Bad Dürrenberg Bad Dürrenberg: Kohlebahn ist die älteste Bahn der Region

Bad Dürrenberg/MZ - Das Detail musste Protest auslösen.
1926 ist Bad Dürrenberg an das Straßenbahnnetz der Merseburger Überlandbahnen AG (Mübag) angeschlossen worden. Darüber hinaus gab es bereits 1919 Pläne, die Strecke bis nach Lützen zu erweitern. Doch die Pläne landeten in der Schublade, offenbar weil die Lützener Strecke nicht die höchste Priorität hatte. Für eine Strecke zwischen Ammendorf und Schkeuditz waren bereits Schienen und Waggons bestellt. Die Weltwirtschaftskrise vereitelte 1929 jedoch auch dieses Vorhaben.
In einer Geschichte zur Merseburger Überlandbahnen AG (Mübag), die am 17. Januar in der MZ erschienen war, war spekuliert worden, ob ein markanter Damm neben der Straße zwischen Bad Dürrenberg und Tollwitz einst in Vorbereitung der geplanten Mübag-Expansion nach Lützen entstanden war. Irgendwo dort hätte die Strecke tatsächlich langgehen sollen, so dass Straßenbahn-Experten gegenüber der MZ vermutet hatten, besagter Damm könnte ein Mübag-Relikt sein.
Bahn der Königlichen Saline
Doch Eisenbahnexperten widersprechen nun: Der Damm gehörte vielmehr zur ältesten Schienenbahn der Region, der alten Kohlebahn der Königlichen Saline in Dürrenberg, so der damalige Name der Gemeinde. Sie brachte knapp 99 Jahre lang die Kohle für den Salzsiedebetrieb aus den Gruben bei Tollwitz heran und fuhr Asche und Schlacke auf eine nördlich der Saline gelegene Halde.
Broschüre zur Eisenbahn
Zur Eisenbahn, die lediglich eine Spurweite von 585 Millimetern hatte (Normalspur: 1435 mm), haben der Verein Eisenbahnfreunde Kötzschau und sein Vorsitzender David Falk erst kürzlich eine Broschüre veröffentlicht, die die Geschichte der in Hochzeiten knapp 4,4 Kilometer langen Strecke in Text und Bildern zusammenfasst. So war die am 15. September 1836 eröffnete Bahn die erste Eisenbahn in der preußischen Provinz Sachsen. Auch der noch heute erhaltene 177 Meter lange Tunnel, der zudem eine Kurve und Gefälle aufweist und als der erste Eisenbahntunnel Deutschlands gilt, sorgte für Stolz beim damaligen Salinedirektor Christian Gottlieb Anton Backs. „Backs war ein technisch interessierter Mann, der die Chancen der Eisenbahn erkannt hatte“, sagt David Falk. Doch eine gewöhnliche Eisenbahn war die Dürrenberg-Tollwitzer Kohlebahn keineswegs. So zogen 70 Jahre lang Pferde statt Dampflokomotiven die Kohleloren. 1906 wurde die Strecke dann elektrifiziert, und E-Loks übernahmen nahtlos den Dienst. 1935 wurden die Gleise nach Tollwitz dann stillgelegt; die Kohle war alle. Doch innerhalb des Salinengeländes fuhr die Bahn noch bis 1963 weiter.
Falk und sein Verein haben etliche Kuriositäten zusammengetragen. So wurde jahrelang ein transportables Gleis über die heutige Salinenstraße und die dort verlaufende Straßenbahntrasse gelegt, wenn die Kohlebahn zur Aschehalde fahren wollte. Der Rest eines Viadukts in der Nähe ist noch erhalten.
Die Broschüre „Die Kohleneisenbahn Tollwitz-Bad Dürrenberg“ von David Falk (6 Euro, 34 Seiten, 55 Bilder) kann beim Verein Eisenbahnfreunde Kötzschau bestellt werden: www.eisenbahnfreunde-koetzschau.com
