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Prozess am Landgericht Halle Prozess am Landgericht Halle: Merseburger Geisterfahrer soll nicht gezielt mitgelenkt haben

Von Jan-Ole Prasse 14.05.2013, 13:24
Im Geisterfahrer-Prozess vor dem Landgericht Halle wird am Mittwoch das Urteil erwartet.
Im Geisterfahrer-Prozess vor dem Landgericht Halle wird am Mittwoch das Urteil erwartet. dpa-Zentralbild

Halle/Merseburg/MZ - Überraschung im Prozess um einen Geisterfahrer vor dem Landgericht Halle. Anders als bisher nach den Zeugenaussagen der Opfer angenommen, soll der Angeklagte nach dem Gutachten des Sachverständigen nicht gezielt mitgelenkt haben. „Es gab eine ungefähr zeitgleiche Parallelreaktion“, sagte Joachim Hackel am Dienstag am vierten Verhandlungstag.

Subjektiver Eindruck der Opfer

Dem 38 Jahre alten Angeklagten wird versuchter Totschlag vorgeworfen. Laut Staatsanwaltschaft soll er mit 2,1 Promille Blutalkohol in selbstmörderischer Absicht am 13. Januar des vergangenen Jahres auf der B 91 zum Geisterfahrer geworden sein. Dabei stützte sich die Staatsanwaltschaft auch auf die Aussagen der drei jungen Männer im anderen Auto, dass der Angeklagte gezielt mitgelenkt habe, als sie versuchten auszuweichen. „Das könnte der subjektive Eindruck gewesen sagt“, sagte Gutachter Hackel. Allerdings decke sich das nicht mit seiner Unfallanalyse. Danach hätten beide Parteien zeitgleich in die gleiche Richtung gelenkt.

Auch der Annahme der Polizei, dass der Angeklagte mit Tempo 110 in den Gegenverkehr sei, widersprach der Gutachter. Nach seinen Berechnungen ist der Leipziger mit einer Geschwindigkeit von 74 bis 82 Kilometern pro Stunde unterwegs gewesen. „Zugunsten des Angeklagten ist damit von einer Geschwindigkeitsüberschreitung von vier Kilometern pro Stunde auszugehen“, so Hackel. Die Annahme der Polizei beruhte auf dem bei 110 Kilometern pro Stunde stehengebliebenen Tacho. Dazu sagte Hackel: „Ein unfallbedingt eingefrorener Tacho ist kein ausreichendes Beweismittel für die Geschwindigkeitsermittlung.“

Unfall war vermeidbar

Allerdings widersprach der Gutachtern auch der Darstellung der Verteidigung, dass der Unfall für den Angeklagten angesichts der kurzen Reaktionszeit unvermeidbar gewesen sei. Wenn er, statt zu lenken, gebremst hätte, dann wäre er rechtzeitig zum Stehen gekommen, so Hackel.

Der Prozess soll am Mittwoch mit der Aussage des Gutachters zum Alkoholkonsums des Angeklagten zum Abschluss gebracht werden. Danach folgen die Plädoyers. Gegen Nachmittag könnte dann das Urteil verkündet werden. Sollte der Angeklagte wegen versuchten Totschlags verurteilt werden, droht ihm eine Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren.