Ausbildung und Wohnen unter einem Dach Kolpingwerk in Hettstedt eröffnet sonderpädagogische Berufsschule
Im Kolpingwerk Hettstedt wird eine sonderpädagogische Berufsschule eröffnet. Was das von anderen Berufsschulen unterscheidet.

Hettstedt/MZ - Im Kolping-Berufsbildungswerk Hettstedt eröffnet im August eine Berufsbildende Schule in freier Trägerschaft. „Die Genehmigung unserer Berufsschule ist ein wesentlicher Meilenstein auf dem Weg zu einer erfolgreichen Ausbildung und besseren Integration auf dem Arbeitsmarkt“, sagt Markus Feußner, Leiter des Hettstedter Kolpingwerks.
Neu ist, dass es sich um eine sonderpädagogische Berufsschule handelt, die die Bedürfnisse der Schüler mit Förderbedarf ganzheitlich abdecke. Wohnen, Lernen und Arbeiten werden unter einem Dach gebündelt, und für die Schüler ist ein „multiprofessionelles Team vor Ort“, sagt Feußner. Das heißt, Lehrer, Ausbilder, Betreuer, Ärzte, Schwestern und Psychologen stehen in direktem Kontakt und können auf kurzem Weg Probleme klären.
Probleme und Sorgen bei bisheriger Beschulung
Der Bedarf für eine solche Betreuung sei groß, da es in Sachsen-Anhalt keine sonderpädagogischen Berufsschulen gebe und Schüler mit Förderbedarf die regulären Berufsschulen besuchen, erklärt Feußner. Das Lern- und Unterrichtspensum sei aber eben für jene Schüler oft nicht zu schaffen, ergänzt Andreas Rosenkranz, Ausbildungsleiter bei Kolping. „Das geht so weit, dass sie ihre Ausbildung abbrechen, weil sie in der Schule nicht mitkommen“, sagt er. Ein weiterer Nachteil seien die weiten Fahrwege zu den Berufsschulstandorten nach Sangerhausen, Dessau oder Halle. „Viele kommen da einfach nicht an“, so Rosenkranz.
Mit der Berufsschule im Kolpingwerk soll sich das ändern. Das Schulgebäude existiert bereits seit Gründung des Berufsbildungswerks 1991. Allerdings wurde das Objekt damals schon vom Landkreis als weiterführende Berufsschule genutzt. Mit der Einrichtung der Berufsschulzentren in Sangerhausen und Eisleben und der demografischen Entwicklung sanken die Schülerzahlen in Hettstedt, so dass in den vergangenen Jahren nur noch die Gartenbauausbildung vor Ort beschult wurde.
2018 startete man deshalb die Planung für die eigene Berufsschule in freier Trägerschaft. Dafür wurden eine umfangreiche Konzeption erarbeitet und „unwahrscheinliche viele Anträge gestellt“, sagt Barbara Klink, die das Berufsschulprojekt leitet. Und erklärt weiter: „Wir mussten außerdem ein Unterrichtsjahr in der Theorie komplett durchplanen, um zu zeigen, wie es aussieht und wie es ablaufen wird.“
Im Mai diesen Jahres erteilte das Landesschulamt dann die Genehmigung für die neue sonderpädagogische Berufsschule. „Wir starten im August mit dem ersten Lehrjahr der Maler und Lackierer und einer Klasse mit zehn Schülern“, sagt Klink.

Perspektivisch sollen in den kommenden Jahren weitere Klassen und auch die Berufsfelder Gartenbau und Holzverarbeitung hinzukommen. Dabei handle es sich bei den Ausbildungen um sogenannte Fachpraktika. Im Vergleich zu den Vollberufen, die eine Standardlehre mit Gesellenabschluss darstellen, sind Fachpraktika eine reduzierte Sonderform. „Der Fokus liegt da eher auf der praktischen Ausbildung“, erklärt Rosenkranz.
Nähe von Theorie und Praxis vereinen
Dafür stehen im Kolpingwerk in unmittelbarer Nähe zu den Unterrichtsräumen auch Ausbildungswerkstätten für die jeweiligen Berufe zur Verfügung, was die Verzahnung von theoretischem und praktischem Lernort fördere. Das Berufsschulgebäude selbst beherbergt auf knapp 1.000 Quadratmetern 30 Unterrichts- und Büroräume, die unter anderem mit digitalen Tafeln und Tablets ausgestattet sind. Zum Start werden fünf Lehrer vor Ort sein. Auch hier soll perspektivisch die Anzahl - mit zunehmender Schülerzahl - wachsen. Pro Klasse sollen künftig aber nicht mehr als 15 Schüler unterrichtet werden, um so die sonderpädagogische Beschulung im kleinen Verband aufrecht zu erhalten.

Einen Nachteil habe die Berufsschule in freier Trägerschaft aber doch, sagt Feußner. Die Finanzierung. Denn hierfür werde kein Schulgeld veranschlagt, da es sich um eine Maßnahme der Arbeitsagentur handle. Die Beschulung müsse demnach von der Einrichtung finanziert werden, erklärt der Kolpingwerk-Chef, der sich dahingehend „mehr Unterstützung vom Land“ wünsche.