Geschichte der Post in Merseburg Die Post in Merseburg - Zum 150. Geburtstag dichtgemacht
Warum das Merseburger Postgebäude einst gebaut wurde, wer das erste Postsparbuch bekam und wie viele Telefonanschlüsse es einst in der Stadt gab. Die Aufzeichnungen von Erich Meinicke sind teils spannender als mancher Roman.

Merseburg/MZ. - Anfang April 1875 wurde es feierlich eröffnet, das große Postgebäude an der König-Heinrich-Straße in Merseburg. Ziemlich genau 150 Jahre später, Anfang April 2025, wurde es vermutlich für immer geschlossen. Das ist schon eine besondere Art zu feiern, doch die Postbank hatte sich entschieden, den Standort aufzugeben. Damit fielen auch die übrigen Postdienstleistungen weg. Doch die vorangegangenen 150 Jahre waren aufregend und von Aufschwung geprägt.
Schließung der Post in Merseburg nach 150 Jahren
Der Bau des beeindruckenden Gebäudes hatte einst rund zwei Jahre in Anspruch genommen und 239.549,09 Reichsmark gekostet. Im Laufe seiner Geschichte wurde das Haus mehrfach umgebaut. Schon nach der Fertigstellung 1875 wurde Klage geführt, weil das Gebäude nicht der perspektivischen Postentwicklung Rechnung trug. Ein alter Plan aus den Anfangsjahren zeigt, was sich damals wo befunden hat (siehe Foto unten).
Einer, der so ziemlich alles über die Entwicklung des Postwesens in Merseburg wusste, war Erich Meinicke (1925-2019). Er nannte sich selbst einen gelernten Postler, und vieles, was über das hiesige Post-, Postbank- und Fernmeldewesen aus verschieden Quellen zusammengetragen und niedergeschrieben wurde, hat man ihm zu verdanken. Am 16. Mai wäre er 100 Jahre alt geworden.

Was bleibt, sind akribisch genaue Abhandlungen und Zeilen wie diese: „Das erste Postsparbuch in Merseburg wird am 3. Januar 1939 einem Fräulein Lieselotte Losak aus Spergau vom Stellenvorsteher mit einer kleinen Ansprache überreicht“, was Meinicke in historischen Unterlagen entdeckt hatte.
Dem vorausgegangen war ein Erlass Adolf Hitlers aus dem Jahr 1938 zur Einführung des Postsparkassendienstes. Bis zum 1. März 1939 wurden in Merseburg bereits 500 Postsparbücher ausgestellt.
Post in Merseburg: Größtes Postgebäude in Mitteldeutschland
Das Postgebäude war gebaut worden, weil es bedingt durch den Bau der Eisenbahn und des Bahnhofs Merseburg und dem ständig zunehmenden Postverkehr nicht mehr möglich war, alles am ursprünglichen Post-Standort in der Breite Straße 15 zu bewältigen. Die Initiative dafür kam von Heinrich von Stephan, dem Generalpostdirektor des Deutschen Reiches.
Er sorgte dafür, dass in Merseburg das größte Postgebäude im mitteldeutschen Raum entstand. Für seine Verdienste um das Postwesen wurde ihm von Kaiser Wilhelm II. eine Domherrenstelle des Domstifts zu Merseburg verliehen.

Stephan hatte im Übrigen 1875 das Telegrafenwesen der Post angeschlossen und veranlasst, alle wichtigen Städte Deutschlands mit Telegrafenkabeln zu verbinden. Auch das Merseburger Postgebäude bekam eine Telegrafenanlage auf dem Turm, der sich an der Bahnhofstraße befand. Auf der historischen Aufnahme oben ist er noch nicht zu sehen, und wie der Turm existiert sie auch nicht mehr.
Im Jahr 1892 hatten in Merseburg nur 25 Menschen einen Telefonanschluss. 1903 waren es 69 und 1935 knapp über 1 000. Es gab die Zeit, als das „Fräulein vom Amt“ die Gespräche manuell vermittelt hat und später in den 1970ern dann die Zeit der Doppelanschlüsse, die sicher so manchen zur Weißglut brachte, weil der Anschlussmitinhaber genau dann telefonierte, wenn man selbst das Telefon brauchte.
Postangestellter erzählt von Arbeit in der Post in Merseburg
Erich Meinicke hatte in einem MZ-Interview erzählt, dass er seinen ersten Telefonanschluss 1953 bekommen hatte. „Aber auch nur, weil ich für die Post erreichbar sein musste“ erzählt er. Von 1953 bis 1959 hatte Meinicke sogar im Postamt an der König-Heinrich-Straße gewohnt.
Den Beruf des Postangestellten habe er von der Pike auf gelernt. „Briefzustellung, Schalterdienst, Kastenleerung - man musste alle Straßen kennen.“ 1990 ist er als Postoberrat in den Ruhestand gegangen, doch Post- und Fernmeldewesen interessierten ihn auch weiterhin. Und er schrieb etwa bis zum Jahr 2000 auf, was er finden konnte und was er selbst erlebt hatte.
In den Jahren seit der Eröffnung der Post an der König-Heinrich-Straße hat es viele Veränderungen gegeben. Natürlich gab es im Zweiten Weltkrieg auch Luftmineneinschläge, die schwere Beschädigungen anrichteten. Dienststellen wurden in die Kellerräume verlagert beziehungsweise die Hauptkasse in das Amtsgericht (Poststraße).
Die Annahme von Briefen, Einschreiben und der Verkauf von Briefmarken fand damals in „fliegenden Postämtern“ statt, die sich in Kraftomnibussen befanden. Reparaturen am Postgebäude wurden damals häufig durch Postmitarbeiter selbst übernommen, die beispielsweise gelernte Tischler, Glaser oder Zimmerer waren.
Merseburger Hauptpost: Wohnen und Fitness
Am 2. November 1995 wurde im Beisein des damaligen OB Jürgen Glietsch in der Merseburger Hauptpost die neue „open service“-Filiale mit ihrer umgebauten, modernen Schalterhalle eröffnet. Im Jahr 2017 begannen auf Initiative eines Investors aus Finnland mit Wurzeln in Leuna die Umbauarbeiten in den Obergeschossen des Postgebäudes. Mittlerweile gibt es hier Wohnungen. Im Seitentrakt befindet sich seit vielen Jahren ein Fitness-Studio.
Die Aufzeichnungen von Erich Meinicke können Interessierte im Historischen Stadtarchiv der Stadt Merseburg einsehen. Mancher Roman könnte nicht spannender sein.