Flut vor der Haustür Flut vor der Haustür: Straße in Weißandt-Gölzau steht bei Regen immer unter Wasser

Weißandt-Gölzau - Des einen Freud ist des anderen Leid. Oder umgekehrt. 2018 war für viele Landwirte ein verheerendes Jahr, die extreme Trockenheit im Frühjahr und Sommer machte große Teile der Ernte zunichte. Die Bewohner der Radegaster Straße in Weißandt-Gölzau dürften der Dürre aber durchaus etwas Positives abgewonnen haben. Denn kein Regen bedeutet für sie: keine überflutete Straße vor der Haustür.
Schon seit über zehn Jahren steht die Radegaster Straße nach starkem Regen regelmäßig unter Wasser. Weil immer wieder Garagen geflutet werden, teilweise das Wasser auch in Wohnhäuser dringt, sei „die Versicherung überhaupt nicht erfreut“, berichtet ein Anwohner. Zuletzt habe es 2017 eine Überschwemmung gegeben. Seine Selbstbeteiligung sei stark gestiegen, so der Anwohner. „Aber das ist immer noch besser, als gar keine Versicherung mehr zu haben.“
Was ist das Problem? Maik Kuhn, Fachbereichsleiter in der Stadtverwaltung des Südlichen Anhalt, erklärt, dass ein Durchlass unter der Straße schlicht zu klein sei. Die Firma Polifilm im nahe gelegenen Industriegebiet leite ihr Niederschlagswasser in Richtung Radegaster Straße ab. Dort werde eine Leitung mit einem Querschnitt von etwa einem Quadratmeter reduziert zu etwa einem Fünftel dessen. Die Folge: Bei Starkregen ist die Verbindung überlastet, das Wasser tritt an die Oberfläche. Die Reduzierung sei vor über zehn Jahren beim Neubau der Straße so gebaut worden, sagt Kuhn - ein Fehler, wie sich zeigt.
Querschnitt der Abwasserleitung soll vergrößert werden
„Das ist ein länger gewachsenes Problem und wir bemühen uns um eine bauliche Ertüchtigung. Es geht voran“, sagt Kuhn. Zusammen mit Polifilm arbeite die Stadt an einer Lösung. Zunächst habe es die Idee gegeben, ein Abschlagsbauwerk zu errichten und das Wasser in das stadteigene Rückhaltebecken zu pumpen. Aber dafür hätte man die Köthener Straße aufreißen müssen, Strom- und Wartungskosten wären aufgelaufen - der Plan wurde nicht weiter verfolgt.
Die jetzt favorisierte Lösung sieht vor, den Querschnitt der Leitung ab dem Parkplatz an der Radegaster Straße bis zum Graben in Richtung Nesselbach zu vergrößern. Um die erlaubten Einleitmengen einzuhalten, müsse man aber eine Lösung zum Zwischenspeichern finden - vermutlich in Form eines neuen Rückhaltebeckens auf dem Gelände zwischen Radegaster Straße und Nesselbach.
Im städtischen Haushalt sind für das Thema 300.000 Euro eingestellt
Die Baukosten würden zwischen Polifilm und Stadt geteilt, erklärt Kuhn. Doch genaue Zahlen gebe es noch nicht, alles stecke noch in der Planung. Im städtischen Haushalt sind für das Thema jedenfalls 300.000 Euro eingestellt. Die entscheidende Einleitmenge werde von Mitarbeitern der Landkreisverwaltung, genauer: der Unteren Wasserbehörde, festgesetzt. Diese Menge werde wohl im Mai feststehen, darauf basierend werde die Speichergröße berechnet. Ansonsten bleibe zu hoffen, dass die vorhandene Fläche für das Rückhaltebecken ausreiche. „Ansonsten haben alle Beteiligten ein Problem.“
Von Polifilm heißt es auf MZ-Nachfrage, das Problem sei im Unternehmen bekannt. „Wir erarbeiten derzeit gemeinsam mit der Stadt Südliches Anhalt eine Lösung. Ein Konzept liegt vor und wird derzeit geprüft“, so Polifilm-Geschäftsführer Franz Christmann in einer schriftlichen Stellungnahme. „Mit dem Ergebnis rechnen wir bis Ende Juni.“ Danach werde das Unternehmen umfassender zu den Plänen Auskunft geben. (mz)
Für Unmut sorgt das Thema Radegaster Straße auch im Ortschaftsrat Weißandt-Gölzau. Seit Januar 2018 schon sei der Rat nicht mehr in die Verhandlungen und Pläne einbezogen worden, kritisiert Ortsbürgermeisterin Erika Scheller.
Fachbereichsleiter Kuhn von der Stadtverwaltung verweist darauf, dass weder die Hauptsatzung der Stadt noch das Kommunalverfassungsgesetz vorsähen, dass der Ortschaftsrat bei derlei Angelegenheiten mit an den Tisch geholt werden müsse.