Hobby Hobby: Modellbahnfreunde treffen sich seit sechs Jahren in Köthen
KÖTHEN/MZ. - Bis Ende letzten Jahres konnte man sich "stilecht" im Gasthof am Güterbahnhof treffen. Doch "Stamm-Wirt" Dietrich Preska musste umziehen. Und so zog der Modellbahnstammtisch halt mit um: in das Sportlerheim am Jürgenweg. Bier oder Schnaps sieht man dann auf der Tafel eher weniger, viele trinken keinen Alkohol, sind mit dem Auto da. Und so sammeln sich zwischen den Gläsern und Imbisstellern bald Waggons, Gleispläne, Zeitschriften, Kataloge, prall gefüllte Fotoalben; die Atmosphäre ist sachlich-heiter.
In ihren Miniaturwelten läuft die Zeit oft schneller. "Wir haben es geschafft, einen Modelltag von 4 Uhr bis nachts um eins in vier Stunden abzuspulen. Das waren zwei DIN- A4-Seiten Bildfahrplan", erzählt Wolfgang Fürderer. Da werden mal eben ein paar Zahnradzähne von einem alten Wecker abgefeilt, schon läuft er schneller. Wer hat schließlich schon Lust, eine echte Stunde auf die Abfahrt eines Modellpersonenzuges zu warten?
So ist die Modelleisenbahn ein Hobby, das Fähigkeiten verlangt, die weit über das rein Eisenbahnerische hinausgehen. Mathematik, Elektronik, Informatik, Chemie, Landschaftsbau, Materialkunde - mannigfaltige Kenntnisse sind gefragt.
Andrè Franck zum Beispiel hat sein neuestes Modell mitgebracht - ein Spaßbad. "Wir haben uns einige Spaßbäder angeschaut." Da werden dann zusammen mit Freundin Antje Fotos gemacht, Maße abgeschritten, am Rechner nachkonstruiert. Und nun ist da im TT-Maßstab eine Glaskuppel, eine Rohrrutsche, die im Original 150 Meter lang wäre, Außenbecken, Innenbecken - ja, das Bad ist sogar an Stellen gestaltet, die man kaum einsehen kann. Kasse, Bar, Umkleidebereich, Restaurant …
Als Bausatz bekommt man so ein Bad nicht; es ist durchweg Eigenbau. Hauptsächlich Karton, die Rutsche aus Hydraulik-Schlauch, LEDs, Fensterfarben. 120 Stunden Arbeit und etwa 40 Euro später vervollständigt das Modell nun die Kelleranlage, die vor knapp zwei Monaten in der Naumann'schen Villa zur letzten Ausstellung gezeigt wurde.
Fahrzeuge fast aller gängigen Spuren stehen auf dem Stammtisch - von einem Bananenwagen in Nenngröße Z (1:220) über N, TT, H0, die "Spielzeugspur" S bis zur "Königsspur" 1 im Maßstab 1:32. Roco, Piko, Rivarossi - Hersteller werden genauso diskutiert wie die Maßstäbe, und dass es eigentlich nichts gibt, was ein echter Modellbahnfreund nicht noch verbessern könnte, zeigt Rando Steffen, der nicht nur einen offenen Güterwaggon vorbildgetreu gealtert, sondern auch einen H0-Klappdeckelwagen befüllt hat. "Die oberste Schicht ist eine Art Spachtelmasse. Leider war die nicht ganz lösemittelfrei" und hat den Polystyrol-Unterbau der Ladung ein wenig angegriffen, aber umso realistischer sieht diese "Kalk-Ladung" nun aus mit ihren kleinen Dellen und Wellen.
Die letzte Ausstellung wird ausgewertet - die neue geplant. Eigentlich für März angedacht, müssen die Köthener nun doch wieder bis Jahresende warten. "Unser Problem ist, einen großen Raum zu finden". Von der Sparkasse gab's auf eine Anfrage keine Resonanz, die homöopathische Bibliothek ist unerschwinglich. Und so bleibt auch zum nächsten Modellbahnstammtisch am 2. Februar mehr als genug Thematik, die man in geselliger Runde besprechen kann.