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MZ-Gespräch mit Oberbürgermeister Reinhard Rumprecht MZ-Gespräch mit Oberbürgermeister Reinhard Rumprecht: «Wir müssen uns besser verkaufen»

Von Dirk Schariott 30.12.2002, 18:04

Merseburg/MZ. - Natürlich müssen wir das Gespräch mit dem Stichwort Dobkowitz beginnen. Können Sie es überhaupt noch hören?

Rumprecht: Aber ja. Ich kann sogar noch über die vielen glossierenden Beiträge in der Presse zu diesem Thema schmunzeln. Wenn über Jahre Konkretes versprochen wurde, aber nichts passiert ist, dann ist das doch völlig normal.

Sie glauben aber noch an Dobkowitz, das ja eigentlich schon Thietmar-Forum heißt?

Rumprecht: Ja, dort wird sich sicher sehr bald etwas bewegen. Es gab einige widrige Umstände in den letzten Jahren, die sich hemmend ausgewirkt haben.

Dazu gehörte auch die wirtschaftliche Situation insgesamt. Hier hätten die Investoren sicherlich sagen können: Danke, das war's. Das haben sie nicht, sondern sie setzen auf die Entwicklung Merseburgs, auf die Zukunft der Stadt. Haben Vertrauen in das, was hier passiert. Aus meiner Sicht ein gutes Zeichen, dass hoffentlich auch für andere potenzielle Investoren Signalwirkung haben wird.

Nicht nur Dobkowitz sorgte für Gesprächsstoff, sondern auch der Stadtrat. Die Öffentlichkeit hatte zunehmend den Eindruck, dass es zwischen OB und vor allem den beiden großen Fraktionen erhebliche Spannungen gibt.

Rumprecht: Schon, aber ich denke, dass wir hier insgesamt auf einem guten Weg sind. Die Einsicht hat sich verstärkt, dass nicht Kampfabstimmungen die Stadt weiterbringen, sondern Sachlichkeit. Wie war denn die Situation nach meiner Wahl? Im Grunde wusste der Stadtrat mit mir nichts anzufangen, da ich ja nicht aus der Kommunalpolitik kam. Was wird das mit dem Neuen, so hat man sich wohl gefragt. Da gab es Vorurteile auf beiden Seiten. Da haben alle Fehler gemacht, auch ich natürlich. Aber das Nachdenken war für alle nützlich. Und zudem hat der akute Geldmangel dazu mit beigetragen, sich zusammenzuraufen.

Auch in Sachen Kinoneubau? Es hat ja kaum ein Merseburger verstanden, warum der Stadtrat mehrheitlich an diesem Projekt festhält, wo es nur ein paar Meter weiter das alte Kino gibt.

Rumprecht: Meine Position ist ja hinlänglich bekannt, ich bin gegen einen Neubau, sondern für die Reaktivierung des Kinos Völkerfreundschaft. Es hat sich ja kürzlich ein Förderverein zur Entwicklung des alten Kinos gegründet, in dem die Fachhochschule ein sehr aktives Mitglied ist. Als Stadt haben wir auch einen Kaufantrag gestellt. Allerdings gibt es zwischen dem potenziellen Investor für das neue Kino und der Stadt noch einen Rechtsstreit, den ich hier aber nicht bewerten will. Man wird hier abwarten müssen. In jedem Fall aber ist das Thema Kino Bestandteil des Urban 21-Projektes und nicht der Standort.

Urban ist das Stichwort. In den letzten Wochen hat es ja hier einige sehr interessante Entwicklungen gegeben, wenn ich nur an das Engagement des Domstifts denke.

Rumprecht: Das ist in der Tat ein sehr hoffnungsvoller Umstand. Domstift und Stadt haben die Chance erkannt, hier gemeinsam etwas auf den Weg zu bringen. Der Stadtrat hat ja bekanntlich kürzlich den Weg frei gemacht für eine Sitte-Galerie. Hinzu kommen weitere konkrete Aktivitäten zur Vermarktung des gesamten Dom-und Schlossbereiches. Die Gespräche mit dem Dechanten des Domstifts stimmen mich hier sehr optimistisch.

Sie haben ja immer wieder betont, dass es um den spezifischen Platz für Merseburg gehe. Wie sieht der aus?

Rumprecht: Der sieht beispielsweise so aus, dass wir die Dinge, die wir haben, einfach besser verkaufen. Vom Dombereich war schon die Rede. Das ist ein Trumpf, mit dem wir viel stärker arbeiten werden.

Ein Trumpf ist aber in meinen Augen auch das zunehmend stärkere Engagement vieler Merseburger für ihre Stadt. Da macht sich der Architektenstammtisch konkrete Gedanken über die Zukunft Merseburgs, zeigt Visionen auf. Da bringen sich immer mehr Vereine und Verbände ein, engagiert sich zunehmend die Wirtschaft. Und die Aktion zum Frühjahrsputz hat gezeigt, dass auch die Merseburger selbst für ihre Stadt etwas tun wollen. Wir müssen dahin kommen, dass die Menschen nicht von der Stadt reden, sondern von unserer Stadt.

Da ist es für mich beispielsweise auch eine Überlegung wert, nicht nur Falschparker zur Kasse zu bitten, sondern auch Stadtverschmutzer. Denn wir alle wissen ja, dass unsere Stadt nun wahrlich nicht pieksauber aussieht. Aber das kann nicht die Verwaltung lösen, sondern da sind wir alle angesprochen.

An der Schwelle zum neuen Jahr muss natürlich die obligatorische Fragen kommen: Was wünscht sich der OB für 2003?

Rumprecht: Allerhand, vor allem natürlich eine beschleunigte Entwicklung der Stadt. Wir werden beispielsweise im Zentrum mit dem Abriss von Plattenbauten beginnen, das wird sich positiv auf das Stadtbild auswirken. Dann soll im Oktober die Sanierung des Ständehauses abgeschlossen sein. Davon erwarte ich ganz einfach viele Impulse für Merseburg. Wir werden auch künftig trotz der finanziellen Probleme an der Unterstützung für Kultur, Sport und den sozialen Bereich festhalten.

Und wir wollen mit der Modernisierung der Verwaltung fortsetzen. Ausgesprochen wichtig ist, dass wir die Ansiedlung im Gewerbegebiet Süd an der B 91 vorantreiben. Zum Schluss sei mir noch ein persönlicher Gedanke erlaubt. Es wäre sehr schön, wenn sich die Zusammenarbeit zwischen der Verwaltung und dem Stadtrat weiter so zukunftsorientiert entwickeln würde. Für unsere Stadt wäre das sehr wichtig.