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Mit zwei Pferden einmal rund um die Welt Mit zwei Pferden einmal rund um die Welt: «Reise hat mein Leben verändert»

21.02.2003, 16:55

Jessen/MZ/gk. - Man hätte eine Stecknadel fallen hören können, als Manfred Schulze vor mehr als 60 Gästen die Erlebnisse seiner viereinhalbjährigen Reise mit den Huzul-Pferden "Panca" und "Puschkin" rund um den Globus schilderte. Einige der Gäste konnten während des Vortrages manche Träne nicht unterdrücken, so "unter die Haut" ging ihnen die präsentierte Odyssee.

Bei seinem jugendlich frischen Charme und dem verschmitzten Lächeln sah man dem Weltenbummler nicht an, wie alt er eigentlich ist - 60 Jahre. "Reisen erhält eben jung", hatte er dafür augenzwinkernd als Erklärung parat. Alles begann am 7. April 1996, einem Ostersonntag, als Manfred Schulze seinen Heimatort verließ. Quer durch Deutschland ging es, eine Station war unter anderem der Jessener Ortsteil Steinsdorf. Martina Tischer, die ihn und die Tiere damals beherbergte, war eigens aus Jüterbog angereist, um den Diavortrag erleben zu können. Seinen ursprünglichen Plan, die Reise ausschließlich reitend zu bewältigen, gab Manfred Schulze alsbald auf.

In Lübben "schneiderte" er sich einen "Panje-Wagen" expeditionsfähig zurecht. Über Polen und die Ukraine ging es. Erste Probleme traten auf. Eine Einreisegenehmigung nach  Russland? Stoisch "Njet" sagten die Behörden. Erst mit persönlicher Unterstützung des russischen Generalkonsuls in der Ukraine durften Manfred Schulze sowie "Panca" und "Puschkin" über die Grenze. In Leninsk bei Wolgograd erhielt der "Weltreiter" auf einem ehemaligen Kosakengestüt ein Winterquartier und kehrte nach Deutschland zurück.

Im April 1997 kam er mit einem Transporter und Anhänger zurück. Wegen heftig wehender Winde in der kasachischen Steppe verschenkte Manfred Schulze den Planwagen an die Quartiergeber. 16 Kunststofffässer mit jeweils 130 Liter Fassungsvermögen für Wasser und Kraftfutter hatte er an Bord des Autos. Begleitpersonen waren erforderlich, die das Gefährt lenkten. "Geklaut haben sie es zwar nicht, aber ständig diese Probleme mit völlig alkoholisierten Fahrern und korrupten Beamten. Das hat ganz schön genervt, nur die Landbevölkerung war immer sehr hilfsbereit", erinnert sich Manfred Schulze.

Durchschnittlich 50 Kilometer pro Tag spulten er und die Huzulen ab, jede Woche einen Ruhetag.  Unterwegs stieß er immer wieder auf organisierte Straßenräuberbanden. Die wollten nur eines - Geld. "Nur geduldiges Verhandeln und Ruhe halfen da. Diese größtenteils unter Rauschgift stehenden Typen erhielten von mir jedenfalls nichts. Die Gaspistole ziehen? Dann wäre ich ein toter Mann gewesen", so der Weltenbummler.

Zehn Tage saßen Manfred Schulze und seine Tiere dann an der Grenze zur Mongolei fest. Es gab keine Einreisegenehmigung. Die Rettung für ihn war ein Wodka-Saufgelage. "Die ganze Nacht hindurch habe ich gekübelt, fiel aber nicht um. Das wohl hat einen russischen, deutsch sprechenden Ex-General, so beeindruckt, dass er mir einen Einreisestempel besorgte. Dann erlitt ich einen Kreislaufkollaps. Mit fettem Hammelfleisch kam ich schließlich wieder auf die Beine", erzählt Manfred Schulze. Wohl gefühlt hat er sich unter den mongolischen Nomaden. Erneut ging es zurück nach Deutschland, die Pferde blieben in der mongolischen Hauptstadt Ulan-Bator.

1998 wieder zurückgekehrt, saß Manfred Schulze dort monatelang fest - das Einreisevisum für China fehlte. Schulze fuhr mit dem Zug nach Peking und holte sich die Einreisepapiere - für 1 000 US-Dollar. "Ist doch ein fairer Preis, gewöhnlich kostet so etwas 9 000 D-Mark", tröstete ihn ein Angestellter der Deutschen Botschaft in der Chinesischen Hauptstadt. Drei Tage dauerte die Reise durch China.

"Der 6. Juni 1999 war für mich ein ganz besonderer Tag. Da gebar ,Panca' auf der vierten Etappe in der Nähe von San Francisco einen kleinen Hengst. Ich taufte ihn auf den Namen ,Temujin', den bürgerlichen Namen des legendären Mongolen Dshingis-Khan", erzählt Manfred Schulze. Den Nachwuchs hatte sie sich bei einem Hengst in der Mongolei "eingefangen".

Bis Ende November waren Schulze und nunmehr drei Pferde bis in den US-Bundesstaat New Mexiko unterwegs, dem letzten Winterquartier der Weltreise.