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Akazienteich Akazienteich: Trocken ist nur die Bühne

Von helmut dawal 14.06.2013, 19:21
Akazienteich und Campingplatz sind komplett überflutet: Blick vom Strand zur Gaststätte und zur Bühne.
Akazienteich und Campingplatz sind komplett überflutet: Blick vom Strand zur Gaststätte und zur Bühne. ute nicklisch Lizenz

Akazienteich/MZ - Mit dem Wassertreter sind normalerweise Badegäste auf dem Akazienteich unterwegs. Jetzt ist das Schwimmgerät zu einem unentbehrlichen Fortbewegungsmittel geworden. Seebad-Mitarbeiter Rudi Gladis tritt in die Pedale, inspiziert das Gelände, sammelt ein oder sichert, was ihm gerade entgegengeschwommen kommt, ob es nun ein Bierfass ist oder eine Propangasflasche.

Es ist unfassbar: Badesee und Campingplatz sind eine einzige große Wasserfläche, teils steht das Wasser bis zu eineinhalb Meter hoch. Nur auf der Bühne steht man trockenen Fußes.

Seebad-Betreiber Jochen Nöske hat sich inzwischen vom ersten Schock erholt. Er hatte nicht gedacht, dass das Hochwasser den Akazienteich treffen würde.

Als er erfuhr, dass sich die Flut nähert, machte er sich sofort auf den Weg. „Ich wollte die Gaststätte ausräumen, Kühlschränke, Getränke und anderes mehr in Sicherheit bringen“, berichtete er.

Noteinsatz im Motorboot

Dazu sollte es aber nicht mehr kommen. Am Dienstagmorgen wollte er über Trebbichau zum Seebad fahren, wurde aber von der Polizei gestoppt. „Zu diesem Zeitpunkt, das haben mir Campingfreunde mitgeteilt, stand das Wasser knöchelhoch. Wir hätten also noch was tun können. Doch die Polizisten waren unbarmherzig und ließen uns nicht durch“, schilderte Nöske. Als ihm mitgeteilt wurde, dass das Wasser kontinuierlich steigt, holte er sich vom Campingplatz Wolmirsleben ein Boot mit Außenbordmotor. Wie sich zeigte, war das eine richtige Entscheidung. Ein paar Stunden später kehrte Nöske aus Wolmirsleben zurück, da stand das Wasser schon deutlich höher. Bei Trebbichau setzte er das Boot ins Wasser und umschiffte so die Straßenabsperrung, bis er das Seebad erreichte. „Und am Abend war dann alles abgesoffen.“

Unterkunft verloren

Die Camper, die am Dienstag auf dem Platz waren, haben das Gelände im Laufe des Tages mit steigendem Wasserstand nach und nach verlassen. „Sie hatten keine Zeit mehr und mussten alles da lassen“, berichtete Jens Cordes. Auch er gehört zur Camper-Gemeinschaft. Alles, was auf seiner Parzelle stand, ist hinüber. Dabei wollte er die Sommerzeit auf dem Campingplatz überbrücken. Er hat in Osternienburg ein Haus gemietet, in das er im September einziehen kann. Seine bisherige Wohnung hatte Cordes bereits aufgegeben, weil er ja am Akazienteich ein Dach über dem Kopf hatte. Nun ist er bei der Tochter in Bernburg untergekommen.

Cordes tun vor allem die älteren Dauercamper leid, die schon über 30 Jahre am Akazienteich den Sommer verbringen und nun alles verloren haben. Er möchte sich mit einbringen, wenn alles wieder hergerichtet wird. „Da brauchen wir Hilfe, vor allem diverses Material. Wer Baumaterial, Hölzer, Fußböden, Dämmmaterialien, gebrauchten Kühlschränke und andere Dinge übrig hat, wir nehmen es dankbar entgegen“, sagte Jens Cordes.

70 Plätze unter Wasser

Nöskes Schadensbilanz ist ernüchternd. Alle 70 Camperplätze sind überflutet, Campingwagen und Bungalows haben Totalschaden erlitten. Hinzu kommen Gaststätte, Sanitäreinrichtungen und anderes mehr. „Ich gehe von einem Schaden von mindestens einer Million Euro aus“, sagte er. Darin nicht enthalten ist der Schaden an der Schiffsgaststätte „Maria Gerda“ in Breitenhagen, die seit kurzem zu Nöskes Mitteldeutscher Camping und Gastro GmbH gehört.

Der Gastronom hofft sehr, etwas von den angekündigten Soforthilfen abzubekommen und das möglichst schnell und unbürokratisch. „Deutschland hat viele Milliarden zur Rettung von Griechenland ausgegeben, da möchte auch für uns in dieser Notsituation was drin sein“, äußerte er.