Gebühr zur Abschreckung Gebühr zur Abschreckung: Bei Edeka am Wasserturm in Köthen sind horrende Verwarnungsgelder fällig

Köthen - Die Telefone in der MZ-Lokalredaktion klingeln sich heiß. Und auch bei Kerstin Noack vergeht kaum ein Tag, an dem sich nicht ein aufgeregter Anrufer beschwert. „Das ist eine Frechheit“, schimpfen die einen. Von „Abzocke“ reden die anderen. Ja, sogar den Begriff „Geldschneiderei“ nehmen einige in den Mund.
Fakt ist, die Schilder sorgen für Ärger auf beiden Seiten. Seit etwa drei Monaten sind an den Masten auf dem Parkplatz vor dem Edeka-Einkaufszentrum am Köthener Wasserturm weit sichtbare Hinweise angebracht, die für nicht enden wollende Diskussionen sorgen.
Jeder Kraftfahrer, der sein Auto dort abstellt, und vergisst, die blaue Parkkarte gut sichtbar hinter seine Windschutzscheibe zu legen, wird zur Kasse gebeten. Und genau so ergeht es auch jenen Autofahrern, die die erlaubte Parkzeit von zwei Stunden überschreiten. Sie müssen löhnen. Und das nicht zu knapp: 24,90 Euro sind für einen der beiden Verstöße fällig. Und was noch viel schlimmer ist: Wird die Parkzeit deutlich überschritten, dann kann der Marktbetreiber das betreffende Fahrzeug sogar abschleppen lassen. Ein entsprechendes Urteil fällte 2012 der Bundesgerichtshof (AZ: V ZR 30/11).
„Ich habe alles versucht. Nichts hat geholfen.“
Vor allem die Höhe der Geldbuße regt die Betroffenen auf. Während in Köthen auf städtischen Parkflächen zehn Euro für die gleichen Verstöße zu zahlen sind, ist auf dem Edeka-Parkplatz mehr als das Doppelte fällig. Ein entsprechendes Gesetz, wer welchen Betrag kassieren darf, gibt es nicht. Entsprechende Empfehlungen raten den privaten Wachdiensten, nicht mehr als das Doppelte von dem in der jeweiligen Kommune üblichen Preis zu nehmen.
Kerstin Noack ist die Chefin des Edeka-Einkaufszentrums am Köthener Wasserturm und die Fläche davor ist ein Privatparkplatz. Immer und immer wieder haben sich bei ihr Kunden beschwert, die einkaufen wollten, aber keinen Platz auf den nur rund 40 Stellflächen fanden. „Ich habe alles versucht. Die Leute angesprochen, freundliche Hinweise auf Zetteln an die Scheiben geklemmt. Nichts hat geholfen. Dann haben mich meine Mitarbeiter darauf gebracht, dass es extra Firmen gäbe, die sich um dieses Problem kümmern. Und so habe ich die ,fair parken GmbH’ aus Düsseldorf verpflichtet“, erzählt Kerstin Noack.
„Die Firma muss sich von den Gebühren finanzieren. Deshalb ist der Betrag so hoch. Ich sehe von dem Geld keinen Cent. Aber die Situation hat sich seit dem Aufstellen der Schilder deutlich gebessert. Also werde ich auch keinen Rückzieher machen.“
Polizei und Ordnungsamt sind für Falschparker auf privaten Parkplätzen nicht zuständig
Noacks Einkaufsmarkt sei von der Größe her überschaubar und ein Einkauf locker in zwei Stunden zu erledigen. „Da bleibt sogar noch Zeit, um einen weiteren Weg im Stadtzentrum zu erledigen“, sagt sie. „Das Schild erlaubt das Parken ja sogar Leuten, die gar nicht in meinen Markt kommen. Aber eben nur für zwei Stunden.“
Polizei und Ordnungsamt sind für Falschparker auf privaten Parkplätzen nicht zuständig und werden dort auch keine Knöllchen verteilen. „Es handelt sich bei dem Parkplatz am E-Center um einen Privatparkplatz und damit um reines Privatrecht“, erklärt Köthens Stadtsprecherin Caroline Hebestreit auf MZ-Nachfrage.
„Es ist gar nicht so unüblich, dass Supermärkte sich der beschriebenen Verfahrensweise bedienen, um vorrangig die ,Fremdparker’ von der Nutzung der eigenen privaten Flächen abzuhalten, und sie stattdessen für die tatsächlichen Kunden vorzuhalten. Und es handelt sich hier im rechtlichen Sinn auch nicht um eine Gebühr, wie auf Parkplätzen im öffentlichen Bereich.“
In Köthen wird das Parken auf Flächen vor Einkaufszentren ganz unterschiedlich gehandhabt
In Köthen wird das Parken auf Flächen vor Einkaufszentren ganz unterschiedlich gehandhabt. Aldi, Norma, Kaufland und Lidl verzichten auf jegliche Beschränkungen. Sie müssen das auch nicht, weil die Flächen teilweise riesengroß sind. Bei allen anderen wird die Parkkarte verlangt und für den Fall des Überschreitens der Zwei-Stunden-Frist eine Geldbuße angedroht.
Übrigens auch jene Firma, die auf dem Edeka-Parkplatz am Wasserturm „Falschparker“ vertreiben will, zieht die Bußgeld-Nummer nicht in jedem Fall durch und setzt bei Vergesslichen durchaus auf Kulanz, wie Marktchefin Kerstin Noack sagt. „Wenn Kunden im Nachhinein einen Kassenbon vorweisen und damit den Einkauf in unserem Markt nachweisen können, wird die Strafe nicht vollstreckt. Den Nachweis können sie im Markt, aber auch direkt bei der ,fair parken GmbH’ erbringen.“ (mz)
Ein Überblick zeigt, wie das Parken auf den Flächen der Köthener Einkaufsmärkte gehandbabt wird.
Die Übersicht erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Penny, Am Stadion
Kundenparkplatz mit Parkscheibe und zwei Stunden Dauer
Netto, Rüsternbreite
Kostenloses Parken für die Dauer des Einkaufs
Netto, Geuzer Straße
Kostenloses Parken für die Dauer des Einkaufs; höchstens zwei Stunden
Netto, Leopoldstraße
Kostenloses Parken für die Dauer des Einkaufs
Aldi, Langenfelder Straße
keine Einschränkung
Aldi, Merziener Straße
keine Einschränkung
Lidl, Leipziger Straße
keine Einschränkung
Edeka, Langenfelder Straße
Nach Ladenschluss ist der Aufenthalt auf dem Parkplatz nicht mehr erlaubt
Edeka, Am Wasserturm
Privatparkplatz, Parkscheibe, höchstens zwei Stunden; bei Verstoß 24,90 Euro
Kaufland, Merziener Straße
keine Einschränkung
NP, Edderitzer Straße
Kundenparkplatz, widerrechtlich geparkte Fahrzeuge werden abgeschleppt