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Praktikanten als Glücksgriff

Von LOTHAR GENS 26.05.2010, 16:22

AKEN/MZ. - Monika Schoch kommt gern zur Arbeit. Das merkt man schon daran, dass sie so gut wie immer gute Laune hat - obwohl sie trotz einiger Umschulungen und anderen Maßnahmen seit 1990 arbeitslos ist. Das wiederum momentan nicht so richtig, denn sie macht ein Praktikum in der Akener Pension "Drei Kastanien".

Vermittelt wurde sie übers Arbeitsamt in die "Praktikumsmaßnahme zur beruflichen Eingliederung benachteiligter Personen am Arbeitsmarkt" der Euro-Schulen Dessau / Aken, für das unlängst Landes-Wirtschaftsminister Reiner Haseloff in Aken eine nicht unbeträchtliche Fördersumme übergeben hat (die MZ berichtete). Und Monika Schoch ist jetzt glücklich. Denn ab dem 1. Juli wird das, was jetzt noch ihr Praktikumsplatz ist, ihr erster fester Arbeitsplatz seit der Wende sein. Denn die Mutter zweier Kinder wird dann übernommen.

Von Bernd Leider, der die Pension unter dem Dach der Leider und Hummel GbR betreibt. Denn Leider ist sehr zufrieden mit der Arbeit der Akenerin. Zwar war sie früher in einer Großküche tätig und muss jetzt quasi den Job eines Zimmermädchens in den 13 Doppelzimmern der Pension übernehmen. "Aber das hat sie prima in den Griff bekommen", sagt Bernd Leider. Und Monika Schoch bestätigt: "Ich mache alles, was anfällt. Und mir macht das Spaß. Ich habe mir ja nicht umsonst eine Pension als Praktikumsplatz gewünscht."

Was manche nicht für möglich halten - angesichts langer vorheriger Arbeitslosigkeit der Praktikanten: Im Fall der Frau und ihres Arbeitgebers hat es geklappt: Die Interessen stimmen offenbar überein, man versteht sich, und Bernd Leider lobt seine Angestellte in spe: "Auch wenn die Arbeitszeit mal verlagert werden muss, bei Frau Schoch genügt eine Frage, und sie steht auf der Matte."

Ähnlich voll des Lobes ist Leider für seinen zweiten Praktikanten Jens Klotz, der über die gleiche Maßnahme in der Pension "Drei Kastanien" tätig geworden ist. Der allerdings ist hier im "grünen Bereich" beschäftigt. Will heißen, er mäht den Rasen, schneidet die Hecke, beseitigt Unkraut, gießt die Pflanzen, säubert den Zaun, hält die Wege sauber, macht kleine Reparaturen gleich mal selbst . . .

"Das alles selbständig", sagt Bernd Leider. "Am Anfang der Woche wird abgesprochen, was an größeren Dingen zu erledigen ist, und am Ende der Woche ist alles fertig." Darüber hinaus hat Jens Klotz, der mit dem Fahrrad fünf Minuten zu seiner Arbeitsstelle benötigt, angeboten, einfach anzurufen, wenn etwas ist. Dann steigt er auf seinen Drahtesel und ist eins fix drei zur Stelle.

Für den 49-Jährigen ist dieses Praktikum der blanke Glücksfall. Seit sieben Jahren ist der zu DDR-Zeiten gelernte Finanzkaufmann arbeitslos. "Zwar immer mal ein Praktikum oder ein Kleinjob von zwei bis vier Wochen, und dann ist nichts geworden draus", beschreibt er seine bisherige Lage. Teilweise habe er gar kein Geld bekommen. Nun gibt es für ihn zumindest einen Silberstreif am Horizont, denn vielleicht wird auch er übernommen.

Um das Praktikum hatte sich Jans Klotz selbst beworben. Und sich in den "Drei Kastanien" so gut gemacht, dass Leider ihn am liebsten auch fest anstellen würde. Aber der macht gleichzeitig klar, dass das an der wirtschaftlichen Entwicklung der Pension hängt. Wenn es nur nach ihm ginge, könnte Klotz sofort anfangen, wenn er sein zweites Praktikum, das er in Sichtweite in einer Werkstatt absolvieren wird, hinter sich hat.

Überhaupt hat Bernd Leider die Erfahrung gemacht, dass die "älteren Semester" unter den Praktikanten die zuverlässigeren und besseren sind. Er habe schon einmal einen wesentlich jüngeren gehabt, sagt er, da sei fast nichts gegangen. Jens Klotz aber und Monika Schoch - da könne er sich darauf verlassen, dass das, was er anweist, erledigt wird. Und die beiden sehen auch von alleine, wo die Arbeit liegt. Und wenn mal eine Arbeitszeitverschiebung nötig wird, diskutieren sie nicht lange.

"Da sind wir flexibel", lächelt Jens Klotz, der schon immer handwerklich begabt war und zu Hause fast alles selber machen kann und macht. Er weiß: "Wer bei einem solchen Objekt und dem Grundstück von über 10 000 Quadratmetern inklusive dem Teich sagt, es gäbe nichts zu tun, der lügt."

Bernd Leider lügt sicher nicht, wenn er bemerkt, dass die Jobs anstrengend sind. Monika Schoch muss mächtig fix agieren, wenn ein Zimmer schnell fertig sein muss. Jens Klotz hat ebenfalls genug zu tun, was körperlich schlaucht. Aber beide nutzten ihre Chance. Durchaus erfolgreich. Denn Monika Schoch wird eingestellt, Jens Klotz hat die Zusage, dass er es wird, wenn es die Lage hergibt.

Wirtschaftsminister Haseloff hatte angesichts der Fördergeldübergabe an die Euroschulen gesagt: "Es handelt sich um ganz reale Menschen und Schicksale, um die wir uns hier gemeinsam kümmern wollen." Zwei von den 240 Teilnehmern, die die Praktikumsmaßnahme insgesamt absolvieren sollen, sind Monika Schoch und Jens Klotz. Zwei ganz reale Menschen mit ganz realen Schicksalen.