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Köthen Köthen: Eisgekühlt und mit Duosan-Geruch

Von UTE HARTLING-LIEBLANG 10.05.2011, 17:38
Gunar Springer, Stefan Behlert und Jens Degenhardt (v. l.) von der Firma Insituform beim Einführen der Schläuche in den Abwasserkanal. (FOTO: LOTHAR GENS)
Gunar Springer, Stefan Behlert und Jens Degenhardt (v. l.) von der Firma Insituform beim Einführen der Schläuche in den Abwasserkanal. (FOTO: LOTHAR GENS) CARDO

KÖTHEN/MZ. - Die MZ war neugierig und ging den Dingen auf den Grund: "Wir brauchen das Eis, um die Schläuche aus Polyesternadelfilzgewebe zu kühlen", deutete Gunar Springer von der Firma Insituform Rohrsanierungstechniken GmbH auf den Materialhänger hinter dem großen Lastkraftwagen, der am Dienstag den ganzen Tag über in der Marktstraße stand und ein ratterndes Geräusch von sich gab.

2 500 Meter Kanal

Im Auftrag des Abwasserverbandes (AV) ist die Spezialfirma aus Ilmenau nicht zum ersten Mal in Köthen im Einsatz, bestätigt Björn Primke vom AV. Diesmal sorgt sie für die Sanierung von 2 500 Meter Abwasserkanal im Innenstadtbereich, davon 113 in der Marktstraße. Seit etwa zwei Wochen sind Springer und seine Kollegen Jens Degenhardt und Stefan Behlert rund um den Marktplatz bis hin zur Magdeburger und Leipziger Straße im Einsatz.

In etwa 17 Straßen sollen auf diese Weise bestehende Abwasserkanäle saniert werden, deren Steinzeugrohre zum Teil schon über 100 Jahre im Boden liegen. "Das ist natürlich nur dort möglich, wo es nicht zu Verformungen der Rohre gekommen ist oder gar Einstürze drohen", sagt Primke. "Die Firma Insituform ist übrigens der größte Sanierer Deutschlands", erklärt er. Bei einer Ausschreibung des AV hatte sich die Firma laut Primke als "wirtschaftlichste und leistungsfähigste" herausgestellt.

Rund eine halbe Million Euro investiert der Köthener Abwasserverband in die Sanierung. Das sind - schätzt Primke - nur etwa zehn Prozent der Summe, die benötigt würde, wenn die Kanäle in offener Bauweise erneuert werden müssten, zumal die Ausschreibung im Paket erfolgte. Außerdem würde sonst Jahre dauern, was nun innerhalb weniger Wochen erledigt ist. Auch Straßendecken müssen nicht aufgerissen werden, weil die Schläuche durch die Kanalschächte eingeführt werden.

In der Marktstraße mussten die Anwohner nur einen Tag mit Einschränkungen leben. "Sie wurden vorher durch Handzettel informiert, was hier passiert und gebeten, möglichst sparsam mit Wasser umzugehen", erklärt Primke. Die Toiletten konnten aber normal benutzt werden.

Mit Luftdruck eingeführt

Zum Verfahren erklärte Vorarbeiter Gunar Springer, dass die bereits in Ilmenau auf Maß gebrachten Filzschläuche, die mit dem Polyesterharz getränkt sind und einen Nenndurchmesser zwischen 150 und 600 Millimeter haben, mittels leichten Luftdrucks und mit Hilfe eines Einbauroboters in den vorhandenen Kanal eingeschoben werden. Dabei werden die von außen mit einer Schutzfolie versehenen Schläuche umgestülpt und mittels Wasserdampf ausgehärtet. "Das kann zu einer vorrübergehenden Geruchsbelästigung führen", sagt Springer. "Es riecht so ähnlich wie der DDR-Klebstoff Duosan", vergleicht der Ilmenauer. Der Grund dafür ist das Lösungsmittel im Harz, von dem nach Auskunft der Fachleute aber keine Gesundheitsgefährdung ausgeht. Außerdem trete der Geruch nur kurzzeitig auf.

Nachdem der Schlauch in den Kanal eingeführt wurde, bildet er im Inneren sozusagen eine Art schützende Verkleidung. Das Verfahren ist bereits über 40 Jahre auf dem Markt, erläutern die Fachleute. "Die in London 1970 eingebauten Liner, wie die Schläuche in der Fachsprache heißen, sind noch immer in Ordnung", hat sich Primke belesen. Der Verband selbst wird innerhalb der fünfjährigen Mängelbeseitigungsfrist eine Kanalbefahrung durchführen, um sich von der Haltbarkeit zu überzeugen.

Nach Einführung der Schläuche in den Kanal kommen noch zwei Fräsroboter zum Einsatz. Sie sorgen dafür, dass zum Beispiel die 45 Hausanschlüsse in der Marktstraße am Dienstag wieder punktgenau freigefräst wurden und jeder Haushalt am Abend wieder am Kanalnetz war. Dafür ist als Subunternehmen die Firma Clean zuständig. Bisher sei alles reibungslos verlaufen, bestätigen Primke und Springer.