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«Ihr friert euch noch den ,Pips' ab»

Von Raimund Leonhardt 19.02.2007, 17:02

Köthen/MZ. - "Den Monitor fahren sie euch heute noch um", warnte Uwe Stößel das Ü-Wagen-Team des MDR-Fernsehens. Der Bühnenmeister des Theaters hatte sich wie alle Jahre wieder auf den Brettern gegenüber der Persiluhr aufgebaut, um den Zug zu kommentieren. Ein paar Ecken weiter stand Co-Moderator Dirk Popp vor der "Grünen Tanne" und heizte die Massen mit flotten Sprüchen auf.

"Wir werden diese Bühnen nie vergessen", sangen die Kukaköthener. Sie alle hoffen trotzdem: "Vielleicht kann man sie irgendwie noch retten!" "Ihr friert euch noch den ,Pips' ab" bedauerte Stößel die Mädels vom Ballett. Der "Pips" ist zwar eine Geflügelkrankheit, aber hier meinte Stößel etwas anderes. Vielleicht die "Knöpfchen"? Umgangssprachlich steht "Pips" auch für "erkältet sein". Das kommt der Sache schon näher.

An der Ecke Ludwigstraße grüßte die Polizei den Leutnant von Köthen: Wolfgang Pelke stand in seiner NVA-Uniform am Bierwagen und nahm sozusagen die Parade ab. "Die Uniform ist echt", strich sich Pelke über das grüne Tuch, "die habe ich 1973 bis '76 wirklich getragen."

Effi Gyrerow hingegen hatte vor allen Dingen ein Auge auf die fliegenden Bonbons, Fruchtgummis und Schokotäfelchen, die von den Wagen herab regneten. Geschickt fing sie die Kamellen mit einem zu diesem Zweck umgestülpten grünen Schirm auf und schüttete den Inhalt immer wieder in einen schon halb gefüllten Bonbonrucksack.

Das Thema Theater griffen auch die Mitglieder des Köthener Malzirkels auf, die ein paar echte Theaterstühle auf ihrem Wagen dabei hatten. Auf einem saß Garderobenfrau Hertha Knopp. "Es ist schon bedrückend, dass unser Theater schließen muss", meinte eine der Malerinnen. "Auch wir werden bis zum Schluss hoffen. Aber ob es helfen wird?" Magdalena Firesch, die wie die anderen in Kostümen der zwanziger Jahre gekommen war, hatte sich sogar einen echten Fuchspelz mit Kopf und drei Schwänzen über die Schulter geworfen. "Das soll Glück bringen." Für viel Aufsehen sorgten auch in diesem Jahr die Judokas des VfL-Köthen. Gerti Rutsche und seine Sportskameraden liefen in Mini-Schwesternkitteln im Zug mit und zeigten viel Bein. Ihr Slogan: "Knappe Mittel, knappe Kittel" womit sie auf die Privatisierung des Krankenhauses anspielten. Die Kleinen aus der Kita "Spatzennest" fuhren auch auf einem Theaterwagen, hatten aber ihre eigene Forderung auf die Bretter des Wagens geschrieben: "Wir brauchen für die Bildung mehr Geld", forderten sie auf närrische Art von den Großen in der Politik. Hoffentlich haben die es gehört.

Als Sumo-Ringer stand Carola Jahns wie eine dicke runde Kugel am Rande der Weintraubenstraße und jubelte dem Zug zu. Ihr Mann Heiko hatte sich in eine von innen aufgeblasene "Renzi" verwandelt und fing für seine Carola die Bonbons ein. "Wir sind jedes Jahr hier dabei", schwärmen die beiden Jecken aus dem Mansfelder Land.

Nichts mit Bratwurst und Brezeln: Am Rande des Umzuges bestrichen sich Jens und Katrin Krüppner Brötchenhälften mit Leberwurst aus dem Glas. Die beiden gehörten zur Karnevals-Delegation aus Walbeck (Schlachtruf: "Wau-wau") und erkundigten sich ausführlich nach dem Zusammenhang von Theater und Karneval in Köthen.

"Das Wichtigste für den Karnevalisten sind der Glühwein und das Klo", erklärte Theatermann Stößel den Kukakö-Freunden. Allerdings fanden sich auch solche, die es nicht bis zum Örtchen schafften und in die eine oder andere stille Ecke hineinflöteten.