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Tanz als Faszination und Lebensinhalt

Von Anne Passow 14.07.2008, 16:26

Köthen/MZ. - So wie Cindy erleben die meisten Mädchen der Tanzgruppe des Köthener Gymnasiums ihre Leiterin Ute Schröder. Als eine Frau, die ihre Schützlinge fordert und gleichzeitig sehr menschlich ist. "In den Trainingsstunden erwarte ich von meinen Schülerinnen Disziplin und konzentriertes Arbeiten", sagt Schröder, um gleich hinzuzufügen, wie sehr sie ihre Mädchen dafür bewundert, dass sie das harte Training durchhalten, trotz Schulstress.

1961 wurde die heute 47-Jährige als älteste von drei Schwestern in Köthen geboren und wuchs in dieser Stadt auf. Wichtige Bezugspersonen in ihrer Kindheit waren ihre Großeltern. "Auf einer alten Singer-Nähmaschine brachte mir meine Oma das Nähen bei", erzählt Schröder. Bis heute nutzt sie das alte Gerät, um an Kostümen ihrer Tanzgruppe zu arbeiten. Auch Sport war Ute Schröder schon in ihrer Kindheit wichtig. Sie turnte seit sie sechs Jahre alt war, spielte Handball und war als Rettungsschwimmerin aktiv.

Mit 15 Jahren war es damit aber erst einmal vorbei: "Eine schwere rheumatische Erkrankung zwang mich, alle sportlichen Aktivitäten einzustellen." - ein Schlag für die junge Frau, die sich insgeheim schon vorgenommen hatte, Sport zu studieren. Nun begann sie nach ihrem Abitur 1979 an der EOS, erst einmal ein Medizinstudium. "Ich merkte aber schnell: Das ist es nicht", erzählt Schröder und fügt hinzu: "Ich bin da eisern: wenn ich mir etwas in den Kopf gesetzt habe, dann ziehe ich es auch durch." Gegen den Rat der Ärzte und mit List und Tücke schaffte es Schröder schließlich. Von 1981 bis 1985 studierte sie in Magdeburg Sport und Deutsch, um Lehrerin zu werden.

Dabei war ihr eines immer klar: Schröder wollte nach ihren Studium wieder in ihrer Geburtsstadt arbeiten. "Ich habe eine sehr enge Beziehung zu Köthen und mir war immer klar, dass ich zurück will", betont sie. Daraus wurde jedoch erst einmal nichts. Schröder und ihr zukünftiger Mann, den sie während des Studiums kennen gelernt hatte, landeten wegen der Absolventenlenkung erst einmal im Saalekreis. 1984 und 1985 wurden hier ihre beiden Töchter geboren. Neben Haushalt und Kindererziehung ging Schröder arbeiten, unterrichtete Sport und Deutsch an einer Schule in Löbejün und leitete dort außerdem eine kleine Tanzgruppe. Eine stressige Zeit. Trotzdem: "Ich will diese Erfahrungen nicht missen", sagt Schröder heute.

Der Wunsch, wieder nach Köthen zurückzugehen, war jedoch groß. Und so bewarb sie sich beim Rat des Kreises um einen Job als Sportlehrerin. Sie bekam ihn. "Im September 1990 konnte ich in der Friedensschule anfangen", erzählt Schröder. Mit ihrer Familie zog sie nun nach Köthen, lebte wegen der Wohnungssituation erst einmal mit einer Tochter bei der Oma, während ihr Ehemann mit der anderen bei der Schwester einzog. Bis sie ihren Job in Köthen antreten konnte, fuhr Schröder nun täglich weiter nach Löbejün zur Arbeit. Auf einer dieser Fahrten passierte es: "Im April hatte ich einen schweren Autounfall, brach mir zwei Brustwirbel, musste nochmal ganz von vorne anfangen", erinnert sie sich. Weil sie aber unbedingt in Köthen leben und arbeiten und ihre zugesagte Stelle nicht verlieren wollte, biss sie die Zähne zusammen und stand im September vor ihrer Klasse. "Das ist der Wille. Wenn der da ist, dann geht's", sagt sie.

Nach der Wende arbeitete Schröder als Deutsch- und Sportlehrerin am Gymnasium Rüsternbreite. Tatkräftig unterstützt vom damaligen Schulleiter Hans-Jürgen Twieg baute sie hier die Tanzgruppe auf, die bis heute eine zentrale Rolle in ihrem Leben einnimmt. Auch nach der Fusion der beiden Köthener Gymnasien bestand die Gruppe fort. Sie wächst bis heute und wird inzwischen auch von anderen Tanzlehrern unterrichtet.

"Es kommen auch Kinder von außerhalb, die dabei sein wollten", berichtet Schröder und erzählt davon wie sie gerade mit den Mädchen der vierten, fünften und sechsten Klasse beim Wettkampf in Frankfurt am Main deutscher Vizemeister wurde, erzählt von der Ostertanzrevue, die im Frühjahr Premiere haben soll und davon, dass sie selbst vielleicht manchmal etwas zu ehrgeizig ist.

Neben dem täglichen Tanzunterricht, den Schröder ohne Bezahlung gibt, ist sie weiterhin Sportlehrerin am Ludwigsgymnasium, nimmt einmal pro Woche Steptanzunterricht in Halle und kümmert sich nebenher noch um Familie, Haushalt und Hund. "Die Familie und private Interessen mussten oft hinten anstehen", so Schröder. Ohne den starken Rückhalt ihres Mannes hätte sie die enorme Belastung über die Jahre wohl nicht durchgehalten, erzählt sie.

Warum macht sie sich diesen Stress? "Mit Tanz kann man so viel ausdrücken, anderen Freude bereiten, das fasziniert mich", schwärmt sie.

Das ist wohl auch der Grund, warum ihre Tanzschüler Ute Schröder die Treue halten. Obwohl sie teilweise nicht in Köthen wohnen und viermal in der Woche nach der Schule trainieren. "Das ist anstrengend aber macht total Spaß.

Ich freue mich immer darauf", sagt Franziska Heiduczek (12), schnürt ihre Tanzschuhe und flitzt den anderen in die Halle hinterher.