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Das Rätsel um Sarg Nr. 12

Von UNDINE FREYBERG 12.05.2011, 17:38

MERSEBURG/MZ. - Die Geschichte klingt wie ein Krimi: Seit den Einbrüchen und schweren Beschädigungen zu DDR-Zeiten galt einer der Kindersärge der Merseburger Fürstengruft als verschollen. "Man dachte, er sei gestohlen worden", erzählt Restauratorin Mandy Reimann. "Doch dann haben wir ihn ganz überraschend wiederentdeckt."

Versteckt in anderen Sarkophagen fanden die Restauratoren der Berliner Werkstatt Haber & Brandner (hatten auch die Särge in der Hohenzollerngruft im Berliner Dom restauriert) Teile des mit rotem Samt beschlagenen Holzsargs Nr. 12. In dem kleinen Sarg war offenbar Prinzessin Friederica Charlotta Ulrica bestattet worden. Ihre Geburt am 23. Juni 1720 war ein Skandal, denn sie war ein uneheliches Kind von Herzogin Henrietta Carlotta. Deren Ehe mit Herzog Moritz Wilhelm blieb ansonsten kinderlos wodurch die Dynastie Sachsen-Merseburg ausstarb.

Damit geriet auch die Fürstengruft in Vergessenheit und fiel zunehmend dem Verfall anheim. Nach mehr als zweijähriger Restaurierungszeit ist nun jedoch der Glanz der Barockzeit in die Fürstengruft des Domes zurückgekehrt. "Wir haben die Vandalismusschäden beseitigt, aber die Alterungsspuren an den Sarkophagen erhalten", erzählte Mandy Reimann gestern bei der feierlichen Einweihung der Gruft. Und das ist meisterhaft gelungen - kein Vergleich mehr zu den traurigen Bildern noch aus dem Jahr 2008, als die Gruft voller Schmutz und beschädigter Sarkophage war. Die prunkvollen Zinnsärge (Nr. 12 ist einer von zwei Holzsärgen) sind jetzt von einem seidigen Glanz. In ihnen ruhen insgesamt sieben Männer, zehn Frauen und derzeit 19 Kinder aus dem Fürstenhaus Sachsen-Merseburg, denn der Sarg Nr. 12 ist noch immer in der Berliner Restaurierungswerkstatt. "Für diese Restaurierung fehlen uns noch 2 400 Euro, wofür wir auf Spenden hoffen", sagte Markus Cottin, der Leiter des Domstiftarchivs.

Kustos Holger Kunde war gestern trotzdem hochzufrieden. "Es ist ein großer Tag für Merseburg", strahlte er. Und Georg Graf von Zech-Burkersroda, Dechant der Vereinigten Domstifter, verkündete stolz, dass die neu eingeweihte Fürstengruft eine zusätzliche touristische Attraktion für die Dom, die Stadt Merseburg und den Saalekreis sei. Zech: "Und Kulturtourismus ist ja auch ein wirtschaftlicher Faktor." Kommentar Seite 8

Zum Museumstag am Sonntag ist die Fürstengruft in der Zeit von 14 bis 17 Uhr für Führungen mit kleinen Besuchergruppen geöffnet (siehe S. 8) ebenso am 29. Mai. Künftig ist geplant, die Gruft immer am letzten Sonntag des Monats für Besucher zu öffnen. Wenn keine Führungen stattfinden, kann man zumindest durch eine Glastür einen Blick in die Gruft werfen. In der Südklausur läuft ein Film zur Restaurierung.