Joachim "Mucky" Bunk Joachim "Mucky" Bunk aus Merseburg: Der Boxer mit der Drehorgel

Merseburg - Joachim Bunk kann gerade so über die Drehorgel gucken. Mit seinen knapp 1,65 Metern verschwindet er fast vollständig hinter dem Instrument. Nur sein rotes Burschenschafter-Barrett lugt hervor. Dafür singt er aber umso lauter, wenn er die Melodie zu „Rosamunde“ kurbelt. Selbst dann, wenn es kein Publikum gibt.
Organisator der Drehorgel-Festspielen
Joachim Bunk steht in seiner Garage in Leuna. Bis zu den Merseburger Drehorgel-Festspielen, die er seit 20 Jahren organisiert, ist es nur noch ein paar Tage hin. Der 71-Jährige hat sich als „Drehorgel-Mucky“ deutschlandweit einen Namen gemacht. Ist mit Freddy Quinn, Michael Hirte und den Kastelruther Spatzen aufgetreten. Hat Boxer Henry Maske und Außenminister Hans-Dietrich Genscher an seine Orgeln gelassen. Und besucht regelmäßig die Drehorgeltreffen im ganzen Land. „Wir sind eine eingeschworene Gemeinschaft“, sagt Bunk, den unter diesem Namen kaum jemand kennt. Weil die Drehorgelspieler „das deutsche Liedgut erhalten“ wollen, ist vieles nur durch freiwilligen Einsatz möglich. Mehr als eine zweistellige Aufwandsentschädigung für die lange Autofahrt ist meist nicht drin. Und das, was Passanten in den Hut werfen. Eine Rechnung hat Bunk nie aufgestellt. Aber: „Glauben Sie mir, ich habe mehr ausgegeben, als dass ich durch das Spielen jemals wieder einnehmen könnte“, sagt er. Dass ihn manche Leute für schräg halten, damit kann er leben. Das macht ihn zum Original.
Aufgewachsen in Bad Dürrenberg
Aufgewachsen ist Bunk in Bad Dürrenberg. Nach dem Zweiten Weltkrieg kamen stets Straßenmusiker vorbei. Bunks Vater schätzte sie und unterstützte, wo es ging. Nicht leicht mit sieben Kindern, von denen Joachim der kleinste und jüngste war. So kam er auch zu seinem Spitznamen: „Der kleine Muck“ hatte die Eltern inspiriert.
Bunk wurde Maler und machte sich als Boxer einen Namen - in der kleinsten Klasse, dem Flieger-Bantam-Gewicht. 150 Kämpfe sind in seinem Startbuch vermerkt, das griffbereit in der Schublade liegt, direkt neben dem Liederbuch. Er errang 85 Siege, schaffte es sogar in die DDR-Spitzenkader und die Vorauswahl für Olympia. Wie Boxen und Drehorgelspielen zusammenpasst? „Beide lieben das Publikum und unterhalten es“, sagt Bunk wie aus der Pistole geschossen. Schlagfertig ist er. Ob er nicht einfach DJ hätte werden können? „Nur ein Lied auflegen, das ist mir zu primitiv.“ Deshalb lieh er sich von einem Bekannten ein Drehorgel aus, um spielen zu können. Nach der Wende hatte er genug Geld, um sich seilst eine zu kaufen.
„Deutschland ist die Hochburg der Drehorgeln“
Wenn er darüber spricht, wird seine aufgeregte Stimme ruhig. Er liebt deutsche Schlager, Märsche, Evergreens. Er schwärmt von der Handwerkskunst, die hinter Holz, Blasebalg und Verzierungen steckt. „Deutschland ist die Hochburg der Drehorgeln, aber sie sterben aus“, sagt Bunk. Dass die Musik nicht jedem gefällt, dafür hat er Verständnis. Trotzdem halten die meisten Menschen an, wenn er in der Fußgängerzone steht - aber nicht, um den Mann hinter der Drehorgel zu suchen. (mz)