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Wirtschaft in Zahna-Elster Energiepolitik macht planen in der Zahna-Fliesen GmbH schier unmöglich

Die Zahna-Fliesen GmbH hat produktionsbedingt einen hohen Energie-, insbesondere Gasbedarf. Wie das Unternehmen mit der aktuellen Situation klarkommt.

Von Klaus Adam 26.09.2022, 12:30
Geschäftsführer Maxime Fischer (rechts) spricht in der Zahna-Fliesen GmbH mit eiem Mitarbeiter an der Maschine.
Geschäftsführer Maxime Fischer (rechts) spricht in der Zahna-Fliesen GmbH mit eiem Mitarbeiter an der Maschine. Foto: Klaus Adam

Zahna-Elster/MZ - „Unsere Firma ist mit viel Geschichte verbunden“, sagt Maxime Fischer. Er führt die Zahna-Fliesen GmbH gemeinsam mit seiner Frau Claire Schnebelen in der sechsten Generation. Der hiesige Standort der ursprünglichen Firma Utzschneider, nach deren Gründer inzwischen auch die Straße in Zahna benannt ist, an der das Unternehmen liegt, ist bereits im Jahr 1891 ins Leben gerufen worden worden.

Am Gründungsjahr lässt sich auch ohne Detailkenntnisse der Geschichte erahnen, dass die Firma schon viele Höhen und Tiefen erlebt hat. Die aktuelle Energiesituation stellt den mittelständischen Betrieb jedoch vor völlig neue Herausforderungen.

Erhebliche Preissteigerungen

„Wir befinden uns gegenwärtig in einer Zwickmühle“, schildert Maxime Fischer die Situation. „Wir tun sehr viel, um so wenig wie möglich Strom und Gas zu verbrauchen, auch selbst grünen Strom zu produzieren. Aber im Moment fühlen wir uns in verschiedenen Punkten allein gelassen.“ Von Februar bis vergangene Woche ist der Gaspreis um das Dreieinhalbfache gestiegen, ergänzt Matthias Ruschke, der Marketingchef des Unternehmens. „Die hohen Temperaturen von 1.200 Grad sind der Kern der Qualität unserer Produkte“, erläutert er.

120 Meter lang ist dieser Ofen in der Zahna-Fliesen GmbH. Bei einer Temperatur von 1.200 Grad Celsius ist der Erdgasbedarf enorm.
120 Meter lang ist dieser Ofen in der Zahna-Fliesen GmbH. Bei einer Temperatur von 1.200 Grad Celsius ist der Erdgasbedarf enorm.
Foto: Kl. Adam

„Derzeit gibt es daher zum Gas keine Alternative.“ 2.000 bis 2.200 Megawatt davon werden im Monat für einen Brennofen benötigt. „Aber wir sind per Definition für Gaslieferungen nicht systemrelevant“, merkt Claire Schnebelen an. „Nach der Energiepreiserhöhung mussten wir alle unsere Kunden informieren, dass wir dies auch weitergeben müssen. Das war nicht lustig. Wir sind aber auf großes Verständnis gestoßen.“

Auch der Strompreis hat sich im Laufe des August verdoppelt - von einem ohnehin schon hohen Niveau aus. „Von 350 Euro pro Megawatt auf 700“, fügt der Kaufmännische Leiter des Unternehmens, Konrad Grimm, an. „Eine längerfristige Planbarkeit ist angesichts der zwar schwankenden, in der Tendenz aber nach oben strebenden Preiskurve nicht möglich“, schildert Maxime Fischer die Situation.

Im Manufakturbereich ist jede Fliese handgemacht. Hier füllt ein Mitarbeiter das Granulat in die Form. Das wird dann gepresst und gebrannt.
Im Manufakturbereich ist jede Fliese handgemacht. Hier füllt ein Mitarbeiter das Granulat in die Form. Das wird dann gepresst und gebrannt.
Foto: Kl. Adam

Nicht nur, dass „wir bisher keinen Anspruch auf ein Unterstützungspaket der Bundesregierung haben“ und die hohen Gaspreise tragen müssen, wie Claire Schnebelen deutlich macht, „sollen wir nun auch noch die Gasumlage zahlen“. „Wir sind ein kleines Unternehmen mit 90 Mitarbeitern und finden die Haltung Deutschlands in dieser Krise ein bisschen eigenartig“, macht die aus Frankreich stammende junge Frau deutlich.

Zwei Standbeine

Im Wesentlichen sind es zwei Standbeine, die sich das Traditionsunternehmen in Zahna geschaffen hat: Industriefliesen und Dekofliesen aus Feinsteinzeug. Beide Produkte werden noch mit einer besonderen Versiegelung namens Kerasiegel veredelt. „Die Fliesen für den industriellen Einsatz sind der langlebigste Bodenbelag, den es überhaupt gibt“, erläutert Matthias Ruschke. Sie sind besonders gefragt in der Lebensmittelindustrie, wo Hygiene ein Grundgebot ist, Werkstätten und Industriehallen. Die Manufakturfliesen sind insbesondere im Denkmalschutz gefragt. Das Unternehmen ist unter anderem in der Lage, nach einer Altvorlage Fliesen identisch zu reproduzieren.

Jede Manufakturfliese ist entsprechend gekennzeichnet.
Jede Manufakturfliese ist entsprechend gekennzeichnet.
Foto: Kl. Adam

Logischerweise lebt der Bereich der Industriefliesen von der Massenproduktion, während die Manufakturfliesen aufgrund des Aufwandes ein hochpreisiges Produkt sind. Bei den Industriefliesen ist allerdings ein Auftragsrückgang zu verzeichnen, erklärt Claire Schnebelen. Im Unternehmen gibt es daher große Anstrengungen, auch neue Felder zu erschließen. Im Export etwa.

„Seit Beginn der Energiekrise mussten wir unsre Kompetenzen ändern“, so Claire Schnebelen, „ wir arbeiten agiler und vernetzter, sparen Leerlaufenergie. Aber die wichtigste Basis sind unsere Mitarbeiter. Wir sind wie eine kleine Familie. Jeder Mitarbeiter trägt zum Erfolg unseres Unternehmens bei und wir wollen alles tun, um dieses Unternehmen der nächsten Generation zu erhalten.“