Nach dem Hochwasser Nach dem Hochwasser: Nicht jeder nimmt den Umweg

aken/MZ - Die Situation am Elberadweg scheint sich auch im Bereich Aken weiter zu normalisieren. Seit die Fähre bei Steutz wieder auf die Akener Elbseite übersetzt, kommen wieder mehr Radtouristen. Das freut auch Gabriele Heenemann, die eine kleine Pension in der Köthener Chaussee 83 betreibt.
Wie die MZ Anfang Juli berichtete, hatte die Akenerin schwer mit den Folgen des Hochwassers zu kämpfen. Vor allem der Frühstücksraum und die Privatwohnung standen knietief im Wasser.
„Ich lasse mich nicht unterkriegen“, hatte die 59-jährige Pensionswirtin der MZ beim ersten Besuch versichert. Nun sind nicht einmal drei Wochen vergangen und die Pension hat wieder geöffnet. „Wir haben schon am 10. Juli die ersten Gäste empfangen“, berichtet die Akenerin.
Auch wenn einiges noch etwa provisorisch ist, hat die kleine Pension nichts von ihrer Gastlichkeit eingebüßt. Vorrübergehend wurden die Büroräume zum geschmackvollen Speisesaal umgerüstet. Zu den ersten Gästen zählten Akener Geschäftskunden. Inzwischen machten aber auch Tagesgäste aus der Schweiz, aus Österreich, aus Tschechien und Holland bei Heenemanns Station. „Selbst aus Amerika hatten wir schon wieder Gäste hier“, freut sich Gabriele Heenemann, deren Pension im englischsprachigen „Bikeline“ (Reiseführer für Radtouristen) zu finden ist.
"Einen geraden Rücken habt ihr Akener immer gehabt"
„Manche Gäste, die uns kennen, kommen gezielt, um uns zu unterstützen“, sagt Heenemann. Besonders gefreut habe sie sich über die herzlichen Worte in einem persönlichen Brief von Peter Wessel, Bürgermeister von Akens Partnerstadt Erwitte, der kürzlich eine Spende von 115 000 Euro im Akener Rathaus übergab (die MZ berichtete). „Einen geraden Rücken habt ihr Akener immer gehabt, und den müssen Sie trotz dieser Katastrophe behalten“, schreibt Wessel an Gabrile Heenemann. Auch er gehört zu den Stammgästen der kleinen Pension und will zum Akener Stadtfest wieder dort übernachten, wie er der MZ bei seinem Spenden-Besuch in Aken erzählte.
„Da sind wir schon wieder voll ausgebucht“, freut sich Gabriele Heenemann und ist optimistisch, dass auch die anderen Hürden noch genommen werden. Allerdings werde die Trockenlegung des eigentlichen Frühstücksraumes und der Wohnräume vermutlich noch viel Zeit in Anspruch nehmen.
Während der Pensionsbetrieb bei den Heenemanns wieder anläuft, kämpfen sich die Radler an der Landesstraße 63 in Richtung Dessau über Schotterberge. Offiziell ist das Teilstück des straßenbegleitenden Radeweges zwischen Aken und Dessau noch nicht wieder durchgängig befahrbar.
„Die Leute tun das auf eigene Gefahr“, sagt Dieter Kühnold, einer der zehn Fahrradwächter der BVIK, wovon vier im Bereich Aken tätig sind. Normalerweise betreuen sie die Touristen auf dem Europaradweg R 1.
Doch dieser verschmilzt in Richtung Dessau mit dem Elberadweg. Deshalb ist Kühnold im Moment täglich nahe der Straßenbaustelle an der L63 zu finden, wo er Radler berät, wie sie auf einem Umweg auf dem R1 über Reppichau, Chörau und Mosigkau wieder auf den Elberadweg in Richtung Dessau gelangen.
"Wir wollten die Akener Gastronomie etwas unterstützen"
„Das ist uns viel zu weit“, erklärt ein Ehepaar aus Dessau, das gerade auf der Rückfahrt vom Akener Fährhaus ist. Die beiden über 70-Jährigen erklären, dass sie sich auskennen, gleich in der Nähe wohnen und das unwegsame Gelände an der Straße gern in Kauf nehmen, um den „langen Umweg“ nicht fahren zu müssen. „Wir wollten die Akener Gastronomie etwas unterstützen“, begründen sie ihren Fahrradausflug.
Anderen Touristen erklärt Kühnold mit Erfolg dass sich der Umweg über Reppichau durchaus lohnt, weil das Freilichtmuseum zum Kunstobjekt Sachsenspiegel sehr sehenswert ist.
Der 63-Jährige ist täglich mindesten 50 Kilometer mit dem Fahrrad unterwegs und kennt den Zustand der Wege genau. Der große Elbrundweg bei Aken, der direkt an der Elbe entlang führt, „ist total versandet“, weist er auf ein Foto das er mit der Digitalkamera dort gemacht hat. Da gebe es auch noch Senken, die schwer passierbar sind. Offenbar gibt es aber auch dort Unentwegte, die diese Mühen nicht scheuen. Doch freigeben könne man die Wege nicht, weil er noch zu viele Gefahren berge, sagt der Fahrradwächter.
Auch Baggerfahrer Uwe Deckert, der im Auftrag der Firma KTSB an der L63 den Schotter beseitigt, beobachtet täglich Radtouristen, die teils aus Unkenntnis, teils aus Zeitgründen, den Umweg scheuen. „Die lassen wir natürlich durch“, sagt er. „Wenn die so durchgeschwitzt hier ankommen, kann man sie doch nicht zurückschicken.“
