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Dorfwettbewerb in Lebien Dorfwettbewerb in Lebien: Nicht die schönste Fassade zählt

Von Andreas Richter 07.05.2015, 21:22
Zwischen Kirche und grasenden Kühen war am Mittwoch die Dorfbewertungsjury in Lebien unterwegs, um den Annaburger Stadtteil genauer unter die Lupe zu nehmen.
Zwischen Kirche und grasenden Kühen war am Mittwoch die Dorfbewertungsjury in Lebien unterwegs, um den Annaburger Stadtteil genauer unter die Lupe zu nehmen. Thomas Christel Lizenz

Lebien - Am 29. August wissen die Lebiener, ob sich alle Mühen und das kräftige Daumendrücken gelohnt haben. An diesem Tag wird verkündet, wer den Landesausscheid „Unser Dorf hat Zukunft“ gewonnen hat. Zwei Gemeinden werden den Siegertitel erhalten und das Land Sachsen-Anhalt beim Bundesausscheid vertreten. Sollte der Annaburger Stadtteil dabei sein, wäre es der erste Ort aus dem Landkreis Wittenberg, der in der Geschichte dieses Wettbewerbes ein Landesfinale gewinnen würde.

Auf großer Tour

Bis die Entscheidung fallen wird, dauert es. Noch bis Ende dieser Woche ist die Bewertungsjury in den Orten unterwegs. Am Mittwoch war das in Lebien der Fall. Und bei diesem Termin war schon das erste Mal Geduld vonnöten. Denn die Damen und Herren unter Leitung von Johannes Wesselmann (Ministerium Landwirtschaft und Umwelt) verspäteten sich fast eine Stunde. Grund: Durch zahlreiche Umleitungen dauerte die Anreise aus Dessau-Mildensee länger als geplant. Dies hatte aber immerhin den Vorteil, dass sich die am Mittag auftauchenden dunklen Wolken wieder verzogen hatten, als Annaburgs Stadtoberhaupt Klaus-Rüdiger Neubauer (parteilos) und Ortsbürgermeister Christian Peschel die Gäste aus Magdeburg begrüßten.

„Netter Versuch, sie können mich auch alles fragen, nur bekommen sie nicht auf jede Frage eine Antwort“ , reagierte ein lächelnder Wesselmann beim Versuch, ihm etwas zu entlocken. Der Jurychef ließ sich weder zu einem Vergleich der konkurrierenden Orte noch möglichen Chancen von Lebien hinreißen. „Wir schauen uns alles an und werden dann die hoffentlich richtige Entscheidung fällen.“ Nur, wie vergleicht man nun die Kandidaten? Johannes Wesselmann machte zuerst deutlich, „dass wir hier nicht anfangen, Äpfel mit Birnen zu vergleichen. Uns ist es völlig egal, wie groß die Orte sind, in welcher Region sie liegen. Nicht die schönste Fassade oder die Anzahl der Grünflächen und ob die alle bei unser Stippvisite gemäht sind, zählen“.

Bei einer ersten Gesprächsrunde im Lebiener Dorfgemeinschaftshaus war rasch herauszuhören, worum es der Jury geht. Man ist, um es vereinfacht auszudrücken, einer funktionierenden Dorfgemeinschaft auf der Spur. Wie hat sich das Leben entwickelt, gibt es ein Miteinander und wie funktioniert dieses? Wie wird ehrenamtliches Engagement in der Realität umgesetzt, welche Chancen hat das Dorf, wo sieht man Potenzial für die Zukunft?

Natürlich, dies verhehlte die Jury am Mittwoch nicht, kann ein doch nur kurzer Besuch nicht alle Fragen umfassend beantworten. Im Grunde genommen ist es mehr eine Momentaufnahme, aus der es sich eine Meinung zu bilden gilt. Aber für die Entscheidung über die Sieger sind die Stippvisiten enorm wichtig, zudem werden die von allen Orten eingereichten Bewerbungsunterlagen zu Rate gezogen. Und zu guter Letzt ist man schließlich beim Sieger des Kreiswettbewerbes zu Gast.

