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Landesheimatbund Sachsen-Anhalt Woche der Heimat- und Kulturvereine in Annaburg - Welche Fragen aufgeworfen werden

Im Annaburger Porzellaneum wird die erste Woche der Heimat- und Kulturvereine des Landesheimatbundes Sachsen-Anhalt eröffnet. Mit welchen Fragen sich Mitglieder befassen.

Von Annette Schmidt Aktualisiert: 18.04.2024, 10:37
Premiere der ersten Woche der Heimat- und Kulturvereine des Landesheimatbundes Sachsen-Anhalt e.V. im Annaburger Porzellaneum. Das Ziel: Miteinander ins Gespräch kommen und voneinander lernen, wie hier am Stand des Heimatvereins Grimme.
Premiere der ersten Woche der Heimat- und Kulturvereine des Landesheimatbundes Sachsen-Anhalt e.V. im Annaburger Porzellaneum. Das Ziel: Miteinander ins Gespräch kommen und voneinander lernen, wie hier am Stand des Heimatvereins Grimme. (Foto: Annette Schmidt)

Annaburg/MZ. - In mancher Hinsicht ist das diesjährige Netzwerktreffen für Heimat- und Kulturvereine von Sachsen-Anhalt des Landesheimatbundes ein Experiment mit mehreren Premieren. Erstens: Es findet nicht wie üblich an einem Tag statt, sondern verteilt sich über eine Woche. Zweitens: Statt zentral an einem Ort treffen sich die Vertreter der Vereine an Orten, die in allen Himmelsrichtungen des Bundeslandes liegen. Die dritte Premiere: Der Auftakt wird erstmals in Annaburg – der östlichsten Stadt – vollzogen.

Hiesige Vereine wie das Vereinsnetzwerk Bethau zeigen am größten Stand wofür sie stehen und lassen sich von den anderen Vereinen inspirieren.
Hiesige Vereine wie das Vereinsnetzwerk Bethau zeigen am größten Stand wofür sie stehen und lassen sich von den anderen Vereinen inspirieren.
(Foto: Annette Schmidt)

Nach Führungen in der Lichtenburg in Prettin, der Bücherkirche Axien und der neuen Schauproduktion des Porzellaneums nutzen die Teilnehmer in der Vereinsbörse die Chance, voneinander und miteinander zu lernen. Die beiden wichtigsten Fragen, mit denen die meisten Vereine zu kämpfen haben, betreffen finanzielle Unterstützung und das Gewinnen neuer Mitglieder.

Traditionen bewahren und in die Gegenwart übertragen

Ria Lange, Vorstandsmitglied beim „Heimatverein Grimme“ (Zerbst), wünscht sich: „Kontakte zu knüpfen und Erfahrungen mit anderen Vereinen auszutauschen.“ Der Verein wurde vor 20 Jahren gegründet, um die in 200 Jahren gewachsenen Traditionen des kleinen Dorfes – sprich das Apfelfest oder das Pfingstgelage, das eine Art Zempern mit Ziel so viele Eier und Speck wie möglich für ein Dorfgemeinschaftsabendessen zu ergattern – zu erhalten. „Wir wollen erfahren, was bei anderen funktioniert und schauen, ob es etwas für uns ist.“

In der Vereinsbörse konnten sich die Vereinsmitglieder über ihre Erfahrungen austauschen
In der Vereinsbörse konnten sich die Vereinsmitglieder über ihre Erfahrungen austauschen
(Foto: Annette Schmidt)

Die drei Vertreter von „Fabelhafte Wartenburg e.V.“ – erkennen in dem Jahresthema des Bundes: „#Modern denken Engagement für kulturelle Vielfalt – Vereine als Demokratieverstärker“ den Geist ihres Vereins wieder. „Modern denken heißt, das Unmögliche möglich zu machen“, sagt André Hoyer mit Blick auf die junge Vereinsgeschichte. Aus der verrückten Idee eines Einzelnen, dass das 20 Jahre leerstehende Schulgebäude des Ortes genutzt werden kann, entstand ein kreativer Anziehungspunkt für die Region, wie das „Metal & Pommes Festival“ beweist.

