Landgericht Dessau Nach sechs Monaten Verhandlung - Messerangriff auf Köthener bleibt ohne Aufklärung und Strafe
Zwei Gruppen junger Männer waren im September 2021 aneinander geraten. Ein Mann wurde mit einem Messer lebensgefährlich verletzt. Warum die drei Angeklagten mit geringen Strafen davonkamen.

Dessau/Köthen/MZ/TST - Genau sechs Monate hat der Strafprozess gegen drei junge Männer aus Köthen gedauert, es wurden sehr viele Zeugen vernommen.
Der lebensgefährliche Messerangriff auf einen Endzwanziger aus Köthen konnte jedoch nicht aufgeklärt werden. Das härteste, am Montag vom Landgericht Dessau verhängte Urteil war ein Jahr und zehn Monate auf Bewährung wegen gefährlicher Körperverletzung, wobei hier eine Vorstrafe einbezogen wurde. Die beiden anderen Angeklagten kamen mit einer Geldstrafe von 1.500 Euro oder 150 Stunden gemeinnütziger Arbeit davon.
Im September 2021 waren in der Köthener Lohmannstraße zwei verfeindete Gruppen junger Männer aufeinandergetroffen
Zugetragen hatte sich die Tat bereits im September 2021. Gegen 21.40 Uhr waren damals in der Köthener Lohmannstraße zwei verfeindete Gruppen junger Männer aufeinandergetroffen. In der folgenden Auseinandersetzung wurde ein Opfer von einem Teleskopschlagstock an der Schläfe getroffen – dafür wurden die Angeklagten verurteilt. Einer, weil er die Tat ausgeführt hatte, die anderen, weil sie stillschweigend Beihilfe leisteten.
Wer indes auf ein weiteres Opfer eingestochen hatte, blieb bis zum Schluss unklar. Die Vorsitzende Richterin Uda Schmidt sprach in der mündlichen Urteilsbegründung von „erheblichen Entlastungstendenzen“ in den Zeugenaussagen schon während des Ermittlungsverfahrens und auch im Prozess. Die Aussagen waren ungenau, widersprüchlich. Das Opfer, das schlichtend eingreifen wollte, wusste selbst nicht zu sagen, wer von hinten zugestochen habe. Unbeteiligte Zeugen gab es nicht, die Tatwaffe blieb unentdeckt.
Die Mitglieder der beiden Gruppen hatten sich wegen Drogengeschäften zerstritten
Die Mitglieder beider Gruppen, im Übrigen allesamt Deutsche, waren teils miteinander befreundet, bevor sie sich wegen Drogengeschäften zerstritten. Am Tattag feierte die eine Gruppe bei dem später Niedergestochenen, die anderen schickten eine Abordnung, um – erfolglos – irgendwas zu klären. Am späten Abend kam es zunächst zu einem kurzen Aufeinandertreffen, am Ende wurde in einer Gruppe ein interner „Code Red“ ausgegeben. Der Niedergestochene hatte Glück im Unglück: Er wurde von zwei Personen ins nahe gelegene Krankenhaus gebracht und dort sofort operiert,
Dass die Strafen so gering ausfielen, begründete die Richterin mit mehreren Umständen. Zum ersten sei der Schlag mit dem Schlagstock nicht besonders hart ausgeführt worden – so lag juristisch kein Totschlag vor, sondern „nur“ eine gefährliche Körperverletzung.
Zum anderen hätten alle Angeklagten sich seither nichts mehr zuschulden kommen lassen, zwei von ihnen hätte die Untersuchungshaft ebenso beeindruckt wie alle drei die Folgen der Tat. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.