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Schulflur wird zum Festsaal

Von Boris Canje 03.04.2008, 16:22

Annaburg/MZ. - Zwei Pädagogen und 27 Schüler der achten Klassen weilen eine Woche in Annaburg. Untergebracht sind sie bei Familien und die Pädagogen natürlich auch bei Pädagogen. So funktioniert das schon seit 1996. Damals wurde ein richtiger Vertrag zwischen beiden Bildungseinrichtungen unterzeichnet, so Anette Müller, Leiterin der Annaburger Schule. Seitdem gibt es die wechselseitigen Besuche, immer mit den achten Klassen. Da blieb es natürlich nicht aus, dass sich auch schon private Kontakte entwickelt haben.

Am Montag reisten die Wadersloher an, haben seitdem schon allerhand gesehen. So waren sie in Wittenberg, in Dresden, haben die Gastgeberstadt kennen gelernt und auch deren Betriebe (Annaburg Porzellan GmbH und Annaburger Nutzfahrzeug GmbH), besuchten die Malschule. Auch die Hauptstadt Berlin steht auf dem Programm. Traditionell findet am Mittwoch immer der gemeinsame Eltern- und Schülerabend statt. Bei dem ist nicht zu erkennen, wer nun Gastgeber und wer Gast ist. Alles ist bunt gemischt. Zwar waren die Tischen schon vorbereitet, aber um eine größere Runde zu bekommen, ging es kurzerhand daran, einige zusammenzuschieben. Und es wurde munter geschnattert.

Nur kurze Zeit war es etwas ruhiger. Anette Müller begrüßte die Gäste aus dem Münsterland, erinnerte an die Geschichte der Patenschaft, die eigentlich mit der Schule Groß Naundorf begonnen und nach deren Schließung von Annaburg fortgesetzt wurde. Der Klassenlehrer der Gäste, Josef Schlottbohm, erklärte: "Ich hatte schon mehrfach das Glück, in Annaburg gewesen zu sein. Es war jedes Mal eine Bereicherung für mich." Und dann wurde das Büfett freigegeben und sofort gestürmt.

Von Hedwig Brüggenkamp, die zweite Pädagogin aus Wadersloh, war zu erfahren, wie es überhaupt zu der Zusammenarbeit kam. Der damalige Schulleiter aus Groß Naundorf Werner Trogsch besuchte Verwandte in Oelde. Dort kam er zufällig mit Rainer Fust in einem Buchladen ins Gespräch, fragte ihn, ob es in der Nähe eine Schule gebe. Fust machte ihn dann mit der Geschwister-Scholl-Realschule bekannt. Das war im Jahr 1990. Seitdem gibt es die freundschaftlichen Kontakte.

So entstand aus dem Vorhaben, ein Buch zu kaufen, eine Schulpartnerschaft, die sich nicht auf die jährlichen Besuche beschränkt. Die Pädagogin aus dem Münsterland erinnert da an die Flut 2002. Damals starteten die Schüler aus Wadersloh einen Sponsorenlauf. Dieser erbrachte 45 000 Euro, die dann für Kinder- und Jugendobjekte in den vom Hochwasser in Mitleidenschaft gezogenen umliegenden Orten und Annaburg selbst eingesetzt worden sind.

Und es vergeht kein Abschied, bei dem nicht auch Tränen fließen, das versicherten sowohl Anette Müller als auch Hedwig Brüggenkamp. Das wird auch am Freitag nicht anders sein. Auf dem Weg in die Heimat machen die Münsterländer unterwegs noch einmal Station, und zwar in Ferropolis.