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Auf Ebay zugeschlagen Auf Ebay zugeschlagen: Köthener will Feriengäste an die Kahnke-Mühle holen

Von Katrin Noack 19.07.2016, 09:24
Martin Winkler vor der Kahnke-Mühle am Güterseeweg. Im Lagerhaus (links) will er Wohnungen für sich und für Feriengäste einbauen.
Martin Winkler vor der Kahnke-Mühle am Güterseeweg. Im Lagerhaus (links) will er Wohnungen für sich und für Feriengäste einbauen. Heiko Rebsch

Köthen - „Ich habe schon immer nach so etwas gesucht“, sagt Martin Winkler. Ein Industriegebäude, das sich zu einer Loftwohnung umbauen lässt. Einige Gebäude in der Stadt hatte der Köthener im Blick, etwa das der Firma Deissner in der Dr.-Krause-Straße.

Dann endlich fand der Köthener 2014 ein Angebot am Güterseeweg im Internet. Bei Ebay stand das Grundstück mit der alten Kahnke-Mühle zum Verkauf. Für 40. 000 Euro. Winkler schlug zu - und hat nun so einiges vor.

Alles verwildert

Auf dem Gelände zwischen Friedhof und Straße steht neben der Mühle aus Bruchsteinen von 1869 ein deutlich größeres Lagerhaus aus den 1950er Jahren. An der Straße verfällt ein Haus. „Hier hat bis in die 90er Jahre noch jemand gewohnt“, berichtet Winkler.

Die Mühle am Köthener Friedhof steht an dieser Stelle seit 1869. Seinerzeit war sie als  letzte von 16 Mühlen in und um Köthen errichtet worden. Das Gebäude ist als runder Turm aus Bruchsteinen aufgebaut worden, die Windmühle hatte  fünf Flügel.  Sie wurden bei einem Sturm zerstört. Die neue Mühle hatte nur vier Flügel. 

Das Gebäude gehörte zunächst den Herren Thetmann und Enderling, später übernahm es ein Herr Kahnke. Seine Familie behielt Mühle und  Gelände  bis Kriegsende. Gemahlen wurde   noch bis  1958. Der letzte Mühlenbetreiber Wilhelm Kahnke starb  1957. Sein Bruder Arthur unterhielt die Mühle bis zu seinem Tod ein Jahr später. Den Mühlstein übergab die Witwe Kahnkes später  dem Heimatmuseum von Köthen.

Während die Mühle den Betrieb einstellte, wurden das  Lagerhaus vom Versorgungskontor für Maschinenbauerzeugnisse, Fachgebiet Labor, genutzt.  In dem Gebäude lagerten Reagenzgläser, die später in viele Teile der DDR geliefert wurden. Kisten mit Holzwolle stehen noch heute im Keller.
Familie Kahnke wurde nach dem Krieg enteignet. Ein Erbe, Christian Kahnke, bekam das Grundstück  Jahre später  zurückübertragen. Er lebt in Frankfurt am Main und wollte das Grundstück verkaufen.  Was dauerte. Schließlich stellte er es  2014 im Internet bei Ebay-Kleinanzeigen ein, wo es Martin Winkler entdeckte.

Seit der Wende ist das Gelände ungenutzt. Zwischenzeitlich hatte Kahnke das Gelände an Sebastian Schwab vermietet. Er und der Motorsportclub Köthen nutzten Teile des Lagerhauses von 2009 bis 2012, sie fanden dann aber ein geeigneteres Vereinshaus. (kan)

Als er das Gelände im Internet fand, kannte er die Mühle noch nicht. Auch in seinem Umfeld war die Kahnkesche oder Holländer-Mühle kein Begriff. Bei seinem ersten Besuch war wenig zu erkennen von dem historischen Gelände. „Hier war alles verwildert“, berichtet Winkler.

Ein Stück Geschichte ist noch da

Inzwischen kennt der Köthener seine Mühle. Er weiß, dass zuletzt Wilhelm Kahnke die Mühle betrieb und dass dessen Grab auf dem Friedhof an der Mauer gegenüber des Mühlen-Grundstücks liegt. Dass hier einmal Laborgläser lagerten. „Im Keller habe ich viele Holzkisten gefunden und Verschlüsse“, schildert der Köthener bei einem Rundgang durch das weitgehend leere Gebäude. Auch die alten Holzschlote für das Mehl seien noch da.

Pläne hat Winkler schon für das Lagerhaus. „Ins Erdgeschoss kommen Ferienwohnungen. Den ersten Stock will ich für mich ausbauen“, beschreibt er. Die Substanz des Gebäudes sei gut, hätten ihm Fachfirmen bestätigt. Auch das Dach ist gemacht.

Verfallenes Haus wird abgerissen

Nun macht sich Winkler an den Innenausbau des Lagerhauses. Das Treppenhaus will er auf die andere Seite des Hauses verlegen und Zwischenwände setzen lassen, auch die Heizung kommt noch. Einen Teil will er selbst machen, doch er bestellt auch Firmen. An der Straße soll ein Parkplatz entstehen, das verfallene Haus will er abreißen lassen.

Die Ferienwohnungen will Winkler bald fertig haben. Sie sollen sein Projekt finanzieren. Und es gibt Bedarf. Es gebe bereits Anfragen für Unterkünfte, etwa vom Nachbarn Pfennig. Auf dessen Gelände finden viele Feste statt, gern wüsste der Gastgeber die Besucher in der Nähe - bei Winkler - untergebracht. Bis es soweit ist, hat der Köthener noch eine Menge zu tun.

„Es bleibt ein Risiko“, weiß Winkler. Doch er ist optimistisch. „Ich bin jung und habe die Zeit, das hier auszubauen“, sagt er. Immerhin erfüllt sich der 26-Jährige, der als Brandmeister bei der Dessauer Berufsfeuerwehr arbeitet, hier einen Lebenstraum.

Einbruch ins Lagerhaus war ein Rückschlag

Doch er muss auch Rückschläge verkraften. Anfang Juni brachen Diebe in das Lagerhaus ein und stahlen teures Werkzeug. „Das hat mich zurückgeworfen“, schildert Winkler. Doch er kaufte neues Werkzeug und machte weiter. Gerade baut er einen Zaun zum Nachbargrundstück.

Die Mühle des alten Kahnke, die im ersten Obergeschoss über einen Durchgang mit dem Lagerhaus verbunden ist, gehört im Moment noch nicht zu Winklers Traum. Auch sie sei in einem guten Zustand, weiß der Köthener, doch sie stehe unter Denkmalschutz.

Damit sind bei einem Ausbau etwa zu Wohnungen viele Auflagen verbunden. Und davor schreckt der Feuerwehrmann zurück. Noch. „Wenn es mit den Ferienwohnungen gut läuft, kommen dort vielleicht Ferienzimmer rein“, überlegt der junge Mann beim Rundgang. Für Gäste sei das sicher schön. Für ihn selbst weniger. „In einer Mühle mit runden Wänden wohnen, das ist nichts für mich.“ sagt Winkler und lacht. (mz)

Das erste Obergeschoss des Lagerhauses mit dem Lastenaufzug. Hier will Martin Winkler später wohnen.
Das erste Obergeschoss des Lagerhauses mit dem Lastenaufzug. Hier will Martin Winkler später wohnen.
Heiko Rebsch