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Ausstellung in Kremitz Ausstellung in Kremitz: Eberhard Ziegler malte gegen die Konventionen

Von Klaus Adam 02.11.2014, 20:15
Während Eberhard Ziegler die geheimnisvolle blaue Mappe in der Hand hält, schaut ihm sogar Luther über die Schulter.
Während Eberhard Ziegler die geheimnisvolle blaue Mappe in der Hand hält, schaut ihm sogar Luther über die Schulter. Adam Lizenz

Kremitz - Es sind die versteckten Botschaften und Anspielungen, die seine Bilder ausmachen. Und in denen er, wie er heute rückblickend sagt, nicht selten Courage zeigte, ohne dass die ideologisch gestählten Funktionäre zu DDR-Zeiten überhaupt mitbekamen, wie er sich ein gutes Stück über sie lustig machte. Die Zeit des 25. Jahrestages der Wende ist für den seit einiger Zeit in Kremitz lebenden Maler Eberhard Ziegler so ein Anlass, sich dessen erneut zu besinnen. Vor allem auch, weil ihm seinerzeit Ausstellungen verwehrt wurden, für die er zunächst sogar vorgeschlagen wurde - die DDR-Nationalausstellung beispielsweise, wie er sich erinnert. Dass man ihm, der damals im IFA-Werk Ludwigsfelde beschäftigt war, nicht wirklich über den Weg traute, beweist ihm „die geheimnisvolle blaue Mappe“, die er „mitgehen“ ließ, und die Einschätzungen seiner Persönlichkeit durch damalige Parteifunktionäre des Werkes enthielt. Für ihn war es nur folgerichtig, dass er dies in einem seiner Bilder darstellt, das er folglich auch „Die geheimnisvolle blaue Mappe“ nannte.

Friedensaktion

Dass er darauf im vollen Ornat seiner Schützenuniform dasitzt, hat wiederum mit einer großen Leidenschaft zu tun - er schießt ziemlich treffsicher. Was dem gebürtigen Brandenburger sogar einmal Weltmeisterehren einbrachte. Was wiederum an seiner Friedensliebe überhaupt nichts ändert. Im Gegenteil, ein anderes Bild von ihm, „Wahret den Frieden“ hat er, wie er berichtet, am 1. September vor dem Lutherdenkmal in Wittenberg öffentlich umgetauft in „Rettet und wahret den Frieden“. Eine Aktion, mit der er auf den Beginn des Zweiten Weltkrieges vor 75 Jahren aufmerksam machen wollte. Und auf die zahlreichen Unruheherde, die es nach wie vor auf der Welt gibt. Das bereits aus den 80er Jahren stammende Bild hat, wie Ziegler an zahlreichen schriftlichen Reaktionen belegt, die er alle sammelt, große Anerkennung gefunden. Parteiverräterisch nannte ihn in den 80ern ein SED-Funktionär. Der bescheinigte ihm in oben erwähnter Einschätzung, „ein Individualist“ zu sein, der „sich schlecht im Kollektiv anschließen“ könne. Er habe sich, so der Funktionär weiter, „vollkommen zurückgezogen“, weil er nur seine Ansichten für richtig hielte. Ihn, Ziegler, „politisch weiter zu qualifizieren“, so lautete eine der Folgerungen des Funktionärs - etwa durch Besuch einer Parteischule. Dass Eberhard Ziegler, dessen Bilder schon damals von Experten hoch gepriesen waren, erst einmal für die Partei geworben werden musste, war die andere Seite. Und um die rankt sich auch der Untertitel des Werkes von der blauen Mappe, „Der Köpenickstreich“. Denn auf ein anderes „rotes Buch“ als das, was sich seine vermeintlichen Gönner vorstellten, schwor er alsbald. Er ließ sich in einer evangelischen Kirche in Berlin Köpenick taufen. Das für ihn bereits vorbereitete Parteibuch schlug er vor „unter Verschluss, auf Eis legen. Ihr erspart euch viel Arbeit.“

Zwei Menschen seiner eigenen Verwandtschaft geben dem Maler und in gewisser Weise auch Lebenskünstler Eberhard Ziegler Kraft, wie er erzählt. In ihren Lebensläufen spiegelt sich die gleiche Unkonformität, die ihm wichtig ist. Sie haben sich zu ihrer Zeit gegen Konventionen aufgelehnt, wie es Ziegler heute auch für sich in Anspruch nimmt und dies als Beispiel gerne weitergeben möchte. Diese beiden hat er natürlich auch porträtiert. Es handelt sich dabei um seinen Großvater Wilhelm Ziegler und seine Großmutter Emma-Marie.

Sie beide lebten in Bromberg, heute Polen. Zwischen dem Kunstschreiner und der adeligen Dame, sie war eine von Czernowski, hatte es sofort „gefunkt“, als sie sich kennenlernten. Durch einen reinen Zufall übrigens. Und obwohl bereits zwei potentielle Heiratskandidaten für sie auserkoren waren, das „blaue Blut“ zu erhalten, entschied sie sich für Zieglers Großvater. Und gab damit Titel und Erbe auf. Das war eine Entscheidung, die Eberhard Ziegler großen Respekt abringt, zumal so etwas in ihrer Zeit ganz und gar nicht einfach gewesen war. Davon ist er heute noch hoch beeindruckt.

Luther schaut über die Schulter

Nicht von ungefähr schaut ihm also Luther, vor der Wittenberger Schlosskirche stehend, über die Schulter. Doch das ist nur eine Nuance der Zieglerschen Bildsprache. Auch dieses Werk muss man sich genau ansehen, um noch viele weitere Elemente zu entdecken, die in seinem Leben wichtig sind. (mz)

Zieglers Großmutter Emma-Marie.
Zieglers Großmutter Emma-Marie.
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Zieglers Großvater Wilhelm Ziegler.
Zieglers Großvater Wilhelm Ziegler.
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