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Tumulte im Gerichtssaal Urteil im Fall Markus B. aus Köthen: Gericht verurteilt Afghanen zu Haft

17.05.2019, 13:32
Im Prozess um den Tod eines 22-Jährigen aus Köthen werden die beiden angeklagten Afghanen (l, r) in den Saal des Landgerichts Dessau gebracht.
Im Prozess um den Tod eines 22-Jährigen aus Köthen werden die beiden angeklagten Afghanen (l, r) in den Saal des Landgerichts Dessau gebracht. dpa-Zentralbild

Dessau-Roßlau/Köthen - Im Prozess zum Tod von Markus B. bei einem nächtlichen Streit in Köthen ist in Dessau-Roßlau das Urteil gefallen. Rund acht Monate nach dem Tod des Herzkranken wurden die beiden Angeklagten wegen Körperverletzung mit Todesfolge verurteilt.

Zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und acht Monaten  ohne Bewährung  hat die Schwurgerichtskammer den älteren Afghanen, mittlerweile 19 Jahre alt, verurteilt. Die Kammer folgte im Strafmaß dem Antrag der Staatsanwaltschaft – wie auch bezüglich des anderen Angeklagten. Allerdings war der Staatsanwalt bei beiden vom Vorwurf der Körperverletzung mit Todesfolge abgerückt. Er wurde zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und fünf Monaten verurteilt, ebenfalls ohne Bewährung.

Dem 17-jährigen wird vorgeworfen, Markus B. geschlagen zu  haben, als dieser bereits am Boden lag.

Bei der Verkündung des Urteils kam es kurz nach 11 Uhr zu Tumulten. Nachdem die Vorsitzende Richterin die Entscheidung verkündet hatte, sprang ein Bruder von Markus B. auf und warf den Tisch um, vor dem er saß. Er marschierte auf die Angeklagten zu und warf einen Tisch um, der noch zwischen ihm und der Anklagebank war. Die Schutzmänner des Gerichts hielten ihn zurück, ebenso einen weiteren Bruder, der laut die Richterin beschimpfte.

Die Richterin beließ beide Brüder im Saal, allerdings mit der Ermahnung, sich ruhig zu verhalten. Vier Polizisten standen hinter den Brüdern. Sie blieben im weiteren Verlauf ruhig.

Die beiden Schwestern von Markus B. weinten, nachdem das Urteil verkündet worden war. Die Mutter wirkte wie erstarrt. Die Strafe sei zu gering ausgefallen, sagte einer der Brüder nach der Verkündung, als die Sitzung geschlossen war. 

Der schwer herzkranke Markus B. war vorigen September bei einem Streit auf einem Spielplatz an einem Herzinfarkt gestorben. Der Tod sei kein bloßer Unfall gewesen, sondern sei durch die Körperverletzung der Angeklagten fahrlässig verursacht worden, begründete die Vorsitzende Richterin Uda Schmidt das Urteil. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. 

Fall Markus B.: Staatsanwaltschaft forderte Jugendstrafen

Mit Blick auf Erkenntnisse im Prozess stufte die Staatsanwaltschaft den Vorwurf zuletzt nur noch als gefährliche Körperverletzung ein und forderte Jugendstrafen. Die Angeklagten hätten nicht mit der schweren Herzerkrankung ihres Gegenübers und den schwerwiegenden Folgen rechnen können.

Auch die Verteidigung argumentierte, der Tod des 22 Jahre alten Deutschen könne nicht den Angeklagten zugerechnet werden und forderte Freispruch von diesem Vorwurf.

Der Fall wurde bundesweit wahrgenommen. Auch weil der nächtliche Streit zeitlich nur wenige Tage nach dem Tod eines 35-Jährigen bei einem Stadtfest in Chemnitz lag. Nicht wenige zogen die Parallele, dass in beiden Fällen die Toten deutscher Staatsangehörigkeit waren, die Verdächtigen aber nicht.

Tödlicher Vorfall in Köthen: Markus B. wollte Streit schlichten

In Köthen mobilisierte die rechte Szene noch am Tattag rund 2500 Menschen zu einem sogenannten Trauermarsch. Die Stimmung war aufgeheizt und aggressiv. Immer wieder gab es in den Folgewochen Demonstrationen rechtsgerichteter Gruppen und auch Gegendemos.

Seit Anfang Februar wird der Fall vor dem Landgericht verhandelt. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass die Angeklagten den 22-Jährigen geschlagen und getreten haben. Sie hatten mitten in der Nacht auf einem Spielplatz mit einem Landsmann gestritten. Der 22-Jährige soll hinzugekommen sein, um zu schlichten. (dpa)

Die wegen Körperverletzung mit Todesfolge Angeklagten (2.v.l) und (3.v.r) sitzen neben Juristen und Dolmetschern im Dessauer Landgericht auf der Anklagebank. (Archivbild)
Die wegen Körperverletzung mit Todesfolge Angeklagten (2.v.l) und (3.v.r) sitzen neben Juristen und Dolmetschern im Dessauer Landgericht auf der Anklagebank. (Archivbild)
ZB