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Auseinandersetzung im Friedenspark  Friedenspark Köthen: Polizei sucht weiter nach der Wahrheit

Von Stefanie Greiner 23.09.2016, 04:45
An dieser Stelle soll die Auseinandersetzung begonnen haben.
An dieser Stelle soll die Auseinandersetzung begonnen haben. Heiko Rebsch

Köthen - Eine Woche liegt der Vorfall im Friedenspark in Köthen nun schon zurück. Die Auseinandersetzung zwischen afghanischen und deutschen Jugendlichen sorgt noch immer für Gesprächsstoff - und für Gerüchte. Was genau passiert ist, ist nach wie vor unklar. Die Ermittlungen der Polizei dauern an. In den zurückliegenden Tagen hat die MZ an vielen Stellen versucht, Antworten auf die wichtigsten Fragen zu bekommen.

Wurden die beiden afghanischen Jugendlichen zum Vorfall im Friedenspark befragt?

Entgegen erster Informationen sind die jungen Flüchtlinge - oder zumindest einer von ihnen - am Freitagabend laut Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Ost zum Vorfall befragt worden. Dabei handelte es sich um eine Erstbefragung, nicht um eine Vernehmung. Über eine Dolmetscher-Hotline „bestellte“ die Polizei einen Übersetzer. So konnten sich die Beamten ein erstes Bild davon machen, was im Friedenspark aus Sicht der afghanischen Jugendlichen passiert ist. Sie werden in einer Vernehmung erneut dazu befragt. Da wird dann ein vereidigter Dolmetscher dabei sein.

Was sagen die deutschen und afghanischen Jugendlichen zum Hergang?

Die Polizei hat die Beteiligten befragt, will zu ihren Aussagen aber keine Angaben machen.

Die MZ hat mit einem der beiden Mädchen gesprochen, die dabei waren. Sie sei mit weiteren Jugendlichen im Friedenspark gewesen, erzählt die 15-Jährige. Die Flüchtlinge hätten wenige Meter hinter ihnen gesessen. „Sie haben die ganze Zeit ihre T-Shirts hochgezogen“, erzählt sie. Was die Flüchtlinge dabei gesagt haben sollen, wird an dieser Stelle nicht wiederholt. Ein paar Kumpels hätten das mitbekommen. Sie seien zu den Flüchtlingen gegangen. Das Mädchen beschreibt eine weitere sexuelle Belästigung. Ihre Freundin habe deshalb zum Pfefferspray gegriffen. Einer der beiden Flüchtlinge habe ihr daraufhin mit der Faust ins Gesicht geschlagen. Die Situation eskalierte. Das Mädchen erzählt, dass ein Flüchtling ein Messer dabei hatte.

Und was sagen die afghanischen Jugendlichen? Landrat Uwe Schulze will sich dazu während der laufenden Ermittlungen nicht öffentlich äußern. Dass die jungen Flüchtlinge etwas anderes als die Mädchen erzählen, weiß die MZ von Pierre Vatthauer. Er leitet die Einrichtung für unbegleitete minderjährige Ausländer, in der die beiden jungen Afghanen leben. Bei einem Pressegespräch am Sonntag, über das die MZ bereits berichtet hat, teilte er mit, dass ihm die Flüchtlinge erzählt hätten: Sie seien durch den Friedenspark gegangen und aus ihrer Sicht grundlos von einem Mädchen und einem jungen Mann beleidigt worden. Sie hätten kontern wollen, sich plötzlich aber 20 Personen gegenüber gesehen. „Unsere Jungs haben versucht, sich zu verteidigen“, sagt Pierre Vatthauer. Die Situation sei dann eskaliert.

Zum jetzigen Zeitpunkt kann niemand sagen, wer wen zuerst provoziert hat. Sobald die Vernehmungen abgeschlossen sind, muss die Staatsanwaltschaft entscheiden, wie es weitergeht.

Wie wird versucht, die Differenzen aufzuklären?

Die Polizei äußert sich zwar nicht dazu, was die Jugendlichen gesagt haben. Sebastian Opitz, Sprecher der Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Ost in Dessau, teilt aber mit: „Inhaltliche Differenzen bei den Schilderungen zum Sachverhalt sind offensichtlich.“ Sie sollen durch Vernehmungen und Spurenauswertungen geklärt werden. Die Polizei bittet die Bevölkerung nach wie vor um Mithilfe. Gesucht werden Zeugen, die die Auseinandersetzung gesehen haben. Sie werden gebeten, sich bei der Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Ost unter 0340/6 00 02 91 oder per E-Mail unter [email protected] zu melden.

Wie geht es mit den jungen Flüchtlingen weiter?

Die beiden 15-Jährigen und ihre Geschwister sollen in einem anderen Heim untergebracht werden. „Hierbei handelt es sich um eine Schutzmaßnahme für die Jugendlichen und keinesfalls um eine ,Bestrafung’ oder Vorverurteilung“, teilt der Landkreis Anhalt-Bitterfeld mit. Die Unschuldsvermutung gelte für diese Jungen, heißt es weiter, genauso wie für die anderen Beteiligten. Die besonderen Vorschriften für Kinder und Jugendliche in Strafverfahren hätten auch hier ihre Gültigkeit.

Warum wurde bei der Erstbefragung der Flüchtlinge kein Vormund hinzugezogen?

Zur Erklärung: Die Flüchtlinge sind ohne Eltern nach Deutschland gekommen und haben deshalb Vormünder. Die afghanischen Beteiligten, macht die Polizei deutlich, seien zunächst lediglich befragt worden. „Das Hinzuziehen eines Vormundes wird erst bei den Vernehmungen geschehen“, erklärt Sebastian Opitz. „Dies ist rechtskonforme und gängige Praxis. Auch minderjährige Deutschsprachige werden erstbefragt, ohne dass zuvor die Eltern aufgesucht werden.“

Wie weit sind die Ermittlungen, insbesondere die Suche nach Zeugen?

Sie dauern an. „Vor dem Hintergrund der laufenden Ermittlungen können wir hierzu keine Einzelheiten bekannt geben“, teilt der Pressesprecher der Polizei mit.

„Die Polizei hat gut, schnell und ordnungsgemäß gehandelt“, beurteilt Uwe Schulze die Situation. Er ärgert sich über die üblen Gerüchte und nicht zuletzt über die Demonstration am Samstagabend als Folge der Auseinandersetzung. „Ich warne davor, die Eskalation weiterzutreiben“, sagt er. (mz)