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Merseburg Merseburg: Der Häuptling und das ewige Leben

Von DIRK SKRZYPCZAK 30.01.2011, 19:37
Sympathisch, bescheiden und unglaublich fit: Gojko Mitic. (ARCHIVFOTO: DPA)
Sympathisch, bescheiden und unglaublich fit: Gojko Mitic. (ARCHIVFOTO: DPA) dpa

MERSEBURG/MZ. - Gojko Mitic muss das spüren. Er springt wie eine Feder nach oben, drahtig, athletisch, kein Gramm zu viel am schlanken Körper. "Also, er lebt noch", ruft der DDR-Chefindianer ins Publikum, das jetzt kräftig in die Hände klatscht. Sieben Jahrzehnte sind gnädig mit dem 70-jährigen Schauspieler gewesen, doch Mitic will über das Altern nicht reden. "Ich zähle nicht die Zeit."

Und dann überrascht der Wahl-Berliner mit einer interessanten Aussage. Bis zu diesem Sonntag hatte der gebürtige Serbe "Weiße Wölfe" selbst nur einmal gesehen - als er 1969 erstmals über die Leinwände in der DDR flimmerte. "Ich wollte mein Indianer-Image ablegen, allerdings hatte ich nicht mit so einer Protestwelle gerechnet. Also musste ich auferstehen." Mehrfach stand er als Häuptling danach noch vor der Kamera. Mitic hatte da schon fast Kultstatus bei seinen Fans, die in Internet-Foren übrigens noch heute einen Oscar für sein Lebenswerk fordern. Sein Freund Rolf Hoppe, dem die Merseburger Defa-Filmtage gewidmet sind, musste da als Bösewicht in den Streifen schon mehr knabbern. Seine Kinder hatten es schwer, Freunde zu finden. "Der Rolf ist echt ein ganz lieber Kerl und ein toller Darsteller", lacht Mitic. "Schade, dass er heute nicht hier ist. Ich hätte gerne mit ihm noch einmal die Lanzen gekreuzt."

Unscheinbar am Treppenaufgang steht eine junge Frau mit orange gefärbten Haaren und lächelt beim Auftritt des Stars, der locker und gut gelaunt über alte Zeiten plaudert. "Sie ist mein Chauffeur", sagt Mitic. Was wohl die wenigsten wissen: Er hat seine Häuptlingstochter Nathalie (18) dabei, die er bis Sommer vergangenen Jahres vor der Öffentlichkeit versteckte. Warum? "Er wollte mich beschützen und den Rummel von mir fern halten. Und doch bin ich mit seinem Ruhm aufgewachsen", sagt sie schüchtern. Kameraobjektiven weicht sie noch heute aus.

Für Ludwig Baumert ist es ein besonderes Wiedersehen mit dem "Winnetou des Ostens", wie die Presse Mitic vor allem im Westen nannte. 15 Spielzeiten ritt er als Apachenhäuptling bei den Karl-May-Festspielen in Bad Segeberg in den Sonnenuntergang. Baumerts Cousin Joachim aus Hamburg mimte in dieser Zeit Sam Hawkens. "Wir haben Gojko mehrmals getroffen und Bierbrüderschaft getrunken", erzählt der Merseburger. Das will was heißen, schließlich gilt Mitic nicht als Anhänger von Feuerwasser und Tabak.

Organisatorin Halina Anton vom Förderverein "Kino Völkerfreundschaft" überreicht Blumen, bevor die Autogrammjagd beginnt, und zieht ein erstes Fazit. "80 Prozent der Vorstellungen waren ausverkauft. Mit diesem Erfolg haben wir nicht gerechnet." Dann stürmt sie zur nächsten Aufführung - die Dokumentation über die Defa ist ebenfalls ausverkauft - und überlässt den Häuptling seinen Fans.