Wie vielfältig ihr Verein ist, zeigen in Annaburg die Mitglieder vom  „Fabelhafte Wartenburg e.V.“.
Wie vielfältig ihr Verein ist, zeigen in Annaburg die Mitglieder vom „Fabelhafte Wartenburg e.V.“.
(Foto: Annette Schmidt)

Ihr Ziel ist: „Ich verlasse einen Raum nie, wie ich ihn vorgefunden habe und verändere dabei auch mich“, erklärt Arni Thorlakur Gudnason. Der Vereinsgründer vertritt seine Überzeugung, dass in Vereinen Demokratie gelebt wird. In ihren Theaterstücken müssen die aushandeln und auch schon mal aushalten, dass ein anderer die Hauptrolle übernimmt. Aus diesem Treffen nimmt er mit, dass es auch andere Verrückte gibt, die nicht den sicheren oder einfachen Weg gehen, um etwas für und mit anderen zu schaffen.

In diese Kategorie gehören wohl die Mitglieder des „Nienburger Wasserturmvereins“ (Bernburg). Der beinahe 120 Jahre alte Turm soll renoviert werden und ein Kulturhaus mit Vernissagen und Events werden.

Thorsten Schack vom  „Nienburger Wasserturmverein“ hatte mit rund 120 Kilometern die weiteste  Anreise.
Thorsten Schack vom „Nienburger Wasserturmverein“ hatte mit rund 120 Kilometern die weiteste Anreise.
(Foto: Annette Schmidt)

Der Verein, der sich 2022 gründete, muss mit den Umsetzungen seiner Vorstellungen jedoch so lange warten, bis der Turm nicht mehr als Mobilfunkmast genutzt wird. „Wir haben bereits letztes Jahr teilgenommen. Wir wollen ins Gespräch kommen und Kontakte für spätere Veranstaltungen knüpfen“, sagt Thorsten Schack.

Moderne digitale Technik in den Vereinen nutzen

In den anschließenden kurzen Vereinsvorträgen erklären die Referenten, wie sie mit den Herausforderungen der Moderne umgehen. Jürgen Dannenberg erläutert, wie das Porzellaneum in kürzester Zeit ein kontaktloses Museum aufgebaut hat. Die moderne Technik ermögliche dem Verein, Besucher trotz weniger und älterer Vereinsmitglieder – Durchschnittsalter 70 Jahre – zu betreiben. „Für Vereine mit hoher Altersstruktur heißt Moderne, sich mit digitaler Technik zu befassen“, sagt Dannenberg.

Ebenfalls mit moderner Technik versucht der „Förderverein Schloss und Gedenkstätte Lichtenburg e.V.“ Besuchern trotz einer renovierungsbedingten Schließung das Schloss in einem digitalen Rundgang zu öffnen.

Den Mitgliedern des mit Abstand jüngsten Vereins – Altersdurchschnitt 25 Jahre – „Vereinfacht“ aus Annaburg begreifen die Herausforderungen der Moderne darin, langfristig Verbindungen zu schaffen und sich auf das, was die Leute verbindet, zu fokussieren. Ihr Konzept beinhaltet, dass Besucher ihres Con:Action Festivals vom Rezipienten zum Handelnden werden.

Teilnehmer der moderierten Gesprächsrunde, in der das Jahresthema #moderndenken im Mittelpunkt steht: Was bedeutet Modernität für den Verein?  Im Foto: Anlexander Winkler (v.l.), Tino Simon,   Jürgen Dannenberg, Sebastian Putz,  John Palatini und Alexander Weiß.
Teilnehmer der moderierten Gesprächsrunde, in der das Jahresthema #moderndenken im Mittelpunkt steht: Was bedeutet Modernität für den Verein? Im Foto: Anlexander Winkler (v.l.), Tino Simon, Jürgen Dannenberg, Sebastian Putz, John Palatini und Alexander Weiß.
(Foto: Annette Schmidt)

Für das andere Thema, das viele Vereine eint – der Mangel an finanzieller Förderung – nennt John Palatini, Geschäftsführer des Bundes, den „MikroKulturFonds“ oder die „Förderrichtlinien Industriekultur“. Das Fazit des Landesheimatbundes, für den Auftakt des Experimentes den Vereinen eine Woche zu widmen, fällt positiv aus. Rund 90 Besucher sind nach Annaburg gekommen. Die eintägigen Events zählten meistens rund 120 Gäste. Die Ränder und kleinen Vereine so zu würdigen, ist schon ein Erfolg.