Erstaunte Gesichter

Neubauer und Peschel rührten am Mittwoch jedenfalls kräftig die Werbetrommel für ihren Heimatort. Und sie schafften es, schon mal für einige überraschte Gesichter zu sorgen. Beispiel: Als man die im Ort ansässigen Gewerke aufzählte, stellte nicht nur Jurymitglied Klaus Kagelmann fest: „Dass es hier beispielsweise noch einen Bäcker gibt, der wirklich die ganze Woche offen hat, ist erstaunlich.“ Neubauer verwies auch auf einen anderen, erfreulichen Umstand: „Die Zahl der Zuzüge und Rückkehrer steigt. Dies ist doch ein Beleg dafür, dass wir attraktiv sind als Lebensmittelpunkt.“ Neubauer verwies ebenso auf künftige Vorhaben. „Wir werden demnächst damit beginnen, den alten Kinderkrippen- und -gartenkomplex abzureißen und ein neues Dorfgemeinschaftshaus zu errichten.“

Zum 25. Mal auf Bundes- und das neunte Mal auf Landesebene gibt es den Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“. Dabei bestand dieser Wettkampf im gewissen Sinn sogar auch in den Regionen der ehemaligen DDR. „Schöner unsere Städte und Gemeinden - Mach mit“ , unter diesem Credo wurde im Grunde genommen die gleiche Intention verfolgt.

Entstanden ist der Dorf-Wettbewerb durch eine Initiative der Deutschen Gartenbaugesellschaft unter Leitung ihres damaligen Präsidenten Graf Lennart Bernadotte.

Der aktuelle Wettkampf zieht sich über drei Jahre. 2014/15 fanden in Sachsen-Anhalt die Ausscheide auf Landkreisebene statt. Die Resonanz dabei war sehr unterschiedlich. Gingen in manchen Regionen nur zwei oder drei Dörfer pro Landkreis an den Start, waren es woanders gleich 30 (Burgenlandkreis). Insgesamt stellten sich 109 Dörfer dem Votum.

16 von ihnen haben den Sprung in den Landeswettkampf geschafft. Sie alle werden derzeit von einer Jury bereist, die sich vor Ort ein Bild von den Gegebenheiten machen will. Dies passiert bis Ende der laufenden Woche. Am 29. August wird dann offiziell in Diesdorf (Altmarkkreis Salzwedel) bekanntgegeben, welche beiden Orte das Rennen gemacht haben.

Diese beiden Siegerdörfer vertreten Sachsen-Anhalt anschließend beim Bundeswettkampf. Bis feststeht, ob man auch dabei zu den Gewinnern gehört, vergeht allerdings nochmals rund ein Jahr. Denn die Bundespreisträger werden erst im Sommer 2016 ermittelt. Zuvor, im Frühjahr, werden alle Gemeinden erneut von einer Jury unter die Lupe genommen. Die offizielle Kürung des Bundessiegers erfolgt sogar erst im Januar 2017. Dies passiert auf der „Grünen Woche“ in Berlin.

m Landkreis Wittenberg hatte neben Lebien noch Griesen (Oranienbaum-Wörlitz) am Kreiswettbewerb teilgenommen. In den Vorjahren ist die Teilnehmerzahl aus dem Landkreis am Zukunfts-Wettbewerb gesunken. Übrigens, 1995 stellten sich 33 Orte beim Kreisausscheid dem Votum, die bisher höchste Teilnehmerzahl. (ar)

Beim obligatorischen Rundgang durch Lebien wurden dann markante Punkte des Ortes angesteuert. Ob die Ortsmitte mit Kirche und Gaststätte, Teich, Sportplatz mit Schießstand oder Mühle, zu präsentieren gab es viel. Die Gäste stellten Fragen, die Gastgeber antworteten, die Sonne strahlte. Was alles wert war, zeigt die Zukunft. Schließlich geht es ja um das „Dorf mit Zukunft“.

Der Wittenberger Landkreissieger „Unser Dorf hat Zukunft“ möchte nun auch beim Landesfinale punkten. Neben anderen ging es auf das Sportplatzgelände mit angrenzendem Schießstand, zuvor wurde das Areal am Badeteich besucht.
Der Wittenberger Landkreissieger „Unser Dorf hat Zukunft“ möchte nun auch beim Landesfinale punkten. Neben anderen ging es auf das Sportplatzgelände mit angrenzendem Schießstand, zuvor wurde das Areal am Badeteich besucht.
Thomas Christel Lizenz
Rundgang in Lebien
Rundgang in Lebien
Thomas Christel Lizenz