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Köthen Köthen: Johnny Hill rührt sein Publikum

Von stefanie greiner 05.11.2012, 19:11

köthen/MZ. - Es ist die Geschichte eines kleinen Jungen, der an den Rollstuhl gefesselt ist. Die Geschichte eines einsamen Kindes, das über das Funkgerät seines verstorbenen Vaters mit einem Lkw-Fahrer spricht. Auch mehr als 30 Jahre, nachdem Jonny Hill ebendieses Schicksal zu Papier gebracht hat, rührt der Song "Ruf Teddybär eins-vier" die Besucher seiner Konzerte noch immer zu Tränen. "Es war, als hätte mir jemand die Hand geführt", sagt der mittlerweile 72-jährige Musiker. Am Donnerstagabend gastierte Jonny Hill im Johann-Sebastian-Bach-Saal des Köthener Veranstaltungszentrums. Marina und Hartmut Schulze aus Elsnigk ließen sich das zweistündige Konzert nicht entgehen. In Merseburg hatte das Ehepaar den Österreicher schon einmal auf einer Bühne erlebt. Und war begeistert. Als Marina Schulze in der Zeitung las, dass Jonny Hill nach Köthen kommt, war das Geburtstagsgeschenk für ihren Mann gesichert.

"Ich höre ihn gern", sagte Hartmut Schulze am Donnerstag. "Ruf Teddybär eins-vier" und "Rosen für Mama" gehören zu seinen Lieblingssongs. Es sind vor allem die ergreifenden Geschichten aus dem wahren Leben, die den Mann aus Elsnigk zu einem Fan des Musikers machen. Karten für das Konzert im benachbarten Köthen - ein schöneres Geschenk hätte ihm seine Frau nicht machen können.

Mit seiner unverwechselbaren Stimme und seinen herzzerreißenden wie auch aufmunternden Songs gelang es dem 72-Jährigen sein Publikum in Windeseile für sich zu gewinnen. Ein Kinderspiel für Jonny Hill, der seit rund 40 Jahren auf der Bühne steht. Und dennoch oder gerade deshalb machte er deutlich: "Es gibt für einen Künstler nichts Schöneres, als wenn einem einer zuhört."

Wer sich auf die Geschichten des Musikers einließ, bekam nicht selten einen Spiegel vorgehalten. So besang er in seiner neuen Single "Dabei wär' es doch so leicht" eine Situation, die vermutlich jeder kennt: Eine kleine Meinungsverschiedenheit mit dem Partner, die durch ein unangebrachtes Wort zu einem ernsthaften Streit ausartet. Und letztlich die Erkenntnis, dass der Auslöser völlig belanglos war. Jonny Hill ist eben nicht nur ein Musiker, dessen Songs eine makellose Gefühlswelt und grenzenlose Menschlichkeit widerspiegeln. Er ist vor allem auch ein Mann, der sich nicht vor sensiblen Themen drückt. "Ich schreibe viele meiner Lieder selbst", sagte er bei seinem Konzert in Köthen. Er lasse sich von Erlebtem inspirieren.

Marina Schulze gefallen nicht nur seine Songs, die aus dem Leben gegriffen sind. "Es ist seine ganze Art, wie er auftritt", sagte die Frau aus Elsnigk. Jonny Hill erzählte von seiner Ehe. Er plauderte über Erlebnisse, die ihn geprägt haben. Und machte nicht zuletzt deutlich, dass er sich noch lange nicht wie ein 72-Jähriger fühlt - wäre da nicht dieser fiese Hexenschuss, der ihn am Morgen "überfallen" hatte, als er seinen Koffer ins Auto hieven wollte. "Normalerweise mache ich an dieser Stelle einen Salto", sagte der Musiker am Ende des Songs "Heute schon gelebt?". Eine Anmerkung, die von seiner Selbstironie zeugte.

Jonny Hill versteht es nach wie vor, sein Publikum zu überzeugen. Mit Humor und mit Songs, die sich regelrecht ins Herz brennen. So wie "Ruf Teddybär eins-vier". Bis zur Zugabe ließ der 72-Jährige seine Fans zappeln. Erst dann stimmte er die rührende Geschichte des kleinen Jungen an, dem gleich mehrere Lkw-Fahrer einen sehnlichen Wunsch erfüllten.