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Naturschutzbund Naturschutzbund: Nilgänse am Elbufer

Von Gabi Zahn 17.02.2014, 21:18
Entlang der Elbe zwischen Klöden und Schützberg und auf der anderen Seite am Riß zurück, so entdecken die Naturfreunde mit fachkundigem Blick und optischen Hilfen eine Vielzahl von Wasservögeln.
Entlang der Elbe zwischen Klöden und Schützberg und auf der anderen Seite am Riß zurück, so entdecken die Naturfreunde mit fachkundigem Blick und optischen Hilfen eine Vielzahl von Wasservögeln. G. Zahn Lizenz

Klöden/MZ - Der Blick von zwölf Augenpaaren folgt schnurstracks dem Fingerzeig von Gerd Hennig: „Ein Seeadler-Pärchen – extra für uns bestellt“, ruft der Hobby-Ornithologe. Und wahrlich – eine schönere Begrüßung zum Beginn der Wasservogel-Wanderung an der Alten Fähre in Klöden hätte es nicht geben können, als dass sich der „König der Lüfte“ selbst die Ehre gibt. Im Blickfeld der Naturfreunde kreist er über der Elbe und vollführt mit seiner Partnerin neckische Balzspiele.

Angebot seit zehn Jahren

Seit etwa zehn Jahren bietet die Gebietsgruppe Jessen des Naturschutzbundes Deutschland (Nabu) alljährlich im Februar eine öffentliche Führung zur Wasservogelzählung an. Der sonnige Sonntagmorgen lockt diesmal mehr Teilnehmer als in den früheren Jahren nach Klöden, was Gerd Hennig sichtlich freut. Neben bekannten Gesichtern – unter anderem sind dies Klaus Rummelt, Friedhelm Ettlich und der Klödener Landarzt Martin Steinert – sind diesmal sogar zwei weit gereiste Gäste mit dabei: Sabine Heinze aus Ilsenburg im Harz und Ralph Köhler-Thees aus Sonneberg in Thüringen.

Im Rahmen der winterlichen Wasservogelzählung beteiligen sich hiesige Naturschützer seit vielen Jahrzehnten an der Bestandserfassung für das international aufgelegte Programm. Der Altkreis Jessen ist in vier Zählgebiete aufgeteilt. Gerd Hennig betreut die Untere Elster und den Klödener Riß, Uwe Simon ist für die Zählung der Wasservögel an den Kiesseen in Prettin verantwortlich und Egon Schneider kümmert sich um die Bestände an den Kiesseen bei Steinsdorf/Dixförda.

Am Mittwoch, 26. Februar, veranstaltet die Jessener Nabu-Gruppe ein nächstes „Abenteuer mit der Natur“. Diesmal bedarf es allerdings keiner Wanderschuhe. Bernd Simon lädt zur Begegnung mit dem „Grünspecht, Vogel des Jahres 2014“ im Rahmen eines Vortragsabends ab 18.30 Uhr ins Jessener Schützenhaus ein.  

Besonders diese beiden Wanderfreunde lauschen staunend, als Gerd Hennig erklärt: „Es gab schon manchen Winter bei uns, da war hier überhaupt kein Durchkommen. Einmal haben sich die Eisschollen auf der Elbe so aufeinander getürmt, dass sie sich auf den Elbwiesen zu meterhohen Bergen übereinander schoben. Das muss in den 1970er Jahren gewesen sein.“ Davon ist im Februar 2014 freilich nichts zu sehen.

Trotz der frühlingshaften Temperaturen gleicht die Wanderung entlang der Elbe in Richtung Schützberg, dann quer über die Elbwiesen hinüber zum Riß keinem unbeschwerten Spaziergang. Bei geschätzter Windstärke sechs bis sieben werden die Frauen und Männer mitunter mächtig durchgepustet – zum Glück jedoch zumeist von hinten. Wer eigene Strichlisten zu den Wasservögeln führt, muss sein Notizbuch arg festhalten, damit es nicht davon fliegt.

