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Tiermast in Maasdorf Mehrere Verfahren wegen Missstände: Düstere Zukunft für umstrittenes Schweinehochhaus in Maasdorf

Von Hagen Eichler 09.10.2018, 14:35
Die als „Schweinehochhaus“ bezeichnete Ferkelzuchtanlage in Maasdorf.
Die als „Schweinehochhaus“ bezeichnete Ferkelzuchtanlage in Maasdorf. dpa-Zentralbild

Magdeburg - Der Verein Deutsches Tierschutzbüro weiß, wie man Menschen das traurige Leben einer Zuchtsau nahebringt. „Stellen Sie sich vor, Sie werden gegen Ihren Willen in einem Hochhaus eingesperrt, das Bewegen oder Umdrehen ist Ihnen nicht möglich“, heißt es in einem Protest-Schreiben auf der Petitionen-Plattform change.org.

„Ihre Kinder werden Ihnen entrissen. Einige Ihrer wehrlosen und unschuldigen Ferkel werden sogar brutal totgeschlagen, weil sie aus Sicht der Menschen vor Ort wertlos sind. Keines Ihrer Kinder sehen Sie jemals wieder. Sie haben Schmerzen, doch niemand kümmert sich um Sie.“ 280.000 Menschen haben diese Sätze über das Schweinehochhaus Maasdorf im Landkreis Anhalt-Bitterfeld gelesen – und sich der Forderung angeschlossen: Die Anlage muss weg.

Bilder zeigen gequälte Ferkel im Schweinehochhaus Maasdorf

Drei Jahre lang hatte der Verein für den Abriss geworben. Zum Abschluss der Aktion übergab Vereinsvorsitzender Jan Peifer am Dienstag im Magdeburger Umweltministerium einen symbolträchtigen Vorschlaghammer. „Die Bevölkerung möchte so etwas nicht. Es ist ein Unding, dass es so etwas gibt“, sagte Peifer. Sein Verein weiß, dass es die industrielle Tierhaltung gibt, weil Kunden gern zu billigem Fleisch greifen. Das Tierschutzbüro wirbt daher auch für vegetarische oder vegane Ernährung.

Derzeit steht das Schweinehochhaus leer. Zu Jahresbeginn hatten Tierschützer Bilder veröffentlicht, die mit versteckten Kameras aufgezeichnet wurden. Unter anderem wurden Ferkel auf den Boden geschlagen, bis sie tot waren. Ministerin Claudia Dalbert (Grüne) sprach von „widerlichen“ Zuständen, bei einer Kontrolle stellten die Behörden zahlreiche Verstöße fest. Der Betreiber, die HET GmbH, kündigte an, die Schweinehaltung künftig „noch tier-, menschen- und umweltgerechter“ fortzuführen.

HET-Geschäftsführer Michiel Taken zum Schweinehochhaus: „Wir wollen aber dieses Objekt halten“

Auf das Hochhaus will die Firma aber offensichtlich nicht verzichten. Vor zwei Wochen erst erklärte HET-Geschäftsführer Michiel Taken auf MZ-Nachfrage, das Ziel sei eine weitere Nutzung. Zwar gebe es noch keinen Zeitplan für den Umbau. „Wir wollen aber dieses Objekt halten und es wieder in Betrieb nehmen. Wir haben eine Genehmigung für das Objekt.“

Das sieht das Landwirtschaftsministerium anders. „Wenn das Haus ganz leer gezogen ist, muss der Betreiber die Genehmigung nach einem Umbau neu beantragen“, sagte Staatssekretär Ralf-Peter Weber. Würde eine Sauenzuchtanlage in einem Hochhaus heute überhaupt noch genehmigt? Weber legt sich nicht fest. Nur einen Satz sagt er: „Mir wäre es lieber, es würde neu gebaut.“

Kritischer Punkt ist aus seiner Sicht der Brandschutz. Die Baugenehmigung für das Hochhaus wurde 1968 erteilt. Die Tiere können das Haus nur über einen Aufzug verlassen, im Fall eines Feuers wäre eine Rettung nicht möglich. Es gebe nicht einmal ein Brandschutzkonzept, erklärte die Landesregierung 2015 auf Anfrage der Grünen-Abgeordneten Dorothea Frederking.

Kontrolle alle 24,4 Jahre in tierhaltenden Betrieben

Immer wieder stehen große Mastbetriebe und deren Kontrollen in der Kritik. Im August gab die Bundesregierung auf Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion bekannt, in Sachsen-Anhalt würden tierhaltende Betriebe rechnerisch im Schnitt alle 24,4 Jahre kontrolliert.

Gerichte halten den Einsatz der Behörden für absolut unzureichend. Das Oberlandesgericht Naumburg hatte deshalb sogar eine Strafe für drei Tierschützer abgelehnt, die illegal in einen Stall eingedrungen waren. Die drei hätten schließlich Mängel aufgedeckt, argumentierte das Gericht. (mz)