1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Merseburg
  6. >
  7. Pflanzenseuche im Saalekreis: Pflanzenseuche im Saalekreis: Feuerbrand auf Obsthof in Querfurt

Pflanzenseuche im Saalekreis Pflanzenseuche im Saalekreis: Feuerbrand auf Obsthof in Querfurt

Von Dirk Skrzypczak 10.07.2013, 09:18
Feuerbrand
Feuerbrand Peter Wölk Lizenz

Querfurt/MZ - Nach dem Ausbruch der Pflanzenseuche Feuerbrand auf Obstplantagen rund um den Süßen See gibt es nun auch im Saalekreis den ersten bestätigten Befall. Nach eigenen Angaben wurden die Bakterien auf der sieben Hektar großen Apfelplantage des Obsthofes Müller in Querfurt nachgewiesen. „Wir werden jetzt konsequent die Reihen durchforsten, betroffene Äste abschneiden und sofort verbrennen“, sagte Hofchef Alexander Müller der MZ. Er hoffe, auf diese Weise eine Epidemie verhindern zu können. „Momentan müssen wir aber auch mit dem Schlimmsten rechnen“, sagte er am Mittwoch.

Die Pflanzenkrankheit Feuerbrand, die Quitten-, Birnen- und Apfelbäume bedroht, treibt Obstbauern und Kleingärtnern am Süßen See (Mansfeld-Südharz) Sorgenfalten auf die Stirn. Woher kommt die Krankheit und was kann man dagegen tun? Die MZ beantwortet mit Hilfe von Matthias Hinz wichtige Fragen. Er lehrt Obstbau am Institut für Agrar- und Ernährungswissenschaften an der Universität Halle.

Der Feuerbrand wird von Bakterien übertragen und befällt vor allem Kernobstgewächse. Gefährdet sind Quitten-, Birnen- und Apfelbäume. Dagegen sind etwa Kirschen, Pflaumen und Aprikosen nicht betroffen. An befallenen Pflanzen welken Blüten und Blätter und verfärben sich braun oder schwarz - der Baum sieht dann wie verbrannt aus, daher der Name Feuerbrand. Junge Pflanzen sterben in wenigen Wochen. Bei älteren Pflanzen breiten sich die Bakterien über Jahre aus und lassen sie ebenfalls absterben.

An den Früchten tritt Bakterienschleim aus, der durch Insekten (Honigbiene), Vögel, Regen und Wind übertragen werden kann - aber auch durch Schnittwerkzeuge, wenn befallene Bäume ausgeästet werden, ohne die Schere hinterher zu desinfizieren. Ein typischer Übertragungsweg: Ein Vogel pickt an einer kranken Frucht und überträgt dann den Feuerbrand auf einen gesunden Baum, wenn er dort zum Fressen hinfliegt.

Der Feuerbrand wurde aus Amerika durch importierte Pflanzenware nach Europa eingeschleppt. 1957 trat die Krankheit erstmals in Südengland auf, Ende der 60er, Anfang der 70er Jahre dann erstmals auch in Deutschland. In der DDR gab es damals große Rodungs- und Verbrennungsaktionen mit Hilfe der Armee. Danach wurden etwa in der DDR kaum noch Quitten und weniger Birnen angepflanzt. Die Bakterien halten sich aber in insgesamt 170 Pflanzenarten, meist aus der Familie der Rosengewächse. So sind etwa Weißdorn, Misteln oder das Ziergewächs Cotoneaster bevorzugte Wirtspflanzen, von denen quasi jederzeit eine Übertragung ausgehen kann.

Zwei Dinge kommen zusammen. Zu DDR-Zeiten gab es am Süßen See ein geschlossenes Obstanbaugebiet mit 2 800 Hektar - da wurden alle Bäume ständig kontrolliert. Heute gibt es hier nur noch auf insgesamt 300 Hektar Obstanbau und es gibt viele Brachflächen, die kaum noch einer begeht und kontrolliert. Dadurch kann der Feuerbrand unbemerkt ausbrechen und sich ausbreiten. Zweitens sind die Obstbäume in diesem Jahr durch die lange Winter- und Frostperiode und die vielen Warm-kalt-Phasen bis in die Blütezeit hinein stark geschwächt worden. Dadurch sind sie leichter anfällig für diese Bakterien. Das ist wie beim Immunsystem des Menschen: Ist es geschwächt, wird er leichter krank.

Natürlich sind bei den vielen Übertragungswegen auch in der Nähe liegende Gärten gefährdet. Rechtzeitige Pflanzenhygiene - also das schnelle Entdecken und Eindämmen des Feuerbrandes - ist eine Abwehrmaßnahme. Wer als Obstbauer oder Kleingärtner befallene Pflanzen sieht, muss das beim zuständigen Pflanzenschutzamt melden. Das entscheidet dann, ob zurückgeschnitten oder gerodet werden muss. Aber Achtung: Keine Panik! Es gibt auch andere Pflanzenkrankheiten, die „Feuer“-Spuren auf den Blättern hinterlassen. Es sollten in jedem Fall die Experten gefragt werden. Pflanzenschutzmittel gegen Feuerbrand gibt es nicht. Gegen das früher verwendete Antibiotikum Streptomyzin sind die Bakterien inzwischen resistent. „Das wirksamste Mittel gegen Feuerbrand ist der Anbau resistenter Obstsorten, die die Krankheit nicht bekommen“, betont Hinz. Er verweist auf dreifach resistente Apfelsorten wie „Remo“ oder „Rebella“ aus Dresden-Pillnitz (resistent gegen die Pilze Schorf und Mehltau sowie gegen den Feuerbrand). Oder auf die Birnensorte „Uta“. Die erhielt den Namen der Stifterfigur des Naumburger Doms, weil diese widerstandsfähige Sorte hier durch Kreuzung gezüchtet wurde. (hak)

Unterdessen will der Landkreis einen Stab bilden, um darauf vorbereitet zu sein, sollte sich die Krankheit wie im Mansfelder Land ausbreiten. „Wir prüfen bereits, wie wir betroffenen Obstbauern helfen können“, sagte Landrat Frank Bannert (CDU). Denkbar sei, schnell und unbürokratisch über den Eigenbetrieb für Arbeit Langzeitarbeitslose an die landwirtschaftlichen Unternehmen zu vermitteln. Sie könnten dann die Betriebe im Kampf gegen die Seuche unterstützen.