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Kreis Wittenberg Kreis Wittenberg: Ungewollter Lebensrhythmus

Von KLAUS ADAM 23.11.2010, 22:09

SCHWEINITZ/MZ. - Ein schwarzer Strich an dem Blechgehäuse der Ölheizanlage zeigt: "So hoch darf es steigen, dann wird es brenzlig." Irmgard Krüger weist darauf und schüttelt fassungslos den Kopf. "Bis jetzt hatten mir die Nachbarn immer noch gesagt, ,dein Heinz hat ordentlich gebaut', wir hatten noch nie Wasser im Keller", sagt die Schweinitzerin. Doch seit anderthalb Wochen hat sich das Blatt gedreht. "Man weiß nicht mehr, was man noch machen soll", gesteht Irmgard Krüger.

Sie ist froh, dass Tochter Ute, die derzeit arbeitslos ist, jeden Tag aus Jessen herüberkommt. Sie hilft, wo es geht. "Klar, bei mir geht natürlich alles etwas schneller", räumt die ein. "Wir sind beide in die 70", begründet Irmgard Krüger und meint sich und ihren Mann. Das Grundwasser, das Krügers jetzt im Keller haben, bestimmt mittlerweile ihren Lebensrhythmus - so wie es bei ziemlich allen Nachbarn ringsum bereits ist. Eine Saugpumpe hat sich die Familie flugs gekauft - "inzwischen gibt es keine mehr", wirft Ute Krüger ein - und eine zweite noch geborgt. Um das Wasser aus dem Keller loszuwerden, schöpfen Krügers regelmäßig eine kleine Zinkwanne voll, aus der die Pumpen es ins Freie fördern. Das ist harte Arbeit für Irmgard Krüger. Ihr Mann kann da aufgrund seiner Hüftoperationen nicht mit anpacken.

"Ich bin von Natur aus ängstlich", gesteht die Seniorin, die der Grundwassereinbruch im Keller ihres Hauses nicht mehr ruhig schlafen lässt. In den Jahren 1984 bis 1986 baute Heinz Krüger das Haus im Schweinitzer Dörfchen. Und, wie gesagt, bislang blieb es von Wassereinbrüchen verschont. Umso mehr ist Irmgard Krüger entsetzt, dass das Ungewollte nun doch passiert ist.

Der Bau-Sachverständige Dietmar Blum, der in Jessen sein Büro hat, rät allerdings weitgehend zur Gelassenheit. "Ich wohne in Mügeln und habe auch einige Zentimeter Grundwasser im Keller stehen. Ich mache mich nicht verrückt." Jedoch, so sagt er, gebe er ungern allgemeine Ratschläge, "man muss immer die jeweilige Situation sehen". Dazu zählt, wie alt das Gemäuer ist, wie der Keller gebaut wurde, ob es sich um einen traditionellen Nutzkeller oder um wohnlich hergerichtete Räume handelt. "Im Normalfall dürfte das Wasser keine Schäden an der Bausubstanz anrichten", erklärt Blum. "Wenn man nur ein paar Zentimeter Nässe im Keller hat, sollte man nicht abpumpen, sondern abwarten", so sein Hinweis. Etwas anderes ist es natürlich, wenn die Heizungsanlage gefährdet wird oder das Wasser höher als wenige Zentimeter steigt. "Dann sollte man es doch abpumpen", so der Sachverständige, "denn es zieht auch die Wände hoch. Und sind erst die Wände im Wohnbereich nass, sind die Schäden doch erheblich größer". Das sei auch so, wenn die Kellerwände gefliest sind. Dann müsste damit gerechnet werden, dass die Fliesen irgendwann abfallen.

Im Hause Krüger kann das nicht passieren. Sie haben einen normalen Nutzkeller. Die ungewohnte Situation unter ihrem Wohnzimmer ängstigt sie dennoch sehr.