Marionettenspieler Andreas Bille Marionettenspieler Andreas Bille: Faust fährt zur Hölle

Jessen - „Schon viele Jahre kommt Andreas Bille ans Jessener Gymnasium. Er zeigt immer wieder andere Stücke, aber der Faust ist jedes Mal dabei“, sagt Cornelia Berthold, Fachschaftsleiterin für Deutsch an der hiesigen Bildungseinrichtung.
Auch diesmal bietet der Leipziger Marionettenspieler (der seine Kunst vom Großvater übernahm) den Faust dar - für die sechsten Klassen von Gymnasium und Jessener Nordschule. Die Fünftklässler beider Schulen hatten zuvor auf der Forum-Bühne die Mär „Von einem der auszog, das Gruseln zu lernen“ gesehen. „Er macht das toll“, lobt Cornelia Berthold und erklärt: „Für alle Klassen des Gymnasiums steht in jedem Unterrichtsjahr ein Theaterbesuch auf dem Plan. Nur die fünften und sechsten fahren nicht ins Theater, für sie kommt die Marionettenbühne an die Schule.“
Der Doktor Faust von Andreas Bille ist ein Stück in vier Aufzügen von etwa 70 Minuten Dauer. Als Besonderheit stellt der Leipziger dem Gelehrten den traditionellen Spaßmacher Hans Wurst an die Seite, „um den eigentlich sehr ernsten Stoff ein bisschen aufzulockern“, wie er begründet. Was die Inszenierung eher zu einem Volksfaust denn zu einem Faust im Sinne Goethes werde lässt.
„Doktor Johannes Faust hat vor 500 Jahren wirklich gelebt“, führte Andreas Bille sein Jessener Publikum in die Geschichte ein, die den Stoff für sein Marionettenstück lieferte. Der Wissenschaftler und Schwarzkünstler habe ein recht unstetes Leben geführt, sei als Arzt, Astrologe und Magier durch Deutschland gezogen. Um 1538 habe man ihn tot, auf dem Gesicht liegend gefunden. Dies galt als Zeichen eines unnatürlichen Todes, da der Blick in Richtung Unterwelt gerichtet war. Und man sagte, Faust habe mit dem Teufel paktiert.
Aus dem Stoff entstand ein Volksbuch, und Christopher Marlow schuf in England ein Bühnenstück. In abgewandelter Form wurde später in Deutschland ein Puppenspiel daraus. „Auch der junge Goethe sah dieses Puppenspiel und schrieb, mit ihm und dem Volksbuch von 1587 als Basis, in 60 Jahren seine Version vom Faust“, so Andreas Bille.
Der erste Aufzug spielt in der Hölle. Pluto beauftragt Mephisto, Johannes Faust in Wittenberg zu besuchen und ihm seine Seele abspenstig zu machen. Der zweite Aufzug nimmt die Zuschauer mit in die Studierstube von Doktor Faust, der soeben beschlossen hat, sich mit Nekromantie zu befassen. Das Publikum begegnet dem Famulus Wagner und lernt Hans Wurst kennen. Der bekundet, auf die Geheimhaltung aller Vorgänge im Haus eingeschworen: „Was meint ihr, wie gut ich mit vollem Mund schweigen kann.“
Faust schließt einen Pakt mit Mephistopheles, der im 24 Jahre dienen soll. Dann gehört Faust mit Leib und Seele den Teufeln. „Es führt wohl kein anderer Weg zur Vollkommenheit“, meint der Gelehrte. Über ein Intermezzo am Hof von Parma, wo Faust der Herzogin näher kommt (dritter Aufzug), führt die Handlung abschließend zurück nach Wittenberg. Wohlleben, Wissen, Reichtum, Macht - Faust hat all das erreicht, aber seinem Gott abgeschworen, was er nun bedauert.
Umso mehr da die 24 Jahre, die Mephisto ihm zu Diensten sein sollte, auf zwölf schrumpfen. Der Teufel zählt die Nächte extra. Der Doktor fährt zur Hölle und Mephisto verkündet die Moral von der Geschichte: „Wozu nützt all die Gelehrtheit, wenn sie nicht vermag, die Folgen zu erkennen, die ein Vertrag mit dem Teufel beschert.“ Besser macht es da der Hans Wurst, er trickst den Höllenfürsten aus und schickt den Teufel zum Teufel. (mz)

