Jagdhornblasen in Reicho Jagdhornblasen in Reicho: Kevin Däumichen und Cedric Preuß gemeinsam auf Titeljagd

Reicho - Als Kevin Däumichen und Cedric Preuß ihr Jagdhorn von den Lippen nehmen, bellen in Reicho die Hunde. „Sie denken, es geht auf Jagd“, sagen die beiden Hobbymusiker, die den Jägermarsch Nummer drei aus dem Effeff beherrschen. Däumichen und Preuß kennen sich aus dem Sandkasten, pflegen das gleiche Hobby und erzählen von Brauchtumspflege, der Liebe zur Jagd und ihrem Trainer Maik Pergens, der in Schönewalde die besten Jagdhornbläser aus der Region zu Titelkandidaten formt.
Der gebürtige Niederländer, der seit 1990 in Brandenburg lebt, bezeichnet sich als „diktatorischen Ausbilder.“ „Ich lege viel Wert auf Qualität. Die Zuschauer sollen Freude an unserer Musik haben.“ Von dieser Einstellung profitieren die beiden jungen Männer aus Reicho. Sie schätzen den Führungsstil von Maik Pergens, den Zusammenhalt in der Gruppe und das Engagement des 67-Jährigen, der mit dem Jagdhornbläsertreffen Schönewalde europaweit bekannt macht.
Bekennender Frühaufsteher
Der 20-jährige Däumichen, der als Elektroniker bei einem Energieanbieter arbeitet, fährt als Titelverteidiger nach Ahlsdorf. Vor drei Jahren ist im Schlosspark der erste europäische Vergleich (ohne EM-Wertung) über die Bühne gegangen, die Jagdhornbläser aus Schönewalde werden Meister Brandenburgs.
„Wir haben gute Chancen, erneut Erster zu werden“, meint der passionierte Jäger. Der Elektroniker verwendet Fachbegriffe aus dem Vokabular des Waidmanns und erzählt, dass es kein Problem sei, vor Anbruch der Morgendämmerung auf dem Hochstand zu sitzen.
Ausrichter der ersten Europameisterschaften für Kinder und Jugendliche (bis 18 Jahre) ist der Schönewalder Jagdhornbläserverein unter der Leitung von Maik Pergens. Als Schirmherr der Veranstaltung fungiert der Landesjagdverband Brandenburg.
Rings um das Barockschloss in Ahlsdorf (Stadt Schönewalde) werden über 70 Informations- und Verkaufsstände aufgebaut.
Es präsentieren sich die Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft, Weinbau, Imkerei sowie der Jagd- und Naturschutz. Los geht es am Freitag um 13 Uhr. Die Schönewalder Jagdhornbläser eröffnen das Programm zusammen mit dem Männerchor der niederländischen Luftstreitkräfte.
Kinder der Grundschule Annaburg führen unter der Regie von Direktorin Antje Berger um 16 Uhr auf der Bühne das Theaterstück „Die Waldschule“ auf. Die „Elbaue Musikanten“ aus Jessen begleiten ab 19.30 Uhr im Festzelt den Männerchor „Luchtmacht“ aus den Niederlanden. Ebenfalls zu hören sind die Lindaer Hofsänger.
Am Sonnabend um 10 Uhr beginnt der zweite Jagdhornbläsertreffen mit 51 Gruppen aus Europa. Amtierender Meister Brandenburgs ist das Team aus Schönewalde. Die Siegerehrung findet um 16 Uhr statt. Im Park gibt es zudem verschiedene Vorführungen von Falknern, Imkern, Anglern und der Schützengilde. Präsentiert werden Jagdhunde der unterschiedlichsten Rasse.
Um 11 Uhr werden am Sonntag die Europameisterschaften für jugendliche Jagdhornbläser eröffnet. Angemeldet haben sich acht Gruppen und drei Solisten.
Alle Informationen zur dreitägigen Veranstaltung in Ahlsdorf sind im Internet unter www.jagdhorn-deutschland.de einsehbar.
Zu Beginn habe es ihm Überwindung gekostet, mit der Waffe im Anschlag über Leben und Tod zu entscheiden, wichtig sei die goldene Regel „Sicherheit geht vor Strecke“. Laut Däumichen ist das Brauchtum in Deutschland ein wenig vom Aussterben bedroht. Er will seinen Teil dazu beitragen, dass es erhalten bleibt.
