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Köthen Köthen: Party-Ära nähert sich ihrem Ende

Von STEFANIE GREINER 29.06.2009, 15:21

KÖTHEN/MZ. - Entsprechende Gerüchte hatte es in den vergangenen Jahren häufiger gegeben. Bis vor Kurzem lösten sich spekulative Meldungen dieser Art immer wieder in Luft auf. Jetzt scheint die Lage wirklich ernst zu sein.

Nachdem die Schließung auf der Homepage der Diskothek offiziell verkündet worden war, häuften sich im Gästebuch die Einträge schockierter Zelt-Fans: "Das könnt ihr doch nicht machen." "Es war das Beste, was man weit und breit geboten bekam." "Wo sollen wir denn in Köthen noch hingehen?"

Für viele war die Diskothek ein jahrelanger Anlaufpunkt. Eingefleischte Fans kamen jedes Wochenende - freitags und samstags. Die ausgelassenen Partynächte im Zelt sind nun womöglich vorbei. Anlässlich der "Happy Days" am Samstagabend fand die vorerst letzte große Sause statt. Zahlreiche Fans strömten ins Zelt. Die Diskothek war bereits vor Mitternacht ordentlich gefüllt. Viele weitere Besucher standen währenddessen noch an. Zwei mindestens 30 Meter lange Warteschlangen hatten sich an den Eingängen gebildet. "Der Glamour von Köthen geht verloren", bedauerte Julia Berger, die mitten im Getümmel stand.

"Unsere Jugend geht dahin", verdeutlichte Susann Heikroth. Für Doreen Hinkler geht mit der Schließung der Diskothek eine Party-Ära zu Ende, die vor zwölf Jahre begonnen hatte. Ein ebenso langer Zelt-Gast ist Stefan Julius. "Es gab Zeiten, da war ich Freitag und Samstag hier", erzählte er. "Man kann sich Köthen nicht ohne Zelt vorstellen", bemerkte Stefanie Zober, die seit einigen Jahren als Barkeeperin arbeitet. Für die Servicekräfte bedeutet die Schließung einen finanziellen und persönlichen Verlust.

"Das Zelt ist etwas Einzigartiges", hob Garderobier Felix Hausmann hervor. Dieser Meinung war auch DJ R.I.M. Er lobte die gemütliche Atmosphäre und die gute Organisation. "Ich habe hier meine Jugend verbracht", erinnerte sich Katja Falkenberg, die seit sechs Jahren in der Diskothek arbeitet. "Man erlebt hier so viel", bemerkte ihre Kollegin Sabrina Kühne. Die Barkeeperin trug ein hellblaues T-Shirt mit der Aufschrift "18 Jahre ... der Letzte macht das Licht aus ...".

Sollte sich kein Investor für die Diskothek finden, dann geht das Party-Licht in einigen Monaten tatsächlich für immer aus. Wie ernst die Lage ist, verdeutlichte Michael Gieseler im MZ-Interview. "Das ganze Jahr sah es schlecht aus", erklärte der Geschäftsführer. Pro Veranstaltung seien 800 Gäste nötig, um den Kostenaufwand zu decken. In den vergangenen Monaten habe man teilweise nicht einmal die Hälfte davon erreicht.

Für den Rückgang der Besucherzahlen, so Michael Gieseler, kommen verschiedene Gründe in Betracht. "Für die Jugendlichen ist das Leben schwieriger geworden", hob der Geschäftsführer hervor. Die schlechte Lage auf dem Arbeitsmarkt und steigende Lebenskosten schlagen sich im Geldbeutel nieder. Der Diskothekenbesuch sei für einige junge Leute finanziell nicht mehr erschwinglich.

"Ich kann verstehen, dass sich viele das nicht mehr leisten können", drückte Michael Gieseler sein Verständnis aus. Geburtenschwache Jahrgänge und eine damit verbundene sinkende Zahl potenziellen Publikums könne eine weitere Ursache sein. Erhebliche Schwächen hinsichtlich des Konzeptes schloss der Geschäftsführer aus. "Wir werfen uns keine Fehler vor", betonte er.

Vor sechs Jahren hatte Michael Gieseler die Geschäftsführung der Diskothek übernommen. Er kümmert sich insbesondere um Personalfragen und Gastronomie. Sein Geschäftspartner Christian Penkuhn - auch bekannt als DJ C.H.R.I.S. - ist für Programm und Marketing zuständig. Mit dem Betreiberwechsel hatte sich auch das Konzept verändert. Am Freitag wurde statt Gothic leichter Indie-Rock gespielt. Im Herzstück der Diskothek, dem "großen Zelt", erklangen zunehmend Party-Hits und Hip-Hop-Beats. Die Samstagsveranstaltungen blieben insbesondere dem Techno vorbehalten. Bekannte DJs und Live-Bands sorgten für frischen Wind. Beach Partys, Single Nights und Happy Days wurden zu Publikumslieblingen.

Die Geschäftsführer hoffen, dass sich jemand bereit erklärt, die Diskothek weiter zu betreiben. Sollte sich kein Käufer finden, dann wird das Zelt abgebaut. Ein Karlsruher hat sein Interesse an der Hülle bekundet. Die Innenausstattung, so Michael Gieseler, könne zu 80 Prozent nicht weiter verwendet werden. Viele Dinge seien Maßanfertigungen, die abgerissen werden müssen. Das Kleinmobiliar werde veräußert.

Dieses Wochenende bleiben die Türen der Diskothek zu. Bis zur vermutlich endgültigen Schließung hat das Zelt an folgenden Tagen erneut geöffnet: 10., 18. und 24. Juli, 7., 15. und 21. August, 11. und 26. September. Dann wird bekannt gegeben, was mit der Diskothek passiert.