Moped-Führerschein mit 15 Moped-Führerschein mit 15: Modellversuch macht Schule

Köthen - „Wann machen wir denn die erste praktische Stunde?“ Detlef Mußdorf muss seine Schützlinge noch etwas um Geduld bitten. „Ich bin vor ein paar Tagen die ersten Kilometer nach der Winterpause mit dem Motorrad gefahren. Es war drei Grad warm, aber auf dem Bike doch noch ziemlich frisch“, entgegnet der Fahrlehrer. „Es sollten doch wenigstens acht Grad sein“, fügt er hinzu.
Die Ungeduldigen sind in diesem Falle vier junge Leute im Alter von 14 und 15 Jahren. Sie wollen den Moped-Führerschein für 15-Jährige erwerben. Drei von ihnen haben die Theorie in den Wintermonaten schon erfolgreich absolviert. Nun kribbelt es in Händen und Füßen, wollen sie den praktischen Teil schnell hinter sich bringen, um dann selbst mit dem eigenen Motorroller oder Moped zu fahren und eine neue Freiheit zu genießen. Normalerweise ist das Mopedfahren erst ab 16 Jahren gestattet.
Das Modell macht Schule
Beim Modellversuch „Moped mit 15“ handelt es sich um ein Pilotprojekt des Bundesministeriums für Verkehr, mit dem im Mai 2013 begonnen wurde und das bis Ende April 2018 dauert. Daran beteiligt sind die Bundesländer Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt. Und wie die Zahlen belegen, erfreut sich das Projekt bei den jungen Leuten großen Zuspruchs. Gab die Fahrerlaubnisbehörde des Landkreises Anhalt-Bitterfeld im Jahr 2013 noch 26 Führerscheine der Klasse AM (15) - so die offizielle Bezeichnung - aus, waren es im Jahr 2014 bereits 70 und im vergangenen Jahr 67.
„Seit Mai 2013 haben bei mir insgesamt 50 Mädchen und Jungen die Ausbildung zu diesem Führerschein erfolgreich absolviert. Gerade mal einen Durchfaller gab es in dieser Zeit“, berichtet Detlef Mußdorf. Es seien längst nicht nur Jungen, die möglichst zeitig Moped fahren wollen. „Das Motorrad ist auch bei Mädchen stark im Kommen. Sie stehen den Jungs in nichts nach“, sagt der 50-Jährige.
Das halten die Jugendlichen vom Projekt
Zoe Siegmund (15) aus Kleinpaschleben möchte mobiler als bisher sein. „Die öffentlichen Verkehrsverbindungen sind ja nicht so berauschend“, sagt sie. Außerdem müsse sie dann nicht immer die Eltern betteln, wenn sie mal irgendwo hin wolle. Ein Simson-Moped S 51 steht für Zoe schon bereit. „Es ist ein Familienerbstück, schon mein Uropa hat es gefahren“, berichtet sie. Das Geld für den Mopedführerschein hat sie sich gespart. Wenn die praktische Prüfung bestanden ist, will Zoe Siegmund mit ihrem Moped zur Schule und zum Sport fahren.
„Busfahren dauert lange und ich will nicht mehr so abhängig von den Eltern sein“, erklärt Lucy Schönburg (15) aus Glauzig, warum sie den Moped-Führerschein haben möchte. Die Theorieprüfung müsse sie noch machen, dann folge der praktische Teil. Sie freut sich schon auf die warme Jahreszeit. Dann will sie mit ihrem Roller Ausflüge unternehmen. „Ich warte auf schönes Wetter, damit wir endlich fahren können“, sagt Alexander Sopart (15). Der Köthener will mit seiner Simson S 50, die schon bereit steht, einfach unabhängiger sein und das Moped nutzen, um schneller als bisher zum Training zu kommen.
„Man ist mobil und nicht mehr auf andere angewiesen“, äußert Marc Sachse (14), der in Trebbichau an der Fuhne wohnt. Bei schönem Wetter zur Schule fahren, im Sommer zum Baden oder zu Freunden - darauf freue er sich schon. An Mopeds hat er gleich zwei Simson-Modelle zur Auswahl, sein Vater sammle solche Zweiräder. „Der Führerschein mit 15 ist eine gute Sache“, meint Marc Sachse und spricht damit auch den anderen drei jungen Fahrschülern aus dem Herzen.
„Ich freue mich, dass es jetzt wieder möglich ist“, sagt Fahrlehrer Detlef Mußdorf. Damals in der DDR habe er auch mit 15 seinen Mopedführerschein gemacht. Mußdorf geht es aber nicht um Nostalgie, sondern um die heutigen Bedingungen in der Region.
„Viele junge Leute müssen mobil sein, weil sie sonst gar nicht oder sehr schwer zu ihrer Lehrstelle kommen“, nennt er einen praktischen Aspekt. Er wisse von zahlreichen Geschäftsführern, dass sie bei der Einstellung von Azubis diejenigen bevorzugen, die eine Fahrerlaubnis haben und dadurch flexibel sind. Der AM (15) sei die Vorstufe für die Motorradklasse A1. „Die kann man mit 16 machen und braucht dafür nur noch zwölf Sonderfahrstunden“, erläutert Mußdorf. (mz)
Weitere Informationen im Internet: www.bmvi.de
