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Party, aber kein echter Ball

Von UNDINE FREYBERG 23.08.2009, 15:28

MERSEBURG/MZ. - "Ich bin so froh hier zu sein", sagt sie und kann kaum still sitzen, denn wenn sie Musik hört, muss sie einfach tanzen. Und das taten die beiden beim 5. Merseburger Sommernachtsball dann auch ausgiebig. Er trug dabei ihre Sauerstoffflasche, die sie aufgrund einer chronischen Atemwegserkrankung immer dabei haben muss. "Aber davon lassen wir uns doch den Spaß nicht verderben", lacht die energische alte Dame und wippt schon wieder mit den Füßen.

So wie ihr ging es am Samstagabend vielen. Schon beim zweiten Titel der Fort River Band aus Merseburg und Naumburg war die Tanzfläche voll, und das blieb auch so bis in die frühen Morgenstunden. Unterbrochen wurde der Tanz lediglich durch die Gauklershow von Franziska Huster und Steffen Mücke aus Leipzig, die hier als "Paul & Calendula" auftraten, die Modenschau der königlichen Hofschneiderei, das Feuerwerk und dem optischen Höhepunkt des Abends, dem Feenzauber der Gruppe "Inflammati" (wieder Franziska Huster und Steffen Mücke).

Dieser stimmte so manchen Gast sicher wieder etwas versöhnlicher, denn ansonsten gab es am Abend auch jede Menge Kritik zu hören.

"Die Musik passte gar nicht", sagte ein 50-jähriger Merseburger. "Solche Musik gehört sich einfach nicht bei einem Ball." Er meinte damit wohl nicht nur die deutschsprachigen Stimmungssongs, die die Band an diesem Abend anbot.

"Das ist eine Party, aber keine Ball", meinte Elisabeth Baumbach, die Vorsitzende des Freundeskreises des Goethe-Theaters Bad Lauchstädt. "Ein Ball beginnt mit einem Walzer. Das kann man sich bei unserem Lauchstädter Theaterball am kommenden Samstag gern ansehen." Die Modenschau, das Feuerwerk und die Feuershow seien ja ganz schön gewesen. "Aber wenn man 500 Leute unterhalten will, muss man schon etwas mehr bieten."

"Ich hab das Gefühl, dass hier alles auf Sparflamme gefahren wird, weil die Stadt wusste, dass viele ihre Karten vom vergangenen Jahr umtauschen würden und demzufolge keinen Eintritt bezahlen", sagte ein anderer Gast. "Es gab auch keinen wirklichen Höhepunkt oder Stargast am Abend."

"Das ist eine Unterstellung", sagte Oberbürgermeister Jens Bühligen (CDU) zu dem Vorwurf. "Hätten wir auf Sparflamme gefahren hätte es Musik aus der Konserve gegeben und keine Band." Den meisten Leuten, mit denen er gesprochen habe, hätte der Abend übrigens gefallen. Von den knapp 500 Ball-Gästen hatten etwa 300 ihre "Regen-Karten" von 2008 umgetauscht. Das bedeutet bei etwas mehr als 100 verkauften Karten vermutlich lediglich Einnahmen von 2 500 Euro für die Stadt.

Auf Sparflamme arbeiten, durften einige Akteure des Abends natürlich nicht: nämlich die Köche und Servicekräfte vom Best Western Hotel und vom Restaurant Imperial (das Radisson-Hotel hatte sich entschieden, in diesem Jahr nicht mitzumachen). Best-Western-Chefkoch Henry Polcher (41) hatte sich extra noch kompetente Verstärkung geholt. Ihm zur Seite stand am Samstag nämlich Mathias Herbarth. Der 26-Jährige, der neben kulinarischen Gastspielen in Frankreich und der Schweiz bereits ein Jahr im Münchner Restaurant "Südtiroler Stuben" von Sternekoch Alfons Schubeck arbeiten durfte, half beim mit Pestokruste gratinerten Lachs ebenso wie beim Möhren-Ingwer-Süppchen mit Garnelenspießen. "Es hat Spaß gemacht in Merseburg", meint der Chefkoch der halleschen "Zanzibar". Er und Henry Polcher kennen sich von der gemeinsamen Arbeit in einem halleschen Restaurant und vom Kampfsport "Wir machen Shorai Do Kempo und auch da zeigt er mir wo's langgeht", schmunzelt Mathias Herbarth.