes, das seine Familie anlässlich mehrerer Jubiläen jetzt veranstaltete.
Das jüngste der Jubiläen war das 20-jährige Bestehen des wieder eingerichteten Landwirtschaftsbetriebes von Heinrich Holter. Zugleich feierte man auf dem Hof, der längst ohne Misthaufen sauber und ordentlich hergerichtet ist, den Abschluss des Neubaus vom Holterschen Vier-Seiten-Hof im Jahre 1911. "Damals war die Scheune fertig gestellt worden", erzählt Holter weiter. Bereits 1880 war der Stall an der Südseite errichtet worden, sozusagen als erstes Gebäude des neuen Hofes. 1889 habe der Urgroßvater dann das leider viel zu groß geratene Wohnhaus gebaut, schmunzelt Heinrich Holter mit Blick auf seine Frau Heike, die "eine ganze Menge putzen muss heutzutage".
Dass er einmal als Landwirt über heute 515 Hektar Ackerland "herrschen" würde, hatte sich Heinrich Holter einst nicht träumen lassen. Er hatte BMSR-Mechaniker gelernt. "Aber nach der Wende haben wir dann doch überlegt, ob wir es wagen mit der Landwirtschaft. Immerhin sind wir jetzt die fünfte Generation auf dem Hof. Im Familienwappen ist das Jahr 1749 verewigt. Ursprünglich stammten die Bauern unseres Hofes aus Helfta", hat er erforscht. Allerdings sei es noch nicht gelungen, die ganze Bedeutung des Wappens zu ergründen.
Letztendlich haben sich Heinrich und Heike Holter 1990 für die Landwirtschaft entschieden. Ohne Tierhaltung, nur Feldwirtschaft - so legten sie sich fest. Anfangs waren es um die 50 Hektar, die bewirtschaftet wurden. "Aber wir merkten schon bald, dass sich diese Größe nicht rechnet", erinnert sich der Landwirt. Er pachtete Land dazu und auch der Maschinenpark wuchs. Längst hatte auch der erste Trecker den Geist aufgegeben. Im Juni 1991 kaufte er seinen ersten neuen Traktor. 18 Jahre lang tat der seinen Dienst. 1999 kauften Holters eine zweite Hofstelle dazu, begannen mit der Sanierung der alten Scheune, die zum Getreidezwischenlager wurde.
Heute bewirtschaftet Heinrich Holter gemeinsam mit seiner Frau Heike, der Tochter Susann, deren Freund Martin sowie den beiden angestellten Mitarbeitern Gerd Kohlstedt und Jens Magdeburg 515 Hektar rund um Esperstedt. Das ist nicht immer einfach, schließlich haben verschiedene Baustellen bestes Ackerland beansprucht. Die A 38 gehört dazu, ebenso verschiedenen Windkraftanlagen.
All das erfahren die Gäste des Hoffestes auch während der Flurfahrt, die Holter organisiert hat. Mit dem Reisebus geht es über landwirtschaftliche Wege, entlang der Felder mit Raps, Zuckerrüben, Erbsen oder Wintergerste. Vermehrungsanbau betreibt er für verschiedene Feldfruchtsorten. "Ich sehe hier eine hohe Ackerbaukultur mit sauberen und ordentlichen Feldrainen", lobt Klaus Hellwig, einer der vielen Gäste des Hoffestes, bei dem Blasmusik von den Kranzbergern gespielt wird und auch für Leib und Magen bestens gesorgt ist. Auf die Frage, ob er sich noch einmal für die Landwirtschaft entscheiden würde, schmunzelt Bauer Holter. "Na ja, manchmal würden wir schon gerne auch mal einen 8-Stunden-Tag haben. Aber bereut haben wir es noch nicht."