Wohnungsgenossenschaft «Frohe Zukunft» Wohnungsgenossenschaft «Frohe Zukunft»: Mieter aus dem Lärm gelockt
Halle/MZ. - Wütende Bewohner, frustrierte Handwerker und ratlose Vermieter - bei Komplettsanierungen in Plattenbauten kein ungewöhnlicher Zustand. Dass es auch anders geht - diesen Beweis liefert zurzeit die Wohnungsgenossenschaft (WG) "Frohe Zukunft" in der Rigaer Straße 7 / 8 (Südstadt).
Um den Mietern des Elfgeschossers vor allem den Höllen-Lärm beim Ausschneiden von Balkontüren - die Blocks bekommen neben neuen Versorgungsleitungen auch neue Balkons - erträglicher zu machen, bietet die Genossenschaft ihnen an, zwei Wochen lang stundenweise das Haus zu verlassen. Im kostenlosen Angebot sind neben Dampferfahrten auch Besichtigungstouren, Kaffeetrinken, Grillfeste oder Maya-Mare-Besuche, Verpflegung inklusive. Am Donnerstag gibt es Essen aus der Gulaschkanone, nächsten Donnerstag steigt eine Tupperware-Party.
Und die Rechnung geht auf. Kein Genossenschafts-Mitglied hat sich bislang über Staub, Schmutz und Lärm beschwert oder ist gar ausgezogen. Im Gegenteil. Die Mieter finden die Idee, die wohl einmalig in Halle sein dürfte, prima und sind milde gestimmt. Sieglinde und Kurt Haffner jedenfalls nutzen die Angebote gern. "Sogar die Fahrkarten für die Straßenbahn gibt es gratis", erzählt das Paar aus der Nummer 8. Das sei doch großzügig.
Auch Brigitte Brendel, die von Anfang an, seit 1977, in dem Haus wohnt, findet selbst nach längerem Nachdenken nichts Kritikwürdiges, obwohl es viel Staub und Schmutz gegeben habe. "Aber ohne Belästigungen geht so ein Umbau nun mal nicht", sagt sie verständnisvoll. Und wer Fragen und Wünsche habe, finde immer einen Ansprechpartner bei der WG.
Betreut werden die Mieter von Alexandra Schlagowski. Sie erzählt, dass ältere Bewohner in Gäste-Wohnungen umziehen oder Kurzzeitpflege in Anspruch nehmen konnten, natürlich kostenlos. "Und einer hochbetagten Bewohnerin hat der Hausmeister nicht nur beim Möbelrücken geholfen, sondern gleich noch die Wohnung geputzt", sagt Frau Brendel anerkennend.
Frank Sydow hört solcher Art Lob gerne. Der Technische Vorstand der WG macht keinen Hehl daraus, dass "wir großen Bammel vor dieser Sanierung hatten, bei der der Lärm gewaltig ist". Um die Mieter nicht in Scharen zu verlieren, sei die Idee entstanden, sie mit den kostenfreien Angeboten zum zeitweiligen Verlassen des Hauses zu bewegen. Rund 5 000 Euro hat das Unternehmen dafür ausgegeben.
Auch die Konkurrenz, so Sydow, habe ihn schon angesprochen. Schließlich setze solch eine Mieterbetreuung Maßstäbe. Wenn alles fertig ist, also auch neue Parkplätze und Standorte für Müllcontainer gebaut sind, werde ein Mieterfest gefeiert, kündigte er an.