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Mendez sieht kein ehrliches Bedauern

19.08.2005, 16:17

Gröbzig/MZ/hda/mb. - Betroffen zeigten sich die Gröbziger Stadträte während ihrer Sitzung am Donnerstagabend über den Vorfall, der sich einen Abend zuvor in der Stadt ereignete und über den Stadtrat Bernhard Reichel informierte. Zwei alkoholisierte Jugendliche hatten Teilnehmer des im Museum Synagoge stattfindenden Internationalen Sommercamps mit fremdenfeindlichen Parolen beschimpft und tätlich angegriffen (die MZ berichtete). Dank sofort aufgenommener polizeilicher Ermittlungen konnten die beiden Jugendlichen gefunden werden und sie haben die Tat eingeräumt.

Bei Beschimpfungen und dem Werfen von Bierflaschen, wie von der Staatsanwaltschaft mitgeteilt, sei es aber nicht geblieben, machte Dr. Marion Mendez, Leiterin des Museums Synagoge, deutlich. Sie habe einen Teil der Gruppe, die vom Essen aus der Gaststätte "Parkklause" kam, in die Synagoge geführt. "Andere, die später vom Essen gekommen sind, haben mir berichtet, dass einer der Angreifer versuchte, einen der Camp-Jugendlichen mit einem ,Kungfu-Tritt' zu treffen", berichtete sie. Dieser habe den Tritt aber abwehren können.

Im übrigen hätten die Attacken auch den deutschen Camp-Jugendlichen gegolten, "vermutlich, weil wir uns alle auf Englisch unterhalten haben". Frau Mendez hatte die Angreifer aufgefordert, ihre Attacke sein zu lassen und anschließend die Polizei alarmiert, die auch schnell vor Ort erschien.

"Parkklause"-Wirt Bernhard Reichel ist stocksauer auf die beiden Täter. Die er schon seit längerem kennt, da er zum einen im Gröbziger Stadtrat Ansprechpartner für Jugendfragen ist, das Duo zum anderen öfter in seiner Gaststätte zu finden ist. "Die haben im Park ihren Treff, wo sollen sie auch sonst hin", sagt Reichel. "Das sind keine Rechten", ist sich Reichel sicher. "Die sind noch nie wegen so etwas aufgefallen. Und die hätten so etwas nie gemacht, wenn sie nicht zu viel getrunken hätten." Beide hätten auch sofort aufgehört, als Reichel aufgetaucht sei: "Wenn ich zwei Minuten früher gekommen wäre, wäre gar nichts passiert."

Reichel hat die beiden jungen Leute aufgefordert, sich zu entschuldigen und sie am Donnerstagnachmittag zur Synagoge begleitet. Die Jugendlichen kamen Reichels Forderung auch nach. Marin Mendez sah darin aber kein ehrliches Bedauern. "Es war keine Entschuldigung aus freier Entscheidung", sagte sie der MZ. Sie habe die beiden Jugendlichen aber eingeladen, sich die Performance am Abend anzuschauen. "Das haben sie auch gemacht und waren von der modernen Vorstellung angetan", äußerte Bernhard Reichel.

Das Ereignis vom Mittwochabend hat sich bei den Camp-Teilnehmern tief eingeprägt. Als bekannt wurde, dass die beiden Angreifer zur Performance kommen würden, seien die Meinungen auseinander gegangen, schilderte die Museumsleiterin. "Einer der Akteure, der angegriffen wurde, lehnte es daraufhin ab, mitzuspielen. Er war von dem Vorfall sehr betroffen", schilderte sie. "Was da am Mittwoch passiert ist, zeigt einmal mehr, wie wichtig unsere Arbeit für Toleranz und gegen Fremdenfeindlichkeit ist", äußerte die Museums-Chefin.

Die Performance als Ergebnis des dreiwöchigen Camps musste am Donnerstagabend gleich zweimal aufgeführt werden, da bei der ersten Vorstellung nicht alle Zuschauer in der Synagoge Platz hatten. Auch Gröbziger Stadträte wohnten der Performance bei. Sie hatten ihre Ratssitzung extra dafür abgebrochen. Die noch zu behandelnden Themen werden kommenden Montag abgearbeitet. Kurz vor Beginn der Veranstaltung im Museum Synagoge postierten sich übrigens zwei Polizeibeamte in einem Streifenwagen in der Langen Straße.