Der Brandenburgmeister hat als Anfänger Monate gebraucht, um dem Jagdhorn die ersten ordentlichen Töne zu entlocken, eine Gruppe benötigt im Schnitt zwei bis drei Jahre, bevor die Töne ein sauberes Klangbild ergeben.
Sein eher seltenes Hobby finden die Mädchen „cool“. Es sei immer von Vorteil, ein Instrument spielen zu können. „Da wird man schnell interessant“, sagt der 20-Jährige und fügt an, dass er auf Familienfeiern jeglicher Art oder Partys ein gern gesehener Gast ist. Privat hört Däumichen Schlager oder orientiert sich an den Charts.
Der Countdown in Richtung europäischer Leistungsvergleich läuft. Der Jäger aus Reicho übt jeden Tag und merkt, dass die Aufregung zunimmt. Vor jedem Auftritt mit den Jagdhornbläsern schließt er die Augen und geht jeden Schritt im Einzelnen durch. Die zehnköpfige Gruppe aus Schönewalde tritt gegen Meister ihres Fachs an und weiß, dass jeder Fehler den Titel kosten kann.
Die Lippenspannung muss stimmen, der Körper kerzengerade sein. Maik Pergens gibt den Ton an. „Alle Augen richten sich auf ihn“, so Däumichen, der nach Gehör spielt und wie erwähnt ein großer Fan der gebürtigen Niederländers ist. „Er hat uns gefordert und als Gruppe geformt. Dafür sind wir ihm sehr dankbar.“ Mutter Heike findet das Hobby ihres Sohnes toll.
„Seine Freizeitgestaltung ist ihm sehr wichtig. Kevin ist viel daran gelegen, dass Brauchtum zu erhalten.“ Für Sonnabend drückt sie ihrem Sprössling beide Daumen. „Es werden drei harte Tage in Ahlsdorf. Wir sind alle mit in die Organisation eingebunden.“ Aufgrund des Riesenerfolgs bei der Premiere 2015 erwarte man am Wochenende tausende Gäste.
Abschied von Milchzähnen
Kumpel Cedric Preuß, der zurzeit in Herzberg zum Nutzfahrzeug-Mechaniker ausgebildet wird, erzählt, dass er die Gene zum Jagdhornbläser in die Wiege gelegt bekommen hat. „Unsere Väter sind befreundete Jäger“, sagt er und berichtet vom ersten Versuch, dem Instrument Horn einen Ton zu entlocken.
„Das ging überraschend schnell. Schön klingt aber anders.“ Wichtig, so Preuß, sei es, dass der Bläser alle (zweiten) Zähne im Mund hat. Bei dem EM-Teilnehmer haben sich die Milchzähne schnell verabschiedet. Im Alter von acht Jahren ist er mit zum Training nach Schönewalde gefahren.
Lockere Sprüche muss sich der 17-Jährige schon lange nicht mehr anhören. Die Leute sind eher erstaunt, wenn die Musik erschallt, Jagdhornblasen sei ein Hobby, das nicht von der Masse ausgeübt wird. Preuß ist überzeugt, dass Schönewalde bei den Europameisterschaften der Kinder und Jugendlichen einen Platz im Vorderfeld belegen kann.
Minuten vor dem Start geht er gedanklich Texte und Melodien noch einmal durch und prägt sich die schweren Stellen ein. „Die Töne müssen sauber sein“, erklärt Preuß, der am Sonntag zusammen mit Christoph Gruber aus Buschkuhnsdorf auf der Bühne steht.
Dieser spricht offen vom Angriff auf den Titel. Die Gruppe hat viel Zeit in das Training investiert, die Chemie stimmt. Wenn jeder seine Aufregung in den Griff bekommt, marschiert Schönewalde als Champion von der Bühne.
Solche Worte hört Pergens gern. Die Tagesform, sagt er, wird im Endeffekt den Ausschlag geben. Selbstverständlich sei es das Ziel, Brandenburgmeister bei den Erwachsenen und Europameister im Nachwuchsbereich zu werden. Doch die Konkurrenz schläft nicht. (mz)