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Spendenaktion für Merseburger „Frauenschutzhaus“ „Daran sieht man, was Frauen für eine Lobby haben“

Einrichtungen wie das Frauenschutzhaus in Merseburg fehlt Geld. Die Querfurterin Caroline Brix findet das falsch. Sie hat deshalb ein Hofcafé als Spendenaktion organisiert. Die Verantwortlichen berichten derweil von einer Zunahme häuslicher Gewalt.

Von Robert Briest 30.06.2025, 17:51
Hausleiterin Renate Beßler, Basarorganisatorin Caroline Brix und die Gleichstellungsbeauftrage Anna Brommund (v.l.) verkauften Kuchen.
Hausleiterin Renate Beßler, Basarorganisatorin Caroline Brix und die Gleichstellungsbeauftrage Anna Brommund (v.l.) verkauften Kuchen. Foto: Robert Briest

Querfurt/MZ. - „Daran sieht man, was Frauen für eine Lobby haben. Für Rüstung ist alles möglich, und bei Frauenhäuser ist es noch nicht mal möglich, dass der Aufenthalt für die Frauen kostenlos ist“, kritisiert Caroline Brix. Sie sitzt mit der Gleichstellungsbeauftragten des Saalekreises, Anna Beatrice Brommund, und der Leiterin des Frauen- und Kinderschutzhauses in Merseburg, Renate Beßler, im Bauernmuseum von Querfurt – und isst Kuchen. Sie hat ihn selbst gebacken, als Zeichen der Solidarität.

Brix ist die Ideengeberin und Organisatorin des Kuchenbasars, dessen Einnahmen dem Frauenschutzhaus in der Kreisstadt zugute kommen sollen. Die Idee, so berichtet die Querfurterin sei im Januar entstanden, als der Bundestag über das Gewaltschutzgesetz diskutierte und Medien über die Geldsorgen der Einrichtungen berichteten, welche Frauen, die vor der Gewalt ihrer Partner fliehen, Schutz bieten sollen. „Ich dachte mir, es ist furchtbar, dass die Finanzierung nicht gesichert ist und man muss mehr machen.“ Eine Spendenaktion – und weil es in Querfurt nicht so viel Möglichkeiten für Kaffee und Kuchen gebe – das Ganze als Hofcafé.

Häusliche Gewalt nimmt zu

Bei dem packen am Samstag auch Brommund, Beßler und die Mitarbeiterinnen des Frauenhauses an. Sie haben sich ein konkretes Projekt überlegt, für das die Spenden eingesetzt werden sollen: „Eine Nestschaukel für die kleinen Kinder. Die kostet etwa 500 Euro“, erklärt die Einrichtungsleiterin. Brommund hakt ein: Vielen sei nicht bewusst, dass das Haus auch die Kinder mit aufnehme.

Ohnehin gebe es beim Thema Frauenschutzhaus viel Unwissenheit und Vorurteile, findet die Gleichstellungsbeauftragte des Kreises. Deshalb sei eine solche Veranstaltung wie der Kuchenbasar und allein schon die Werbung dafür wichtig, denn: „Das Thema häusliche Gewalt ist zwar mehr in den Fokus gerückt, aber es gibt auch mehr Gewalt.“ Und es sei kein Phänomen aus der „Tagesschau“, betont Brix. Sie verweist auf den Femizid von Bad Lauchstädt 2023. „Das Thema ist auch hier.“

Merseburger Frauenschutzhaus fehlen 20.000 Euro im Jahr

Beßler bestätigt die Zunahme des Gewaltproblems: Die Gesellschaft sei aus dem Gleichgewicht geraten. Und wenn Leute Angst haben, denken sie nicht mehr rational. Auch die Coronapandemie werde noch lange nachwirken. Zudem seien auch Zwangsverheiratungen ein zunehmendes Thema.

Beßlers Einrichtung in Merseburg bietet Platz für je sechs Frauen und Kinder. Die Schutzsuchende kämen aus dem gesamten Bundesgebiet. Von der Stadt Merseburg und dem Saalekreis erhält das Frauenschutzhaus je 12.500 Euro, vom Land 86.000 Euro. Einzelne Kommunen der Region geben auf Initiative der Linken im vergangenen Herbst 1.000 Euro dazu. Und dennoch sagt die Leiterin: „Das Geld, was wir haben, reicht nicht mehr aus. Uns fehlen derzeit etwa 20.000 Euro im Jahr.“

So viel müssen Frauen zahlen

Auch die Schutzsuchenden tragen zur Finanzierung bei. Jede Frau zahlt pro Nacht knapp 33 Euro für Miete und Nebenkosten, für ihre Verpflegung ist sie selbst verantwortlich. Pro Kind und Nacht kommen noch etwa 20 Euro hinzu. Das im Winter noch unter der Restampelregierung beschlossene Gewaltschutzgesetz sieht zwar vor, dass Betroffene Anspruch auf kostenlosen Schutz und Beratung haben, aber erst ab 2032.

Brix hat dafür kein Verständnis. Ihren Unmut hat sie in Kulinarik umgewandelt. „Sieben Torten habe ich selbst gebacken.“ Die übrigen acht steuerten Schwiegermutter und Freundinnen bei. „Wir haben schon gesagt, wenn es erfolgreich ist, wollen wir es wieder machen.“ Und nach Erfolg klingen die gesammelten 534 Euro.