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Flüchtlingsunterkünfte Flüchtlingsunterkunft in Köthen: Harte Kritik an Berliner Firma Pro Shelter

Von Helmut Dawal 20.12.2016, 12:29
Die ersten Bungalows wurden aufgestellt.
Die ersten Bungalows wurden aufgestellt. Helmut Dawal

Köthen - Noch nicht richtig fertig und schon muss repariert werden: Auf der Baustelle in der Köthener Augustenstraße, wo Bungalows für Flüchtlinge errichtet werden, haben Vandalen ihr Unwesen getrieben.

Am 18. Dezember teilte gegen 0.10 Uhr ein Anrufer der Polizei mit, dass die sich im Aufbau befindliche Wohnanlage beschädigt wurde. Unbekannte hatten insgesamt 14 Fensterscheiben zerstört, indem sie das Glas mit Pflastersteinen einwarfen. Der entstandene Gesamtschaden wurde auf rund 3.000 Euro geschätzt. Die Ermittlungen laufen.

Berliner Firma Pro Shelter hängt beim Bau der Flüchtlingsunterkünfte in Köthen stark hinterher

Die künftige Flüchtlingsunterkunft beschäftigt nicht nur die Polizei, sondern auch die Kommunalpolitiker. „Ich fühle mich als Kreistagsmitglied an der Nase herumgeführt.“ So bewertet Daniel Roi, Vorsitzender der AfD-Kreistagsfraktion, das Agieren der Firma Pro Shelter Gesellschaft für integriertes Wohnen mbH. Oder besser das Nichtagieren.

Denn das Berliner Unternehmen sollte seinen vom Landkreis erhaltenen Auftrag - die Schaffung einer Flüchtlingsunterkunft in der Köthener Augustenstraße - längst abgeschlossen haben. Doch Pro Shelter hinkt Monate hinterher. Der ursprüngliche Termin der Übergabe der Flüchtlingsunterkunft war der 1. April.

Zweifel an der Seriösität von Pro Shelter

Zur jüngsten Kreistagssitzung machte Roi seinem Unmut Luft und äußerte Zweifel an der Seriösität von Pro Shelter. Er habe dazu Recherchen durchgeführt, die für ihn zu dem Ergebnis führten, dass es sich um „eine dubiose Firma“ handle. Das Unternehmen sei gerade zwei Jahre auf dem Markt, habe aber schon den sechsten Geschäftsführer. „Das ist sicherlich nicht verboten, sollte aber zu denken geben“, äußerte Roi.

AfD will Kündigung des Vertrages mit Pro Shelter

Er forderte eine Sondersitzung des Kreistages möglichst noch im Dezember, spätestens aber im Januar. Die AfD will unter anderem eine sofortige Kündigung des Vertrages mit Pro Shelter erwirken.

Außerdem fordert sie ein Konzept zur Unterbringung der Asylbewerber in Anhalt-Bitterfeld vor dem Hintergrund der auslaufenden Verträge über die Unterkünfte Marke und Friedersdorf. Zudem verlangt die AfD-Fraktion ein Konzept über die weitere Unterbringung von unbegleiteten minderjährigen Ausländern.

Zum Objekt in der Augustenstraße bemerkte Daniel Roi: „Es bestehen hinsichtlich der Gemeinschaftsunterkunft in Köthen erhebliche Zweifel an der Vertrauenswürdigkeit der Firma Pro Shelter, woraus sich weitreichende Folgen für den Landkreis ergeben könnten. Daher ist ein schnelles, transparentes Handeln des Landkreises unter Mitwirkung des Kreistages erforderlich.“ Der Vertrag mit Pro Shelter hat ein finanzielles Volumen von rund fünf Millionen Euro.

Flüchtlingsunterkünfte in Köthen nicht fristgemäß fertig: Pro Shelter muss Vertragsstrrafe zahlen.

Dezernent Bernhard Böddeker machte bereits zur Kreistagssitzung deutlich, dass er eine Sondersitzung nicht für erforderlich hält. Die Baumaßnahme in der Augustenstraße mache große Fortschritte, die Vertragsstrafe müsse Pro Shelter auf alle Fälle zahlen. Die Strafe beträgt 208.000 Euro. „Wir werden alle Flüchtlinge unterbringen, das Konzept dafür liegt vor“, versicherte Böddeker.

In der Augustenstraße sollen rund 20 Bungalows errichtet werden. Es handelt sich um sogenannte Low-Cost-Häuser, also Billighäuser.

Neuankömmlinge sollen übergangsweise in den Bungalows untergrabcht werden

Hergestellt werden sie mit gedämmtem Stahlblech. Die Häuser sind winterfest und entsprechen den deutschen Vorschriften. Wie Bernhard Böddeker im MZ-Gespräch mitteilte, steht bereits mehr als die Hälfte der Bungalows. Selbst wenn es mit dem Fertigstellungstermin am 31. Dezember nicht ganz klappen sollte, habe der Landkreis „hinreichend Wohnraum für Flüchtlinge“.

Die Unterkunft in der Augustenstraße ist für maximal 180 Menschen vorgesehen. „Wir wollen dort alle Neuankömmlinge des Landkreises für drei Monaten unterbringen“, äußerte Böddeker. Diese Zeit soll zum „Anmelden, Einleben und für den ersten Deutschkurs“ genutzt werden.

Danach werden die Asylbewerber auf Wohnungen aufgeteilt. In die Augustenstraße werden auch Asylbewerber aus Marke und Friedersdorf umziehen, „aber nicht alle, sondern nur ein Teil“. Eine MZ-Anfrage bei Pro Shelter, warum sich der Bau der Unterkunft so lange hingezogen hat, blieb unbeantwortet. (mz)