1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Hettstedt
  6. >
  7. Kornflaschen in Friedeburgerhütte: Kornflaschen in Friedeburgerhütte: "Der monumentale Effekt darf nicht verloren gehen"

Kornflaschen in Friedeburgerhütte Kornflaschen in Friedeburgerhütte: "Der monumentale Effekt darf nicht verloren gehen"

Von Detlef Haeckert 07.10.2014, 17:43
Herbert Lange (2.v.r.) erklärt das Bauvorhaben.
Herbert Lange (2.v.r.) erklärt das Bauvorhaben. Reiber Lizenz

Hettstedt - An den Anfang möchte ich einen Satz aus dem Buch „75 Jahre Mansfelder Pflastersteine 1863-1938“ über die Verwendung von Wickelschlacken, bezogen auf die Kornflaschen, stellen. Er lautet: „Sie haben sich hier wie dort trefflich gehalten und machen durchaus den Eindruck, als ob sie noch manches Jahrhundert überdauern können, vorausgesetzt, daß kein menschlicher Eingriff erfolgt.“ In diesen Kornflaschen haben wir als Kinder gespielt und uns bei Regen untergestellt. Ich habe dort das Skatspielen erlernt und bei einem Sängertreffen Anfang der 50er Jahre wurde die Kornflasche als Tonhalle für die Chöre benutzt.

Auslöser für den Einsturz war nach meiner Auffassung nicht das Eindringen von Magnesiumsulfat durch Rückstand von Düngemitteln aus der Landwirtschaft. Eine Landwirtschaft wurde auf dem Grundstück über den Kornflaschen überhaupt nicht betrieben. Es befand sich in Privatbesitz und wurde für den Eigenbedarf bewirtschaftet. Ich kann mir nicht vorstellen, sollte überhaupt Dünger verwendet worden sein, dass er so tief in den Lehm eingedrungen ist. Über dem Lehm war noch eine ca. 40 Zentimeter dicke Schicht aus Muttererde.

Nach der Wende wurde das Schlackenmauerwerk oberhalb der Kornflasche zum Teil freigelegt, verputzt und nicht wiederabgedeckt. Dadurch konnte das Regenwasser von oben und seitlich an dem Schlackenmauerwerk ablaufen und ins Mauerwerk eindringen. Durch diese Nässe kam es zur Beschädigung der Fugen.

Die Kornflaschen sind unterirdische flaschenförmige Silos, in denen für die damaligen Bergarbeiter Getreide gelagert wurde. Sie sind zwischen 1830 und 1848 erbaut worden. Bei einer Höhe von etwa neun Metern beträgt der Durchmesser rund 4,50 Meter. Erhalten waren noch Reste von zwei Kornflaschen. Ursprünglich sollen sich dort 13 dieser Getreidesilos befunden haben, die beim Lehmabbau entdeckt worden sind.

Wenn auch ein schnelles Handeln notwendig war, hätte mindestens ein mit der Denkmalschutzbehörde abgesprochener Bauablauf vorhanden sein müssen. Man kann nicht ein einzigartiges Baudenkmal einfach ringsum freilegen und dann verfugen. Durch das Freilegen wurde der seitliche Halt entfernt. Das käme der Entfernung des Reifens an einem Holzfass mit demselben Effekt gleich. Der Einsturz der Kornflasche war somit programmiert.

Die Herstellung der Kornflasche wie vor dem Einsturz halte ich für notwendig. Die vollkommene Verschließung der Kornflasche, wie es der Ortsbürgermeister Matthews vorgeschlagen hat, in die man nur durch eine Gittertür in das Innere gelangen kann, finde ich nicht sinnvoll. Es handelt sich um ein offenes Denkmal und nicht um einen Stollen. Der monumentale Effekt würde verloren gehen.

Veröffentliche Lesermeinungen müssen nicht mit der Meinung der Reaktion übereinstimmen. Die Redaktion behält sich das Kürzen von Leserbriefen vor. (mz)

Freigelegte Kornflasche: Ein Bild aus dem Buch „75 Jahre Mansfelder Pflastersteine 1863-1938“.
Freigelegte Kornflasche: Ein Bild aus dem Buch „75 Jahre Mansfelder Pflastersteine 1863-1938“.
Privat Lizenz