Der «kleine Martin» sagt Tschüss
DOHNDORF/MZ. - Der neue Ortsbürgermeister wird es allerdings nicht leicht haben. Besonders in der Anfangszeit werden ihn die Dohndorfer mit dem Vorgänger vergleichen. Mit ihrem Martin, oder Martinchen, wie viele ihn nennen. Seine Art, mit Menschen umzugehen, kam an. "Na, meine Kleene, weshalb kommst du?", fragte er in seiner Sprechstunde, und die "Kleene", seine Altersgenossin, legte ihr Problem dar. "Wie du in den Wald hineinrufst, so kommt es auch zurück", erklärt Rudat sein Rezept.
Der "kleine Martin" - auch das ist ein Spitzname des 1,63-Meter-Mannes - ist weit über Dohndorf hinaus bekannt. Wer ihn so nennt, meint es nicht hämisch, sondern liebevoll. Martin Rudat war ein Bürgermeister, wie ein Dorfbürgermeister sein sollte, meinen viele. Volksnah. Wurde im Dorf ein Kinderspielplatz eingeweiht, schwang sich der Bürgermeister auf die Schaukel. Feierte Dohndorf sein 10. Dorffest, war der Bürgermeister mittendrin, obwohl er nach einem Oberschenkelbruch eigentlich ruhen musste. Tranken die Feuerwehrleute ein Bier - Rudat machte mit. Und früh am 1. Januar war sich der Bürgermeister nicht zu schade, an der Bushaltestelle Reste von Feuerwerkskörpern aufzukehren, die von Jugendlichen übrig blieben. "Die Haltestelle ist ein Aushängeschild des Dorfes", sagt er.
Rudat ist in Dohndorf ein "Zugezogener". 1961 kam er hierher - nachdem er an der Fachschule Biendorf den Abschluss als staatlich geprüfter Landwirt gemacht hatte. Eigentlich sollte er den Bauernhof seines Vaters Karl Rudat in Üllnitz bei Schönebeck erben. Allerdings musste Karl Rudat 1960 in die LPG eintreten. So landete auch Martin Rudat in einer Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft: der Wörbziger LPG "7. Oktober", Brigade Dohndorf.
"Die Landwirtschaft hatte damals Gewicht: Sie war der größte örtliche Arbeitgeber", erinnert sich Rudat an den Start seiner Karriere als Kommunalpolitiker. "So hieß es: Martin, du musst im Gemeinderat mitarbeiten. Also kandidierte ich als Gemeinderatsmitglied und wurde gewählt." Das war 1963. Seitdem ist die Kommunalpolitik sein ständiger Begleiter. "Zu DDR-Zeiten war es manchmal einfach", so Rudat. "Brauchte die Gemeinde zum Beispiel eine Fuhre Sand, organisierte ich das mit der Technik der LPG - für das Dorf kostenlos."
Nach der Wende blieb Martin Rudat vorerst in der Landwirtschaft - als Gutsverwalter bei einem Bayerischen Unternehmer, der Ackerland bei Dohndorf bewirtschaftete. Während er jedoch beruflich nach einigen Jahren in den Ruhestand ging, blühte seine kommunale Tätigkeit auf. 1992 wird er zum Bürgermeister gewählt - mit einem Traumergebnis von über 90 Prozent der Stimmen.
"Damals war allerhand los", beschreibt Rudat seine ersten Erfahrungen als Bürgermeister. "Satzungen, Verwaltungsgemeinschaft, Abwasserzweckverband - das alles war neu für uns. In mancher Woche musste ich abends zu mehreren Veranstaltungen, auf die ich mich noch vorbereiten musste. Da bin ich meiner Frau Evelin und meinen drei Söhnen dankbar, weil sie mir den Rücken frei hielten."
Heute kann er auf jene hektische Zeit ruhiger zurückblicken. Das bringt der zeitliche Abstand mit sich. Nüchtern registriert der Dohndorfer das Positive, was in seiner Bürgermeisterzeit in Dohndorf erreicht wurde. Ein neues Gemeinschaftshaus, ein Spielplatz, ein Gerätehaus für die Feuerwehr, ein neues Löschfahrzeug. "Die Feuerwehr stand auf meiner Prioritätenliste", so Rudat. "Wie können wir Jugendliche bewegen, im Dorf zu bleiben und bei der Wehr mitzumachen, wenn die Technik alt ist?"
Auf Rudats Prioritätsliste stand auch der Straßenbau. "Vor kurzem wurde die Verlängerung der Dohndorfer Dorfstraße saniert", erzählt der Ex-Bürgermeister. "Dieser 30 Meter lange Abschnitt war das letzte, was noch nicht fertig war. Wir sind jetzt mit unseren Straßen und Wegen komplett fertig. Das kann nicht jedes Dorf von sich behaupten." Wie Dohndorf das geschafft hat? "Clever musst du schon sein als Bürgermeister", lacht Rudat. "Wir haben viele Möglichkeiten genutzt, unter anderem die ABM. Auch musst du deine Pläne nicht gleich aufgeben, sondern es immer wieder versuchen."
Aber auch wenig erfreuliche Sachen fallen in die Amtszeit Rudats, an denen er nicht schuld ist, die aber ihn trotzdem bedrücken. Zum Beispiel die Schließung der Kindereinrichtung. "Wenn eine Oma ihre Enkel früher zu Fuß in die Kita brachte, so müssen die Kinder später nach Gröbzig oder nach Köthen gefahren werden. Und nicht jeder hat ein Auto", bedauert Rudat.
Nachdem sich Dohndorf 2004 von Köthen eingemeinden ließ, hieß das Amt Rudats nun Ortsbürgermeister. Deshalb wird der Dohndorfer beim Neujahrsempfang vom Köthener Oberbürgermeister Kurt-Jürgen Zander offiziell verabschiedet. Aktiv will der "kleine Martin" aber weiter bleiben - als Spezialist für Pflanzenselektion will er örtlichen Landwirten unter die Arme greifen. Auch im Heimatverein arbeitet er weiter mit. "Ich kann nicht stille sitzen", gibt er zu.