Flugobjekt über dem Wippertal Flugobjekt über dem Wippertal: Ufo über der Rammelburg?
Friesdorf - Diesen Anblick wird Sebastian Marks aus Biesenrode nicht so schnell vergessen: Er war am Freitag gegen 21.45 Uhr in einer klaren Nacht von seiner Mittagsschicht unterwegs nach Hause, als er auf der Klausstraße B 242 etwas Merkwürdiges entdeckte. Über dem „Rammelburgblick“ sah er ein helles Scheinwerferlicht. Als er langsam näher fuhr, hat er nach seinen Schilderungen außerdem zwei Positionsleuchten bemerkt. Eine rote blinkte etwas weiter oben am Flugkörper und eine blaue Lampe am „Bauch“ dieses Flugobjekts, das auch Experten Rätsel aufgibt.
Die Gebrüder Horten entwickelten Flugzeuge nach dem Nurflügelkonzept. Der erste Prototyp war noch ein unmotorisiertes Segelflugzeug, das am 1. März 1944 erstmals geflogen wurde. Der zweite Prototyp sollte mit Strahltriebwerken ausgerüstet werden, doch es gab Probleme mit der Konstruktion. Im Februar 1945 endete ein Testflug tödlich für den Piloten. Mit Nurflügelflugzeugen wurde später auch in England und in den USA, vor allem bei Northrop, experimentiert. Von ihrer Form her glichen die ersten Tarnkappenflugzeuge den Horten-Holzmodellen. Sie wurden jedoch weiterentwickelt und mit anderen Materialien beschichtet, um das Radar abzuweisen. Das derzeit modernste Modell ist der B-2 Spirit Stealth Bomber der US Air Force. Auch Russland, China und Schweden sind dabei, hochmoderne Tarnkappen-Flugzeuge zu entwickeln.
Riesiger Schatten am Himmel
Er habe keine Ahnung was „Es“ gewesen sei, jedoch schien dieses Ding nahezu in der Luft zu stehen, schrieb er gestern an die MZ. Als er kurz nach 23 Uhr zu Hause ankam und nochmals in den Himmel schaute, habe er einen riesigen „Schatten“ am Firmament entlangschweben sehen. „Gefühlte Hundert Meter über mir bewegte sich dieses Etwas mit der Geschwindigkeit eines Luftschiffes und einem kaum hörbaren Zug“, so Marks. Was ihn besonders erschreckte: Nach seiner Beobachtung hatte diese Art Drohne eine nach vorn spitz zulaufende Form, die ihn an die alte Horton Ho IX erinnerte. Also jenes Tarnkappenflugzeug, das gegen Ende des Zweiten Weltkrieges zu Hitlers Wunderwaffen-Arsenal gehörte. Dieses Jagdflugzeug, das aber nicht über das Stadium von Prototypen hinausgekommen ist, basierte auf der Konstruktion eines Segelfliegers, der mit Düsentriebwerken ausgerüstet war.
Das Flugobjekt, das im Vorjahr auch über dem Laweketal im Saalekreis gesichtet wurde, ähnelt einem Mauersegler, einer seltenen Schwalbenart, die dank ihrer angelegten Flügel lange und lautlos gleiten kann. Sebastian Marks setzte sich noch am selben Abend gleich an seinen Computer, um „dieses Ding zu googeln“, wie er schreibt. Jedoch ohne Erfolg. „Wie ich feststellen musste, glich kein Modell jenen der in unserer Luftwaffe verwendeten unbemannten Flugobjekte“, so der Biesenröder. Er konnte in jener Nacht schlecht schlafen. Und seither macht er sich Gedanken und hofft, dass jemand der Sache auf den Grund gehen kann. Doch das ist schwieriger als vermutet. Bei der Bundeswehr erntet die MZ auf Nachfrage nur Kopfschütteln. Von solchen Flugobjekten sei ihm nichts bekannt, sagt ein Leutnant in der Bürgerservice-Zentrale in Köln. An jenem Tag seien in dem Gebiet auch keine Übungsflüge gewesen. Außerdem würde man bei den Flugzeugen der Bundeswehr keine blauen Positionslichter verwenden, sondern nur die Farben weiß, grün und rot, so der Offizier der Luftwaffe. Das treffe auch auf die Nato-Partner zu. Er könne sich nur vorstellen, dass es sich um eine spezielle Drohne handelt. „Alles andere wäre zu laut“, sagte er.
Freigabe für Flughafen nötig
Auch das zuständige Personal vom Flughafen Halle/Leipzig winkt gleich ab. Mit solchen Flugobjekten habe man nichts zu tun, hieß es auf Anfrage. Sie würden auf dem Airport weder starten noch landen, ließ ein Mitarbeiter der Flughafengesellschaft wissen. Bei der Deutschen Flugsicherung GmbH, die in Langen bei Frankfurt/Main sitzt, vermutet man, dass es eine Art Delta-Flieger gewesen sein könnte. Sie werden wegen ihrer Motorbestückung auch „Fliegende Rasenmäher“ genannt. Nach den Angaben von Pressesprecher Axel Raab dürfen sich solche Flugobjekte nicht höher als 100 Meter in die Luft erheben. Und wenn sie in den Umkreis von 1,5 Kilometern um einen Flughafen gestartet werden, müssen sie um eine Freigabe ersuchen. Doch das spielte am Freitag keine Rolle.
Keine Anfrage zu Nachtflügen
Bei der Beobachtung am Wippertal hätte also jeder ohne eine Genehmigung eine Drohne oder ein anderes Flugobjekt aufsteigen lassen können. Es sei denn, das Objekt ist schwerer als 25 Kilo und die Flüge sind nachts. „Dann braucht man dafür eine Zulassung von der zuständigen Luftfahrtbehörde“, so Michael Thoma vom Deutschen Aero-Club mit Sitz in Braunschweig. In unserer Region ist dies das Landesverwaltungsamt in Halle. Doch auch dort Fehlanzeige. Am Freitag habe es keine Anfragen zu Nachtflügen an der B 242 gegeben, teilte eine Pressesprecherin mit. Der Experte vom Aero-Club glaubt nicht, dass es sich bei dem beobachteten Objekt an der Klausstraße um ein Modellflugzeug gehandelt hat. Es sei schwierig, sie nachts zu steuern. Möglicherweise kam ein computergesteuerter Multicopter zum Einsatz, so der Experte. Solche Drohnen würden oft mit einer Kamera bestückt und sollen auch Pipelines überprüfen. Nun die gibt es dort nicht, nur die „Wipperliese“, doch die fährt erst wieder ab Ostern. Es könne auch eine Art Marschflugkörper gewesen sein, so der Club-Mitarbeiter.
Doch ohne ein genaues Foto oder eine Abbildung des Flugobjektes bleibt die Erscheinung über dem Wippertal rätselhaft. Selbst ein Ufo kann da nicht völlig ausgeschlossen werden, würden wohl die FBI-Agenten Dana Sculli und Fox Mulder sagen, ehe sie den mysteriösen Fall zu den X-Akten legen würden. (mz)