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Männerchor Männerchor: Wolfsgeheul beim Fasching

Von H.-Dieter Kunze 23.02.2014, 19:43
Rotkäppchen (Annabell Hanke) bezirzt die Wölfe.
Rotkäppchen (Annabell Hanke) bezirzt die Wölfe. Kunze Lizenz

Jessen/MZ - Die Ideen gehen den Sängern vom Männerchor Jessen 1859 wohl nie aus. Der Höhepunkt in jedem Jahr, bei dem sie ihren theatralischen Ambitionen freien Lauf lassen, ist der Fasching. Stets stemmen die Stimmgewaltigen mit ihren Ehefrauen und Gastkünstlern ein Lachsalven trächtiges Programm auf hohem Niveau.

Der letzte Punkt im zweistündigen Darbietungs-Reigen war diesmal der beeindruckendste – ohne die Leistungen der anderen Laienkünstler schmälern zu wollen. Im Saal vom „Schützenhaus“ war ein kleiner Kiefernwald gewachsen, als eine Gruppe hungriger Wölfe heulend hereinstürmte. Von Moderator Volker Oertel als „wildgewordener Zweiter Bass“ begrüßt.

Sechs Isegrims zählte das Rudel. Eigentlich waren es mal sieben. Aber einer wurde kürzlich bei Ruhlsdorf überfahren. „Der war selber schuld. Er kam aus Polen und konnte keine deutschen Schilder lesen“, erklärte der Leitwolf (Bernd Kleiner). Die Isegrims sangen in Abwandlung eines Gassenhauers „Ja, wir sa’n im Rudel da.“ Sie betonten, dass sie nicht von der Wolfsschanze bei Rastenburg kämen, sondern aus Wolfswinkel bei Elster. Unter ihnen ein Werwolf und ein Reißwolf.

Einer erschien mit Narrenkappe. Er sei gar kein richtiger Wolf, verhöhnten ihn die anderen. „Doch, ich heiße Wolfgang“, entgegnete er. Und immer wieder das schaurig-schöne Geheul der Bass-Sänger im Wolfspelz. Das ging selbst dem Jäger (Norbert Plass) auf die Nerven, aber die Wölfe feixten sich eins: „Du kannst uns gar nichts. Wir stehen unter Artenschutz.“

Die Meute trieb der Hunger um. Ein alter Hammel (Martin Lehmann) war nicht nach ihrem Geschmack. Eher schon ein Lämmchen (Stefanie Peisker). Aber das konnte geschickt verhandeln und blieb verschont. Rotkäppchen (Annabell Hanke) bewirtete die Wölfe mit Süßem und Hochprozentigem und konnte die Isegrims so gnädig stimmen. „Wenn ihr mir nichts tut, fahre ich mit euch nach Wolfsburg“, versprach sie listig. Außerdem bot sie an: „Fresst lieber meine Schwester, die olle Ziege.“

Selbst die Speisekarte vom „Schützenhaus“ sagte den grauen Räubern nicht zu. Jägerschnitzel etwa? „Der tut uns nichts, also tun wir ihm auch nichts“, beschlossen sie. Und ein Bauernfrühstück? „Wer soll dann die Arbeit auf den Feldern und in den Ställen machen?“ So viele Landwirte gäbe es ja auch nicht mehr. Also trennten sich die Wölfe mit knurrenden Mägen vom frenetisch Beifall klatschenden Publikum.

Gänzlich friedliche Gesellen waren die lustigen sieben Zwerge. Die Frauen der Sänger sind ja bekannt für ihren Einfallsreichtum beim Fasching. Diesmal hatten sie sich mit riesigen spitzen Hüten optisch klein gemacht, kamen aber trotzdem ganz groß raus, als sie mit Schneewittchen (Silke Sperling) übers Parkett wirbelten.

Äußerst seriös präsentierten sich „Die drei Tenöre“ (Benno Loff, Herbert Kleine und Burghard Frank) auf der Bühne. In schwarzen Anzügen, mit weißen Schals und Handschuhen sangen sie inbrünstig und sehr überzeugend den Schmachtsong „Aber dich, gibt’s nur einmal für mich.“ Die Nilson Brothers hatten ihn 1965 intoniert. Von zahlreichen anderen Sängern, darunter Roy Black und die Flippers, wurde er gecovert. Aber keine Fassung reichte an die künstlerische Qualität der „Drei Tenöre“ aus Jessen heran. Sehr überzeugend war die Interpretation des Refrains „Nur der Gedanke, dass ich dich einmal verlieren könnt, weil dich ein andrer Mann einmal sein Eigen nennt“. Die Sänger erhoben ihre Stimmen und schwankten nach rechts, links, vorn und hinten. Manchmal lagen sie beinahe waagerecht in der Luft. Nicht unbedingt artistisches Geschick verbarg sich dahinter - vielmehr Skistiefel, die für das Publikum unsichtbar von Skibindungen gehalten wurden. Kaum waren die Tenöre fertig, wurden Zugabe-Rufe laut und der Spaß ging von vorn los.

Büttenreden sind natürlich das Salz in der Faschingssuppe. Der Auftritt von Bernhard Mowitz wurde deshalb schon mit Spannung erwartet. Er nahm so ziemlich alles aufs Korn, manchmal nur knapp oberhalb der Gürtellinie.

Thorsten Bischoff war mit einem Beauty-Koffer als Visagist angereist und hatte Prominente von Rang und Namen zur „Behandlung“ bestellt. Die wenigste „Arbeit“ hatte er mit Claudia Schiffer (Kathrin Schubert-Peinelt). Auch Thomas Gottschalk (Thomas Hellwig) war der erwartet strahlende Sonnyboy. An Dieter Bohlen (Heiko Peisker) machten sich schon einige Schönheitsreparaturen mehr nötig. Ein echter Problemfall war aber der in die Jahre gekommene Bill Ramsey (Andreas Kampfhenkel), mit grauer Mähne, doch immer noch fit. Das bewies er bei einem Tanz mit blutjungen Mädels.

Bill Ramsey (Andreas Kampfhenkel) tanzt mit den jungen Mädchen.
Bill Ramsey (Andreas Kampfhenkel) tanzt mit den jungen Mädchen.
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