Flugkünstler erfreuen

Der steifen Brise geschuldet verzichtet Gerd Hennig darauf, das Spektiv mitzunehmen, mit dem man zum Beispiel die Schnabelformen und –farben der Vögel noch besser hätte sehen können als mit dem normalen Fernglas. Die Freude am Entdecken trübt das jedoch nicht. Schon bald, nachdem das Seeadler-Paar seine „Luftbühne“ verlassen hat (und später auch nicht wieder gesichtet wird), erfreuen andere Flugkünstler die Wanderfreunde. Zunächst sind dies einige Gänsesäger. Der eigentümlich geformte, an den Kanten „gesägte“ Schnabel gibt diesem Entenvogel seinen Namen.

Notiert werden außerdem Schell- enten, Pfeifenten sowie Bläss- und Saatgänse. Sabine Hirsch aus Elster glaubt, in einigen dunklen, etwa gänsegroßen Vögeln den „Phalacrocorax carbo“ zu erkennen und jubelt, weil ihre Vermutung von den Hobby-Ornithologen sogleich bestätigt wird: Es sind tatsächlich Kormorane, die ein kurzes Gastspiel über den Elbwiesen geben.

Dass die Gruppe auf der sieben Kilometer langen Strecke die Wasservögel nur in gebührender Entfernung sieht, ist bei einer ornithologischen Wanderung nicht anders gewollt. Schließlich sollen die Tiere so wenig wie möglich gestört werden. Die einzige „direkte“ Berührung“ ergibt sich auf einem Wiesenabschnitt. Hier liegen dicht an dicht jede Menge Federn. Es sind die Überreste einer Stockente, wie die Naturfreunde anhand der teilweise grünlichen Färbung sicher erkennen, „die natürliche Mahlzeit eines Greifvogels wurde“, so Gerd Hennig.

Bei einem Halt an der Elbtafel Nr. 192 werden sogar putzmuntere Kiebitze gesichtet, die in Deutschland auf der Roten Liste stehen und zu den stark gefährdeten Arten zählen. Beim Überqueren der Elbewiese hin zum Riß, als in der Ferne die Herde von Schäferin Barbara Guckes auftaucht, zeigt sich über der idyllischen Elbaue ein einzelner bräunlich-weißer „Flieger“. Durchs Fernglas sind sein heller Bauch und die gestreiften Brustfedern deutlich zu erkennen: Kein Wasservogel zwar, doch die erste Feldlerche ist den Wanderfreunden höchst willkommen, kündet sie doch vom nahenden Frühling. Auch der Bestand dieser Vogelart geht zurück, so dass sie wohl demnächst ebenfalls auf der Roten Liste erscheinen wird.

Neben Höckerschwänen ziehen sodann elegant anmutende Silber- und Graureiher die Aufmerksamkeit auf sich. Als Martin Steinert quer über die Wiese hin zu einem am Boden sitzenden Vogelpaar zeigt und versichert, dass es sich um Nilgänse handelt, glauben einige, sich verhört zu haben. Doch der Hobby-Ornithologe, der jede Bewegung zu Lande, zu Luft und auf dem Wasser zu deuten weiß, noch bevor er das Fernglas ans Auge führt, hat auch diesmal Recht: Tatsächlich ist es jener farbenprächtige Wasservogel, dessen Heimat am längsten Fluss der Erde liegt und der sich von Afrika aus bereits seit dem 18. Jahrhundert bis Europa ausbreitet. Hier, ursprünglich vermutlich als Ziervogel gehalten, bevölkert er zunehmend auch die freie Natur und wird – wie die Klödener Naturfreunde wissen – seit mehr als fünf Jahren in der Elbaue beobachtet.

Die Federn auf der Elbwiese werden als Überreste einer vom Seeadler geschlagenen Stockente identifiziert.
Die Federn auf der Elbwiese werden als Überreste einer vom Seeadler geschlagenen Stockente identifiziert.
zahn Lizenz